DAX weiter erholt: Der Mut kehrt zurück

22 Mär 2023
Fed Zinsentscheid

Marktbericht

Stand: 22.03.2023 16:11 Uhr

Die Aktienmärkte setzen offensichtlich großes Vertrauen in das Krisenmanagement der US-Notenbank. Stunden vor dem Zinsentscheid der Federal Reserve überwiegen klar die Pluszeichen.

Zinsentscheide der mächtigsten Notenbank der Welt sind eigentlich immer spannend, aber der heutige Termin birgt eine besondere Brisanz. Legt die US-Zentralbank Federal Reserve (Fed) tatsächlich eine Zinspause ein, nachdem das bereits erreichte Zinsniveau die jüngsten Turbulenzen im amerikanischen Bankensektor ausgelöst hatte? Oder kommt es zu dem von den meisten erwarteten kleinen Zinsschritt von 0,25 Prozentpunkten?

Ersteres könnte den Märkten weniger gut gefallen als Außenstehende denken mögen. Schließlich wäre eine Zinspause das Eingeständnis der Fed, dass sich die Finanzmärkte in einer ernsten Krise befinden. Um 19 Uhr deutscher Zeit wissen die Märkte mehr.

Im Vorfeld ist die Stimmung in Anbetracht der jüngsten Verwerfungen recht gut. Mit einem moderaten Plus knüpft der DAX an die gestrige Aufholjagd nach den herben Verlusten der vorherigen Handelstage an.

"Die Frage in Frankfurt wird sein, ob der Deutsche Aktienindex nach dem Zinsentscheid genug Aufwind hat, die Marke von 15.300 Punkten zu überwinden", meint Marktexperte Jürgen Molnar von RoboMarkets. Dann könne der Markt einen weiteren Anlauf auf das Jahreshoch nehmen.

Wall Street verhalten positiv

Auch an den US-Märkten dominieren nach eineinhalb Stunden die Pluszeichen. Allerdings wollen sich die Marktteilnehmer an der Wall Street vor dem Fed-Entscheid nicht so weit aus dem Fenster lehnen. Während die Technologietitel etwas stärker zulegen, notiert der Standardwerteindex Dow Jones nur knapp über seinem Vortagesschluss.

EZB vor weiteren Zinsschritten

Die Europäische Zentralbank (EZB) ist derweil laut Bundesbankpräsident Joachim Nagel noch nicht am Ende ihres Zinserhöhungskurses angelangt. Es liege noch ein Stück Weg vor der Notenbank, sagte Nagel der "Financial Times". Nagel unterstrich, dass die EZB Rufen nach baldigen Zinssenkungen widerstehen müsse, wenn der Zinsgipfel erst einmal erreicht sei. Ansonsten drohe die hohe Teuerung wieder aufzuflammen. Die EZB hatte ihren Leitzins in der vergangenen Woche erneut deutlich um 0,5 Prozentpunkte angehoben.

Devisenmarkt spekuliert auf kleineren Zinsabstand

Der Euro kommt gegenüber dem Dollar ebenfalls weiter voran. Auch Devisenhändler halten offenbar einen tendenziell kleineren Zinsabstand zwischen Euro- und Dollarraum für wahrscheinlich. Das würde der europäischen Gemeinschaftswährung weiteren Auftrieb geben.

Deutschland schrammt an Rezession vorbei

Die deutsche Wirtschaft hat die befürchtete Rezession nach Ansicht der "Wirtschaftsweisen" gerade noch abgewendet. Besonders wegen der stabileren Energieversorgung habe sich der Ausblick leicht aufgehellt, teilte das Gremium heute in seiner aktualisierten Konjunkturprognose mit. Insgesamt bleibe die Lage aber angespannt. Im laufenden Jahr dürfte das Bruttoinlandsprodukt nach Ansicht der "Wirtschaftsweisen" um 0,2 Prozent wachsen. Zuvor waren sie davon ausgegangen, dass es um denselben Wert schrumpfen wird. Für das kommende Jahr rechnen sie mit einem Wachstum von 1,3 Prozent.

Immobilienwerte außer Mode

Aktien aus dem Immobiliensektor verlieren europaweit. Der Sektorindex Stoxx Europe 600 Real Estate knüpft mit einem Abschlag von 2,3 Prozent an seine Vortagsschwäche an und markiert ein Tief seit Oktober 2022. Besonders stark ist der Kursdruck beim DAX-Konzern Vonovia, dessen Aktie über vier Prozent verliert. Sie reagiert auch auf einen negativen Analystenkommentar der US-Bank Morgan Stanley. Analyst Bart Gysens äußerte sich heute generell vorsichtig zu kontinentaleuropäischen Werten wegen begrenzter erzielbarer Renditen, gefährdeter Mieteinnahmen und häufig zu hoher Schulden. Damit steige die Gefahr, dass Kapitalerhöhungen notwendig würden.

Adidas und Puma springen nicht auf Nike-Zahlen an

Nike hat dank starker Verkäufe im dritten Quartal die Umsatzerwartungen der Experten übertroffen. Gestern nach US-Börsenschluss hatte der Sportartikelkonzern einen um 27 Prozent höheren Umsatz in seinem größten Markt Nordamerika sowie ein Plus von 17 Prozent im Segment Europa, Nahost und Afrika bekannt gegeben. Der Gesamtumsatz von knapp 12,4 Milliarden Dollar übertraf die Erwartungen. Der Nettogewinn lag mit 1,2 Milliarden Dollar allerdings elf Prozent unter dem Wert vom Vorjahreszeitraum. Adidas im DAX und Puma im MDAX notieren leicht im Minus.

Kion weiter erholt

Dank einer Kaufempfehlung durch die Deutsche Bank hat sich die Erholung der Papiere von Kion heute noch fortgesetzt. Analyst Gael de-Bray wies die Anleger nach dem Kursrutsch der vergangenen Tage auf die historisch niedrige Bewertung der Kion-Papiere hin. Bilanzsorgen hält der Experte für übertrieben. Der Auftragsbestand im Bereich Industrial Trucks & Services (IT&S) sei so hoch, dass er selbst bei einem Nachfragerückgang um ein Drittel im laufenden Jahr in 2024 noch Umsatzwachstum beschere.

Tencent mit ersten Umsatzrückgang

Der weltgrößte Videospiele-Anbieter Tencent musste erstmals in der Firmengeschichte ein Umsatzminus ausweisen. Das Unternehmen hat die Wirtschaftsflaute im Heimatland China und behördliche Einschränkungen für sein Gaming-Geschäft zu spüren bekommen. Der Betreiber der Messaging-Plattform WeChat verbuchte 2022 einen Umsatzrückgang um ein Prozent auf 554,55 Milliarden Yuan (74,6 Milliarden Euro). Der Gewinn sank um 16 Prozent auf 188,24 Milliarden Yuan.

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