Zinsentscheid der Fed: Die Schokoladenseite der Geldpolitik

Die Fed denkt erstmals wieder an Leitzinssenkungen, sagt Jerome Powell, Notenbankchef der USA. Bild: AP

Noch scheut sich Jerome Powell den Sieg im Kampf gegen die Inflation auszurufen. Doch offensichtlich sieht der Chef der Federal Reserve die Geldpolitik in eine neue Phase treten, die Phase der Tauben.

Im März 2022 hatte die amerikanische Zentralbank begonnen, die Leitzinsen in atemberaubenden Tempo nach oben zu jagen. Die Geschwindigkeit erklärte sich auch damit, dass die Fed einen Hauch zu spät auf die Idee gekommen war, dass die Geldpolitik zu straffen sei. Wer zu spät kommt, hechelt eine Weile, ist eine der Lehren der Geldpolitik.

Seit einigen Sitzungen einschließlich der jüngsten pausiert die Fed allerdings: Die Leitzinsen blieben seit dem Spätsommer unverändert, der im Zuge der Geldpolitik der quantitativen Lockerung aufgebaute Anleihestock wurde allerdings weiter reduziert.

Zielmarke kommt in Sichtweise

Jetzt aber denkt die Fed erstmals wieder an Leitzinssenkungen, wie Powell nach der jüngsten Fed-Sitzung sagte. Das ist für Zentralbanker immer die Schokoladenseite der Geldpolitik, weil sie damit die Wirtschaft entlasten, statt sie abzukühlen, in dem sie Kredite für Unternehmen und Privatleute verteuern.

Wenige hatten gedacht, dass die erfolgreiche Inflationsbekämpfung gelingen kann, ohne die amerikanische Wirtschaft in eine Rezession zu stürzen. Powell selbst allerdings hatte immer an die Möglichkeit geglaubt. Nun könnte er recht bekommen. Viele Zeichen deuten darauf hin, dass sich die Teuerung normalisiert, wenn auch die Zielmarke von 2 Prozent Inflation noch nicht erreicht ist. Doch sie scheint zum ersten Mal in Sichtweise zu kommen.

Unsicherheiten bleiben bestehen

Noch sind nicht alle Gefahren gebannt. Die vergleichsweise hohen Lohnsteigerungen passen nicht so richtig zu einer Inflationsrate von zwei Prozent. Zudem kann immer etwas passieren, was die Inflation beflügelt. Powell weiß das. Er hat überdies studiert, wie seine Vorgänger die Teuerung zu zähmen trachteten. Eine Lehre daraus war, dass die verfrühte Ausrufung eines Sieges über Inflation die Wirtschaft und die Fed teurer zu stehen kommt als eine leicht verspätete Einsicht. Die Risiken sind asymmetrisch, wie Powell in der Vergangenheit häufiger klar gemacht hat. Das ist die richtige Sichtweise in der Geldpolitik, die immer noch in einem von Unsicherheiten triefenden Umfeld operiert.

Abgesehen davon aber darf Powell auch ein bisschen stolz auf die erfolgreiche Geldpolitik der letzten Monate sein.

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