Nike liefert DFB-Trikot statt Adidas: Kein Grund zur Aufregung

Erst vor zwei Wochen stellte Adidas das neue DFB-Trikot für die Heim-EM vor. Jetzt killt Nike den PR-Coup

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© Revierfoto / IMAGO

Die Kritik am DFB-Ausrüsterdeal mit Nike ist unbegründet, weil er alternativlos ist. Für Adidas ist das hingegen ein weiterer Warnschuss 

Wussten Sie, dass es weltweit nur ein Sportereignis gibt, das annähernd so groß ist wie eine Fußball-Weltmeisterschaft? Es sind die Olympischen Spiele. Bis zu 4 Mrd. Menschen schauen das Event, das auch in Deutschland durchschnittlich 15 Prozent TV-Marktanteil hat. 

Wie das jetzt mit dem Ende der Partnerschaft zwischen Adidas und dem Deutschen Fußball-Bund zusammenpasst? Ganz einfach: Auf dem Trikot der Deutschen Leichtathtletik-Olympioniken ragt seit 2005 das Logo des US-Giganten Nike, der den DFB ab 2027 ausrüsten soll. Dieser Deal war nicht das Ende des Olympischen Teams, was auch zeigt, dass die Aufregung über den Ausrüsterdeal vollkommen übertrieben ist. Damals, 2005, kam niemand mit der Keule „Standortpatriotismus“ – die jetzt Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) schwingt.

Nun sind Fußball und Leichathletik natürlich nicht das Gleiche. Fußball ist emotional aufgeladener, weil es immer auch ein Kampf der Nationen ist – viel härter noch als bei Olympischen Spielen, wo die Teilnahme bereits alles bedeutet. Deswegen wundert es auch nicht, warum das Ende der 70-jährigen Partnerschaft so heiß und von der höchsten politischen Riege diskutiert wird. 

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Die Beziehung – gnadenlos heroisiert

Die Frage ist aber, wie viel Kalkül hinter der Aufregung durch Politiker steckt. Dass Adidas und der DFB für viele emotional zusammengehören, dem widerspricht wohl niemand. Klar, dass manch Politiker diese Gratis-PR dankend mitnimmt. Allen voran Markus Söder, der bei „X“ auf das Erfolgstrikot 1954 verwies, obwohl das gar nicht von Adidas war, sondern von der Pfullinger Firma G. & A. Leuze hergestellt wurde. 

Das 54er-Trikot ist ohnehin nur eines von zahllosen Beispielen, in der die Beziehung zwischen Adidas und dem DFB gnadenlos heroisiert wird. Immer wieder gab es Streit zwischen den beiden – vor allem um das liebe Geld. Mehrfach hatte der DFB finanziell attraktivere Angebote von der Konkurrenz vorliegen, entschied sich aber doch immer wieder für Adidas. Wohl auch, weil er das Medienecho fürchtete, das nun auf ihn hereinprasselt.

Immerhin hat der DFB jetzt so starke Zahlen auf seiner Seite, dass er den Wechsel als „alternativlos“ verkaufen kann. Das war bei den letzten Ausschreibungen noch nicht der Fall. Und tatsächlich ist es sogar zu begrüßen, wenn beim DFB ab einem gewissen Punkt die wirtschaftliche Vernunft einsetzt. Ja, der DFB ist ein eingetragener Verein, und damit nicht der klassischen ökonomischen Nutzenmaximierung verpflichtet. Bis zu einem gewissen Punkt ist es also verständlich, wenn Tradition, Moral und so weiche Worte wie „Standortpatriotismus“ die letzte Million überwiegen. 

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Doch wenn die Zahlen stimmen, die derzeit kursieren – Nike also mit 100 Mio. Euro jährlich mehr als das Doppelte wie Adidas geboten hat – dann wäre ein Verbleib bei Adidas schlicht fahrlässig gewesen. Und das gilt nicht nur, weil der aus dem Ruder gelaufene DFB-Campus in Frankfurt irgendwie finanziert werden muss, sondern auch, weil das Geld am Ende bei der Basis landet. Die beschwert sich nämlich schon länger, dass für wichtige Projekte wie neue Kleinfelder, Leistungszentren und Ausbildung kein Geld da ist. Auch das sei ein Grund, warum immer weniger junge Menschen in Deutschland Fußball spielen, heißt es von dort. Langfristig gesehen sind die Nike-Millionen also die beste Chance, sportlichen Erfolg zu gewährleisten.

Kurz vor Beginn der Heim-EM verkündet der DFB, dass Nike Adidas als Ausstatter ablösen wird. Die Aktie des US-Konzerns geht danach auf Talfahrt – doch nicht nur deswegen

Und, wenn wir mal ehrlich sind: An den Nike-Produkten selbst gibt es wenig auszusetzen. Natürlich sind Trikots immer auch ein Stück weit persönlicher Geschmack. Es gibt aber einen Grund, warum Nike global so erfolgreich ist: Der Konzern verkauft seine Story einfach gut, die Qualität ist ok. Anders wäre das, wenn ein chinesischer Dumping-Hersteller mit einem Brustsponsoring für Katar beim DFB anheuert. Der Wechsel ist so verkraftbar, wie er es im Vereinsfußball bislang auch immer war.

Adidas aber muss sich natürlich fragen, ob sie möglicherweise (mal wieder) zu naiv waren – Stichwort: Kanye West. Das Interesse von Nike am DFB ist seit vielen Jahren bekannt und eine Firmenzentrale mitten im Nirgendwo in Bayern (Herzogenaurach) eben auch nur eines von vielen Argumenten. Am Ende regiert Geld noch immer die Welt. Und ein Blick ans obere Ende der Einkommensspanne zeigt: Dort, wo Geld ist, kann auch Liebe sein.

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