Wladimir Putin: "Kein Interesse" an Invasion im Westen

9 Feb 2024
Wladimir Putin

Für sein erstes Interview mit einem westlichen Fragesteller seit dem Angriff auf die Ukraine suchte sich der russische Präsident Wladimir Putin den rechten US-Krawallmoderator Tucker Carlson aus. Dem versicherte er, dass er keinen Angriff auf "Polen, Lettland oder andere" plane - außer Polen greife an.

Ein Angriff auf Polen oder Lettland sei "absolut ausgeschlossen", eine Niederlage im Krieg gegen die Ukraine "unmöglich", meinte Putin im Interview mit dem rechten US-Moderator, über das seit Tagen gemunkelt wurde. "Wir haben kein Interesse an Polen, Lettland oder irgendwo sonst."

Das über zwei Stunden dauernde Interview war das erste, das Putin einem westlichen Fragenden gab. Eine gute Wahl für Putin, wie Kritiker vorab auch schon erwartet wurde. Tucker Carlson wurde von seinem Ex-Arbeitgeber Fox News geschasst. Er ist für die Verbreitung von Falschmeldungen und Verschwörungstheorien bekannt. Putins langatmigen Ausführungen widersprach Carlson dann auch nicht. Genau das war erwartet worden. 

Angriff? "Warum sollten wir das tun?"

Putin betonte, dass Russland überhaupt kein Interesse an Polen, Lettland oder anderen Ländern habe. Ängste vor einem russischen Angriff seien unangebracht, versicherte der russische Präsident. "Warum sollten wir das tun? Wir haben einfach kein Interesse." Es widerspreche dem gesunden Menschenverstand, sich auf "eine Art globalen Krieg" einzulassen. Den NATO-Staaten warf Putin vor, die eigene Bevölkerung mit dem Vorgaukeln einer "imaginären russischen Bedrohung" einzuschüchtern.

Dialogbereit, weil Westen nicht gewinnen kann

Im Ukraine-Krieg sei zum Dialog bereit - die Zeit für Gespräche sei gekommen, weil der Westen erkennen müsse, dass der Konflikt für ihn militärisch nicht zu gewinnen sei. "Früher oder später wird das in einer Einigung enden", sagte Putin. "Wenn diese Erkenntnis eingesetzt hat, müssen sie (der Westen) darüber nachdenken, was als nächstes zu tun ist."

Im Verlauf des Interviews rechtfertigte Putin den russischen Einmarsch in die Ukraine erneut mit angeblichen historischen Gebietsansprüchen und übte scharfe Kritik an der NATO sowie den USA. 

Austausch: Inhaftierter US-Journalist gegen Tiergarten-Mörder

Carlson fragte Putin direkt nach dem in russischer Untersuchungshaft sitzenden US-Journalisten Evan Gershkovich. Putin deutete die Möglichkeit eines Gefangenenaustauschs an. "Es macht keinen Sinn, ihn in Russland im Gefängnis zu halten", so der Kremlchef. Weitere Äußerungen Putins ließen sich so interpretieren, dass eine Freipressung des im Dezember 2021 verurteilten Tiergarten-Mörders Vadim K. gemeint sein könnte, der in Deutschland zu lebenslanger Haft verurteilt worden war.

Im Dezember hatte das Weiße Haus mitgeteilt, Moskau habe ein Angebot Washingtons zur Freilassung des für das "Wall Street Journal" arbeitenden Journalisten abgelehnt. Gershkovich war Ende März 2023 auf einer Reportagereise in Jekaterinburg am Ural festgenommen worden. Die russische Staatsanwaltschaft wirft ihm Spionage vor.

US-Bühne für Russland-Wahlkampf

Carlson warb seit Tagen für sein Interview. International wird ihm vorgeworfen, dass er sich von Putin als US-Bühne für die Präsidentenwahl am 17. März in Russland missbrauchen lasse. Gerade die Anhängerschaft des US-Republikaners Donald Trump, der erneut ins Weiße Haus einziehen will, steht Putin weniger kritisch gegenüber als viele andere Landsleute.

Der frühere Fox-News-Moderator Carlson erreicht über soziale Netzwerke ein Millionenpublikum. Der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats der USA, John Kirby, wies darauf hin, dass nichts, was in dem Interview gesagt wurde, für bare Münze zu nehmen sei. "Erinnern Sie sich daran, Sie hören Wladimir Putin zu", sagte er am Donnerstag in Washington.

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