Russland: Wladimir Putin kündigt weitere Aufrüstung an

29 Feb 2024
Wladimir Putin

In seiner jährlichen Ansprache hat Russlands Präsident Wladimir Putin eine Aufrüstung der Armee vor dem Hintergrund angeblicher westlicher Angriffspläne angekündigt. So zählte er in der Rede vor beiden Parlamentskammern eine Reihe neuartiger Waffen auf wie die Flugkörper Kinschal und Zirkon, die bereits "effektiv" im Krieg gegen die Ukraine eingesetzt worden seien und ihre "einzigartigen Charakteristika" bewiesen hätten. Über einen möglichen Einsatz des Hyperschallflugkörpers Zirkon bei einem Angriff auf Kiew war bislang gemutmaßt worden, Putin hat ihn damit bestätigt.

Wie in vergangenen außenpolitischen Reden warf Putin dem Westen vor, den Krieg in der Ukraine begonnen zu haben. Russland habe ihn nicht begonnen, werde ihn aber beenden, behauptete er – ein Dauermotiv in der russischen Rechtfertigung des Einmarschs in der Ukraine. 

"Der Westen hat den Konflikt in der Ukraine, im Nahen Osten, in anderen Regionen der Welt provoziert", behauptete Putin. Dass Russland Angriffspläne gegen weitere europäische Länder habe, sei "Schwachsinn". Zugleich warf er dem Westen vor, "Angriffsziele" in Russland "auszusuchen". Ähnlich wie zu Sowjetzeiten wollten die USA sein Land in einen Rüstungswettlauf zwingen, behauptete er weiter. Daher müsse Russland eine "effiziente Wirtschaft der Streitkräfte" entwickeln. 

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Drohung gegenüber westlichen Ländern

Unter anderem bezog Putin sich auf eine Äußerung des französischen Präsidenten Emmanuel Macron, der eine künftige Stationierung von Nato-Truppen in der Ukraine nicht ausgeschlossen hatte. Frankreich stellte später klar, dass es sich bei der hypothetischen Idee nicht um einen Kampfeinsatz handeln werde.

Die Relativierung aus Paris sprach Putin jedoch nicht an. Solche Drohungen könnten die Welt an den Rand eines atomaren Konflikts führen, sagte er. "Sie haben vergessen, was Krieg ist", sagte Putin über den Westen – während Russland in den Kaukasuskriegen und in der Ukraine Kriege erlebe, die für westliche Länder "Zeichentrickfilme" seien.

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"Wir erinnern uns an jene, die einst ihre Kontingente auf das Gebiet unseres Landes entsandt hatten", sagte der Präsident weiter. "Sie sollten verstehen, dass wir auch Waffen haben, die Ziele auf ihren Gebieten treffen können." Russland droht westlichen Ländern wegen ihrer Ukraine-Unterstützung regelmäßig mit dem Einsatz von Atomwaffen. 

Anders als von Putin in der Rede behauptet, haben westliche Länder seit Beginn des Ukraine-Kriegs bisher nie mit einem Angriff auf russisches Staatsgebiet gedroht. Die Ukraine musste bei zahlreichen Waffen wie Raketen und Marschflugkörpern, die sie vom Westen erhielt, zusichern, sie nicht gegen russisches Staatsgebiet einzusetzen. Belege dafür, dass sie sich daran nicht gehalten haben soll, gibt es keine. 

Mehrheit der Russen unterstütze den Krieg

Putin erinnerte auch an die nun zehnjährige Besatzung ukrainischer Gebiete. Der "legendäre russische Frühling" sei von der "Liebe" der Menschen in den 2014 annektierten ukrainischen Gebieten zu Russland getragen worden, sagte er.

Eine "absolute Mehrheit" des russischen Volkes unterstützte die "spezielle Militäroperation", wie der Krieg von Russlands Regierung bezeichnet wird, behauptete Putin. Russland werde "seine gefallenen Helden" in Erinnerung behalten.

"Unsere Streitkräfte haben eine kolossale Kampferfahrung erworben", sagte Putin unter Verweis auf die seit zwei Jahren anhaltende Vollinvasion der Ukraine. Sowohl an der Front als auch im Hinterland werde die Kampfkraft der russischen Armee weiter gesteigert, kündigte er an. Schon jetzt habe sie sich "um ein Vielfaches" gesteigert, während Russland "immer neue Gebiete befreit".

Der Ostcast -

Aber die Nato ...!
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2014 begann Wladimir Putin den Krieg gegen die Ukraine. Er ließ die Krim annektieren, schickte verdeckt Soldaten in den Osten des Landes. Vor zwei Jahren griffen russische Truppen offen das ganze Land an, russische Panzer rollten auf Kiew zu, täglich schlagen Raketen in ukrainische Wohnhäuser, Kindergärten und Kliniken ein. 

Der anfängliche Schock in Deutschland weicht langsam und damit kehren auch die hartnäckigen Mythen zurück. Da heißt es dann: Die Proteste auf dem Maidan waren doch ein US-finanzierter Putsch! Aber Russland wird von der Nato bedroht! Aber die Menschen im Donbas mussten vor einem Genozid bewahrt werden! Was ihnen allen gemein ist: Sie rechtfertigen schlussendlich Putins Politik. Und sie sind grober Unfug, den Alice Bota und Michael Thumann in der aktuellen "Ostcast"-Folge auseinandernehmen.  

Alle drei Wochen sprechen wir im "Ostcast" über Politik und Gesellschaft der osteuropäischen Länder. Alice Bota berichtet von ihren Gesprächen und Erfahrungen in Osteuropa, Michael Thumann erzählt von seinen Begegnungen und Reisen in Russland und den Nachbarländern.  
 

Alle Folgen des Podcasts finden Sie hier. Unter [email protected] erreichen Sie das Team per Mail.

Traditionelle Ansprache über politische Leitlinien

In der Ansprache betonte Putin zudem die konservative Agenda in der Familienpolitik. So sollten kinderreiche Familien zur Norm werden. Der Präsident kündigte dafür millionenschwere Förderprogramme und weitere Sozialausgaben an. Politische Beobachter mutmaßen seit Monaten, dass die Förderung konservativer Werte und das Thema Familie zu seinen zentralen Botschaften im Vorfeld der Präsidentschaftswahl im März gehören würden.

Traditionell stellt Putin in der jährlichen Ansprache seine mittelfristigen politischen Leitlinien vor. Die Ansprache in diesem Jahr ist die 19. in Putins bisher vier Amtszeiten als Präsident. Lediglich 2022, im ersten Jahr des Kriegs gegen die Ukraine, ließ er die Rede ausfallen.

In seiner Ansprache vor einem Jahr hatte Putin das sogenannte New-Start-Abkommen ausgesetzt. Damit stieg Russland aus dem letzten großen Rüstungskontrollvertrag mit den USA aus. In diesem Jahr erfolgt die Rede vor dem Hintergrund jüngster russischer Eroberungen in der Ostukraine sowie der Präsidentschaftswahl in Russland im März. Es gibt dabei nur drei Mitbewerber, die aber von regimetreuen Parteien aufgestellt wurden und kein eigenes politisches Profil haben.

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