Wann schafft die EU die Zeitumstellung endlich ab?

12 Mär 2024
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Stand: 12.03.2024, 05:24 Uhr

Von: Andreas Schmid

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EU Europa Zeitumstellung

Eigentlich wollte die EU die Zeitumstellung längst abschaffen – doch bislang ist das nicht geschehen. Warum? © picture alliance/dpa | Arne Immanuel Bänsch//Achim Scheidemann (Montage)

Warum schafft die EU die Zeitumstellung nicht ab? Eine große Rolle spielen Polen und Spanien. Dabei gäbe es eine einfache Lösung.

Eigentlich schien man sich längst einig. 2018 hatte die EU-Kommission ein Ende der Zeitumstellung vorgeschlagen, 2019 stimmte das EU-Parlament mit deutlicher Mehrheit für ein Ende des Wechsels zwischen Sommer- und Winterzeit. Vorausgegangen war dem Votum eine Abstimmung unter knapp fünf Millionen EU-Bürgern. Warum schafft die EU die Zeitumstellung also nicht ab? Was bisher fehlt, ist Einigkeit unter den Mitgliedsstaaten.

Die Europäische Union will eine einheitliche Zeit für alle EU-Länder. Ein Flickenteppich, in dem im einen Land Sommer-, im anderen Winter- und im nächsten wieder Sommerzeit gilt, soll vermieden werden, wie Professor Korbinian von Blanckenburg erklärt. „Das große Problem, warum sich die EU nicht einigen kann, ist genau das“, sagt von Blanckenburg im Gespräch mit IPPEN.MEDIA. Er forscht an Uni Ostwestfalen Lippe zu den Auswirkungen der Zeitumstellung.

Keine Einigung zur Zeitumstellung: „Interessen in Europa sehr unterschiedlich“

Der Professor sieht die EU vor einer schwierigen Aufgabe. „Egal für welche Zeit man sich entscheidet, es würden entweder Ostpolen oder Westspanien in jedem Fall ein Problem haben.“ Warum? „Weil es entweder sehr, sehr früh morgens hell werden oder sehr, sehr spät abends dunkel werden würde.“

Konkret würden sich für beide Orte teils extreme Zeitsituationen ergeben. „Bei ganzjähriger Winterzeit würde im östlichen Polen die Sonne im Juni bereits sehr, sehr früh aufgehen, nämlich schon um drei Uhr. Bei ganzjähriger Sommerzeit hingegen wäre die Sonne in Spanien im Dezember erst ab etwa 10 Uhr zu sehen.“

EU-Lösung für Zeitumstellung: Spanien in neue Zeitzone

Von Blanckenburg meint: „Man kann sich nicht einigen, weil die Interessen in Europa sehr unterschiedlich sind. Ich glaube, kein Land möchte, dass es morgens erst um halb elf hell wird. Das ist sehr spät. Aber auf der anderen Seite möchte man auch nicht, dass es schon nachts um drei hell wird. Egal für welches System man sich entscheidet, eine Seite hätte genau das Problem.“

Der Professor hat allerdings auch eine Lösung: „Wir brauchen eine Neusortierung der Zeitzonen.“ So solle Spanien in dieselbe Zeitzone wechseln wie Portugal und Großbritannien. „Dann hat man das Problem nicht, dass eine ganzjährige Sommer- oder Winterzeit die Spanier so extrem treffen würde.“

EU-Mitglieder zögern bei Zeitumstellung: Änderung „unwahrscheinlich“

Bislang bremsen die EU-Mitgliedsstaaten noch. Eine Einigung ist nicht in Sicht. Das zuständige Bundeswirtschaftsministerium erklärt auf Anfrage: „Hierzu gibt es keinen neuen Stand auf EU-Ebene.“ Dabei ist eine Mehrheit der Deutschen für ein Ende der Zeitumstellung. Die aktuelle belgische Ratspräsidentschaft macht jedoch wie die Vorgängerpräsidentschaften keine Anstalten, das Thema auf die Agenda zu setzen. „Ohne neue Diskussionsgrundlage erscheint die Neuaufnahme der Diskussion auf EU-Ebene unwahrscheinlich“, heißt es aus dem Habeck-Ministerium.

Dieses Bild verstärken auch Deutschlands Nachbarstaaten auf Anfrage. Zwar sei die Bevölkerung grundsätzlich für die Abschaffung der Zeitumstellung, wie Umfragen in Belgien oder Tschechien zeigten. Insgesamt fehle es an EU-weiter Einigkeit.

Ende der Zeitumstellung scheitert an Mitgliedstaaten

Vom polnischen Wirtschaftsministerium heißt es: „Aufgrund des fehlenden Konsenses auf EU-Ebene ist die Wahrscheinlichkeit eines Endes der Zeitumstellung sehr gering.“ Auch in Tschechien sieht man derzeit „keine Anzeichen dafür, dass dieses Thema in naher Zukunft wieder aufgegriffen werden sollte“.

Und die EU? Die Kommission äußert sich auf Anfrage nicht zu den Positionen anderer Mitgliedstaaten wie Polen oder Spanien. Darüber hinaus gebe es derzeit keine Neuigkeiten. „Die Kommission hofft, dass dies die Diskussionen im Rat voranbringen wird“, heißt es. Bis wann das der Fall sein wird, erklärt die Kommission nicht.

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