Taylor Swifts neues Album 'The Tortured Poets Department' geleaked

Taylor Swifts neues Album wird 24 Stunden vor der offiziellen Publikation illegal publiziert – und doch kaum von jemandem gehört

The Tortured Poets Department - Figure 1
Foto Neue Zürcher Zeitung - NZZ

Seit Februar warten die Swifties auf «The Tortured Poets Department». Der Album-Leak zeigt vor allem eines: Swift kann sich blind auf ihre Fans verlassen. Dafür werden sie mit 31 neuen Songs und privaten Details aus dem Leben ihres Stars belohnt.

«Mit meinen Fans habe ich die Lotterie gewonnen.» Taylor Swift auf ihrer «The Eras»-Tour im März in Singapur.

Ashok Kumar / Getty

Als Taylor Swift im vergangenen Sommer im Lumen-Field-Stadion von Seattle auftrat, bebte die Erde. Das war weder ein unglücklicher Zufall noch ein natürliches Ereignis. Es waren die synchron tanzenden Fans des Megastars, die den Boden mit ihrer gemeinsamen Wucht zum Beben brachten. Die seismische Aktivität erreichte einen Wert von 2,3 auf der Richter-Skala.

In der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag wurden die Swifties, so nennen sich die zum grossen Teil weiblichen Fans von Taylor Swift, erneut gemeinsam aktiv. Diesmal allerdings verhinderten sie ein Beben.

Mehr als ein Häppchen

Bei den Grammy Awards im Februar hatte Swift ihr neues Album angekündigt. «Ich will mich bei meinen Fans bedanken, indem ich euch ein Geheimnis verrate, das ich in den letzten zwei Jahren gewahrt habe: Mein neues Album wird am 19. April erscheint. Es heisst ‹The Tortured Poets Department›.»

Seither fütterte Swift die neugierigen Fans mit Informationshäppchen. Man erfuhr, dass der Rapper Post Malone auf einem Track zu hören sein wird. Einen anderen Song, «Florida!!!», hat Swift gemeinsam mit Florence Welch von Florence + the Machine geschrieben und aufgenommen. Zudem verkündete Swift, es werde vier Varianten ihres neuen Albums geben – jede mit jeweils einem anderen Bonustrack. «The Bolter», «The Albatross», «The Black Dog» und «The Manuscript».

In der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag aber erschienen in den Weiten des Webs mehr als nur Häppchen. 24 Stunden vor dem offiziellen Publikationstermin wurde das neue Album geleakt. Besonders auf X und in anderen sozialen Netzwerken tauchten Links zu allen Songs der Platte auf.

«Lasst uns keine schlechten Menschen sein»

Zwar hat weder Taylor Swift noch ihr Management auf die Leaks reagiert, doch bald schien klar, dass es sich nicht um mittels AI kreierte, künstliche Songs oder alte Musik handelte, sondern um das, worauf die Swifties seit zwei Jahren warten: neues Material. Man könnte nun meinen, die Fans hätten sich auf die Songs gestürzt, die Boxen aufgedreht und die monatelange Neugier endlich gestillt. Doch es blieb still.

Zwar verbreiteten sich die Links im Internet, aber keinesfalls so schnell und breit, wie es hätte passieren sollen. Gute Anwälte? Eine rasant arbeitende IT? Nein. Swift hat nur peripher etwas damit zu tun, dass die Links zu ihrem vorzeitig publizierten, elften Album nicht so richtig ins Trenden kamen. Längst hatten nämlich die Swifties das Problem in die Hand genommen.

«Es sind buchstäblich weniger als 24 Stunden bis zum Release. Ich will keinen von euch sehen, der sich an diesem Rechtsbruch beteiligt, weil ihr nicht ein paar Stunden mehr warten könnt. Ich verstehe, dass ihr aufgeregt seid, aber lasst uns keine schlechten Menschen sein», schrieb ein Fan. Ein anderer erklärte, in Anlehnung an den Titel des neuen Albums: «Proud member of the never listened to a leak department.»

Nicht der erste Leak

Der erste Leak in der Geschichte der Taylor Swift ist es nicht. Bereits Swifts Album «1989» tauchte drei Tage vor dem angekündigten Publikationsdatum auf. Doch bereits damals blieb alles erstaunlich ruhig. Später sagte Swift: «Es war das erste Mal, dass ein Album von mir geleakt wurde, ohne dass es auf Twitter trendete, weil meine Fans es beschützt haben.»

Die Fans wiederholten immer wieder, dass Leaks illegal seien, Kunst ihren Wert habe und darum nicht einfach gratis heruntergeladen werden soll. Dass Swift eben auf die «Forbes»-Liste der Milliardäre aufgenommen wurde und wegen einiger vorzeitiger Hörer kaum den finanziellen Ruin zu fürchten braucht, ist für die Swifties nebensächlich. Wichtig ist ihnen, dass ihre Künstlerin selber bestimmen kann, wie und vor allem wann sie ihr Werk veröffentlicht.

«Mit meinen Fans habe ich die Lotterie gewonnen», sagte Swift einst. Aber nur Glück ist es nicht – Swift hat auch korrekt gespielt. Als Countrysängerin, so startete ihre Karriere, hat Swift eines gleich zu Beginn gelernt: Bescheidenheit. Man gibt den Fans nicht nur das Gefühl, sie zu verstehen und zu schätzen, man zeigt ihnen: «Ich bin wie du.»

Ein sicherer Ort

Diese Nähe schafft Swift einerseits mit ihren Songs, in denen sie schmerzhafte und teilweise auch schamvolle Gefühle verhandelt, so, dass es für die Fans sei, «als läsen sie in meinem Tagebuch». Andererseits aber auch damit, dass sie ganz genau weiss, wie sehr sie ihre Fans braucht. «Schau, wie viele Freundschaftsbänder ich von meinen Fans bekommen habe», sagt sie nach einem Konzert in die Kamera und streckt einen Arm voller bunter Bändchen vor die Kamera, «heute ist einer der coolsten Tage, die ich je erlebt habe».

In einer Netflix-Dokumentation erklärt Swift, von Anfang an sei es für sie das Wichtigste gewesen, gut zu sein. Musikalisch, klar. Vor allem aber menschlich. «Mach das Richtige, mach das Gute», das sei ihr Mantra.

Neulich erklärte die Sängerin Courtney Love in einem Interview, Taylor Swift sei nicht wichtig. «Sie mag ein sicherer Ort für Mädchen sein, und sie ist wahrscheinlich die Madonna von heute, aber als Künstlerin ist sie nicht interessant.» Damit liegt Love ebenso falsch wie richtig.

Natürlich ist Swift, 14-fache Grammy-Gewinnerin, «Person of the Year» des Magazins «Time» und Halterin diverser Rekorde, interessant. Auch mit ihrem neuen Album hat sie einen Höhepunkt erreicht, noch bevor es publiziert worden ist: Spotify erklärte, «The Tortured Poets Department» sei das am meisten gespeicherte Album auf seiner Countdown-Seite in der Geschichte.

Damit, dass Swift ihren Fans Sicherheit gebe, hat Love aber recht. «Das hier ist ein sicherer Ort», sagte Swift einst selbst an einem Konzert, bei dem ein Fan mit ihr auf der Bühne sang. Wie Swift selbst, wollen ihre Fans gut sein, ihren Star und auch einander respektvoll behandeln. Darum haben sie auf den offiziellen Erscheinungstermin gewartet, statt ihre Neugierde frühzeitig zu stillen. Das mag nett und lieb klingen – tatsächlich aber ist diese Einheit so machtvoll, dass davon die Erde beben kann.

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