Zensurskandal: Italienischer Rundfunk RAI will gegen ...

7 Tage vor
Meloni

Journalistinnen und Journalisten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt RAI wollen im kommenden Monat streiken, um gegen die »erdrückende Kontrolle« ihrer Arbeit durch die Regierung zu protestieren. Die Gewerkschaft Usigrai rief am Donnerstag zu einer 24-stündigen Arbeitsniederlegung am 6. und 7. Mai auf, nachdem Gespräche mit der Rundfunkleitung ihre Bedenken nicht ausgeräumt hätten.

Die Gewerkschaft kritisiert Versuche des Kabinetts der ultrarechten Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, »die RAI in ein Sprachrohr der Regierung zu verwandeln«. Außerdem kritisierte sie Personalmangel und Vertragsbedingungen.

Die Diskussion um unangemessenen politischen Einfluss auf die RAI flammte am vergangenen Wochenende wieder auf, als ein Talkshowauftritt des Schriftstellers Antonio Scurati kurzfristig abgesagt wurde. Er sollte anlässlich des Nationalfeiertags am 25. April, an dem die Befreiung Italiens vom Faschismus gefeiert wird, einen Monolog lesen, in dem er Melonis Partei dafür kritisierte, dass sie ihre »postfaschistische Vergangenheit« nicht ablehnt.

Scurati kritisiert die Einflussnahme der Regierung Meloni

»Offensichtlich ist mein Text im Sender zirkuliert und wurde dann gecancelt«, sagte Scurati im SPIEGEL-Interview . RAI-Vertreter und Meloni bestritten, Scuratis Monolog zensiert zu haben. Der Sender erklärte, er sei aus unbestimmten »redaktionellen Gründen« zurückgezogen worden. »In einer Demokratie ist es inakzeptabel, dass sich eine Regierungschefin so verhält«, kritisiert Scurati weiter die Einflussnahme von Giorgia Meloni.

Meloni, deren Partei »Fratelli d'Italia« (»Brüder Italiens«) auf die Faschisten von Diktator Benito Mussolini zurückgeht, hat alle Formen des Totalitarismus verurteilt und ihre Abneigung gegen den Faschismus zum Ausdruck gebracht. Sie vermeidet es jedoch , sich selbst als »antifaschistisch« zu bezeichnen, obwohl dies häufig von ihr gefordert wird.

Ein Anruf des albanischen Ministerpräsidenten

Zudem sorgte ein Anruf des albanischen Ministerpräsidenten Edi Rama, der Meloni nahesteht, bei einem RAI-Chefredakteur für Kritik. Rama wollte sich über einen Fernsehbericht beschweren, in dem es um das italienische Vorhaben für den Bau zweier Flüchtlingslager in Albanien ging. Die Sendung hatte über Missmanagement bei dem Projekt und die mögliche Beteiligung von Kriminellen berichtet.

Rama bestätigte den Anruf laut einem Bericht der italienischen Zeitung »La Stampa«. Er habe sich beschweren wollen, weil der Beitrag »tendenziös« gewesen sei und »Lügen« verbreitet habe.

Die RAI ist das Herzstück des italienischen Beuteschemas, und die aufeinanderfolgenden Regierungen vergeben dort Spitzenposten, um loyale Schützlinge zu belohnen. Die Mitglieder des Verwaltungsrats, die vom Parlament und der Regierung ernannt werden, werden nach ihrer Parteizugehörigkeit ausgewählt. Vorschläge, den Sender unabhängiger zu machen, werden seit Jahren diskutiert, haben aber nie zu Ergebnissen geführt.

Zweifel an der Unabhängigkeit des italienischen Rundfunks RAI mehren sich seit dem Antritt von Melonis Regierung 2022. Seitdem haben mehrere hochrangige Führungskräfte und Moderatoren die RAI verlassen und sich über Einmischung der Regierung beklagt.

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