Neues Album Taylor Swift erkundet die fünf Phasen des Herzschmerzes

Düsseldorf · Der größte Popstar der Welt hat ein neues Album veröffentlicht. „The Tortured Poet Department“ ist ein melancholisches Konzeptalbum über den Liebeskummer.

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Das ist Taylor Swift

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Foto: AP/Jordan Strauss

Seit Februar warten Fans darauf, nun hat Taylor Swift ihr neues Album veröffentlicht: „The Tortured Poets Department“ (kurz „TTPD“) erschien heute Nacht. Der größte Popstar der Welt klingt darauf ein bisschen anders als auf den Vorgänger-Veröffentlichungen und ist dennoch hundertprozentig Taylor Swift. Das ist ein Konzept-Album über den Herzschmerz, ein „Sgt. Pepper“ des Heartbreak. Die Sprecherstimme trägt durch die Songs. Sie erinnert an die Romcom „Notting Hill“, an jene berühmte Szene, in der Anna (Julia Roberts) zu William (Hugh Grant) sagt: „Ich bin nur ein Mädchen, das vor einem Jungen steht und ihn bittet, es zu lieben."

Wie klingt das Album?

Sehr persönlich. Jeder Song wirkt wie ein eigener poetischer Essay über einen Aspekt von Verlieben und Entlieben. Es ging Taylor Swift und ihren Zuarbeitern Jack Antonoff und Aaron Dessner (The National) diesmal offenbar weniger darum, Hits zu schreiben, sondern ihr Songwriting zu einem Zyklus über ein Thema zu arrangieren. Vor allem der erste Teil des Albums ist intensiv und bietet bittersüße Kloß-im-Hals-Verse im in „So Long, London“. Noch stärker als sonst stehen die Arrangements im Dienst der Texte. In Lied 13 ändert sich die Stimmung: „I Can Do It With A Broken Heart“ ist eine Selbstermächtigungshymne im Synthiepop-Gewand: „I’m good!“

Was ist der bewegendste Moment?

Das Einatmen, Seufzen und Kraftsammeln vor „The Smallest Man Who Ever Lived“.

Welche Textzeilen sind die besten?

Es gibt so viele. Vielleicht: „All my mornings / Are mondays / Stuck in an / Endles February“ aus „Fortnight“. Oder: „You’re not Dylan Thomas / I’m not Patti Smith / This ain’t the Chelsea Hotel“ aus dem Titelsong. Oder „Crash the party like record scratch / As I scream: Who’s afraid of little old me? / You should be.“ Oder: „Beauty is a beast that roars / Down on all fours / Demanding: More“.

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Foto: AP/Andrew Harnik

Wie gut ist das Album?

Sehr gut. Taylor Swift präsentiert ihr reifstes Songwriting. Die Songs wirken wie Gespräche. Es ist, als sitze Swift mit Wollsocken im Schneidersitz neben dem Publikum auf dem Sofa und flüsterspreche die neuesten News in Sachen Beziehungsstatus. Manche Songs nehmen überraschende Wendungen, „Fresh Out The Slammer“ etwa. Sie variiert mitunter die Stile: „Fortnight“ kommt im Elektro-Sound, „I Can Fix Him (No Realy I Can)“ ist versetzt mit Country-Zitaten. Swift hätte es sich leicht machen und auf dem Höhepunkt ihrer Popularität ein Album mit zehn Uptempo-Krachern plus Tränenzieher-Ballade herausbringen können. Stattdessen wagt sie etwas. Dennoch ist „TTPD“ mit 16 Stücken zu lang geraten.

Was ist die Vorgeschichte zum Album?

Zu Beginn des vergangenen Jahres, heißt es, trennte sich Swift von dem britischen Schauspieler Joe Alwyn, mit dem sie sechs Jahre zusammen gewesen war. In die Endphase dieser Beziehung fallen wohl die ersten Ideen und Aufnahmen für „TTPD“. Fans spekulieren, der Albumtitel zitiere eine Chatgruppe, die Alwyn in einem Interview erwähnt hatte. Er und seine Kollegen Paul Mescal und Andrew Scott kommunizieren bei WhatsApp als „Tortured Man Club“. Auch ihr Ex Matty Healy von der Band The 1975 könnte in manchen Songs gemeint sein. Im Februar dieses Jahres sagte Swift in Melbourne, Songwriting sei etwas, das ihr durchs Leben helfe. Und nie habe sie es dringender gebraucht als bei „TTPD“. Sie habe vor zwei Jahren begonnen, daran zu arbeiten. Das ist ja das Tolle an dieser Künstlerin, dass sie Erlebnisse sozusagen in Echtzeit aufzuarbeiten scheint, indem sie Lieder darüber schreibt. Dadurch macht sie sich buchstäblich einen Reim darauf, und dadurch kann sie schlechte Erfahrungen überwinden und hinter sich lassen.

Was hat es mit dem Cover des Albums auf sich?

Das Schwarzweiß-Foto machte Beth Garrabrant, die auch für das Cover von „Folklore“ verantwortlich ist. Sehr schön sind die Diskussionen darüber, warum Swift im Albumtitel auf ein Apostroph verzichtet - also entweder so: „The Tortured Poet’s Department“. Oder so: „The Tortured Poets’ Department“. Erin Weinberg, Englisch-Dozentin der Universität Manitoba in Kanada postete auf X (früher Twitter): „Ich habe meinen Studierenden das Album verdorben, indem ich es zum Anlass für eine Lektion über den Gebrauch des Apostrophs genommen habe.“ Die Tageszeitung „Die Welt“ dozierte: „Ohne Apostroph ist das Nomen ,Poets’ attributiv, als wäre es ein Adjektiv. So wie im Film „The Dead Poets Society“ („Club der toten Dichter“). Das Wort Poets beschreibt dann, um welche Art Department es sich handelt.“

Was hat es mit den Playlists bei Apple Music auf sich?

Taylor Swift hat zu „The Tortured Poets Department“ fünf Playlisten bei Apple Music veröffentlicht. Sie bestehen aus eigenen Stücken von ihren bisher veröffentlichten Alben, tragen jeweils einen Titel der neuen Platte und sind thematisch gruppiert nach den verschiedenen Phasen des Herzschmerzes. Das Besondere daran ist, dass jeder Liste eine Audio-Message der Künstlerin vorangestellt ist, in der sie Bezug nimmt auf „denial, anger, bargaining, drepression und acceptance“. Zurück geht dieses Fünf-Phasen-Modell auf die Psychiaterin Elisabeth Kübler-Ross (1926-2004), die damit den Umgang sterbenskranker Menschen mit ihrer Situation beschrieb. Swift folgt damit einer Theorie, die ihre Fans aufgestellt haben, nachdem die Titelliste von „TTPD“ veröffentlicht wurde. Swifties hatten gemutmaßt, Thema der Platte seien Nicht-Wahrhaben-Wollen, Zorn, Verhandeln, Depressionen und Zustimmung. „Und wenn sich die Swifties auf eine Theorie einigen, horcht Taylor auf – also hat sie eine Reihe exklusiver Playlists zusammengestellt, mit Songs, die zu jeder Phase passen“, heißt es bei Apple Music.

Wie lief die Promotion zum Album?

Ungewohnt ruhig. Geradezu sensationell ist, dass es bis wenige Stunden vor Erscheinen des Albums nicht mal eine Vorab-Single gab. Swift hatte das Album bei der Grammy-Verleihung angekündigt. Kurz danach veröffentlichte sie das Artwork sowie Titel und Reihenfolge der Songs. In Los Angeles gab es eine „library installation“ mit Verweisen auf das Album. Der Grund für das bemerkenswerte Vorgehen könnte sein, dass Swift das Album als zusammengehöriges Ganzes wahrgenommen wissen möchte. Dass sie also kein Lied herausheben will. Das wäre der künstlerische Grund. Einen kommerziellen könnte es auch geben: Sie möchte jeden Chart-Wettbewerb mit Beyoncé vermeiden, deren Album „Cowboy Carter“ erst wenige Wochen alt ist.

Wie erscheint das Album?

Natürlich als Stream und Download. Aber auch physisch - und zwar in mehreren Varianten. Swift ist die größte Verpackungskünstlerin der Popmusik. Das Vorgänger-Album „Midnights“ gab es in 35 Varianten. Von den 7,1 Millionen Kopien, die von „Midnights“ allein in den USA verkauft wurden, waren 2,5 Millionen physische Kopien, was enorm viel ist. „TTPD“ wird nun in vier Varianten als CD, farbige LP und Musikkassette herauskommen. Im Vergleich zur Standard-Edition gibt es in jeder je einen Bonustrack.

Wie viele Alben hat Taylor Swift veröffentlicht?

Taylor Swift begleitet die Album-Veröffentlichung mit persönlichen Playlists.

Foto: dpa/Shanna Madison

Sie hat nun elf Alben veröffentlicht. „TTPD“ ist das vierte Original-Album seit 2020. Damals erschienen „Folklore“ und „Evermore“ im Abstand weniger Monate. 2022 kam „Midnights“ heraus. In ihre Re-Recording-Projekt „Taylor’s Version“, bei dem sie ihre frühen Platten neu einspielt, stehen noch zwei Alben aus.

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