Einigung im Streit um E-Fuels – mit mehreren Problemen

27 Mär 2023

26. März 2023 um 19:03 Uhr

Stefan Leichsenring

Im Streit um die Zulassung von Verbrenner-Modellen, die nur mit E-Fuels haben sich Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) und die EU-Kommission nun geeinigt. Das verkündeten nun beide Widersacher per Twitter. Allerdings ist noch immer nicht klar, auf welchem rechtlichen Weg die Zulassung von E-Fuels erfolgen soll.

Streitthema war, ob auch nach dem angestrebten Verbrenner-Aus im Jahr 2035 noch Autos mit Verbrennungsmotor zugelassen werden können, wenn diese ausschließlich mit synthetischen Kraftstoffen (E-Fuels) fahren können. Wissing hatte sich geweigert, das Verbrenner-Aus zu unterschreiben, wenn es keine Ausnahme für E-Fuels geben würde. Die EU-Kommission hatte dagegen darauf verwiesen, dass die Bundesregierung zuvor über ihre Verhandler der Einigung auf das Verbrenner-Aus zugestimmt hatte.

Am Freitag hatten sich die Verhandlungen und rechtlichen Prüfungen länger hingezogen als gedacht, wie Tagesschau.de berichtet. Am Samstagvormittag meldete dann Frans Timmermans, Vizepräsident der EU-Kommission, eine Einigung mit Deutschland: 

Wissing retweetete das Posting von Timmermans und äußerte sich befriedigt darüber, dass die Mobilitätswende technologieneutral bleibe:

Auch in der ursprünglichen Einigung über das Verbrenner-Aus im Jahr 2035 hatte etwas zum Thema E-Fuels gestanden. Danach sollte die EU-Kommission prüfen, ob auch Autos mit E-Fuels auch nach 2035 zugelassen werden könnten. Mit diesem Prüfauftrag war FDP-Chef Christian Lindner damals zufrieden gewesen. Später wurde dann aber klar, dass der Prüfauftrag eher unverbindlich war. Nach der neuen Einigung ist Wissing aber nun zuversichtlich, dass er die E-Fuels durchgesetzt hat.

Auch mit der neuen Vereinbarung ist aber bei weitem noch nicht alles klar. Denn die rechtlichen Fallstricke für die Ausnahmeregelung sind erheblich. Um das Verbrenner-Aus nicht wieder neu verhandeln zu müssen, soll zunächst dieser Part verabschiedet werden.

Unmittelbar danach will sich die EU-Kommission um die Einführung einer neuen Fahrzeugkategorie kümmern. Diese soll Fahrzeuge, die ausschließlich mit synthetischen Kraftstoffen betankt werden, umfassen. Dabei soll mit technischen Einrichtungen sichergestellt werden, dass das Auto nicht gestartet werden kann, wenn Benzin oder Diesel im Tank ist. Dieser Schritt soll auf dem Weg eines Durchführungsgesetzes getan werden. Vorteil: Es kann von den EU-Mitgliedsregierungen und vom EU-Parlament kaum aufgehalten werden, wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung erklärt.  

"Es wurden konkrete Verfahrensschritte und ein konkreter Zeitplan verbindlich fixiert. In einem ersten Schritt soll eine Fahrzeugkategorie e-fuels-only geschaffen und anschließend in die Flottengrenzwertregulierung integriert werden. Wir wollen, dass der Prozess bis Herbst 2024 abgeschlossen ist." (Wissing laut Bundesverkehrsministerium)

In einem weiteren Schritt soll dann durch einen so genannten delegierten Rechtsakt festgelegt werden, dass die CO2-Emissionen der E-Fuels-Fahrzeuge mit null bewertet werden. Ein solcher delegierter Rechtsakt hat wiederum den Vorteil, dass er von den anderen EU-Gremien relativ schwer aufzuhalten ist. Das EU-Parlament kann ihn allerdings mit absoluter Mehrheit ablehnen, was laut FAZ vorstellbar ist. Die EU-Regierungen brauchen zur Ablehnung eine qualifizierte Mehrheit.

Ein weiterer Unsicherheitsfaktor ist, dass der delegierte Rechtsakt eigentlich für Petitessen gedacht ist, zum Klarstellen von Details. Deshalb ist vorgeschrieben, dass die Möglichkeit einer solchen Zusatzbestimmung im betreffenden Gesetz vorgesehen ist – was hier aber nicht der Fall ist. So könnte der delegierte Rechtsakt über den EU-Gerichtshof relativ leicht gekippt werden. 

Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP)

Bundesverkehrsminister Wissing: "In sehr detaillierten und konstruktiven Verhandlungen ist es uns gelungen, im Rahmen der Regulierung zu den Flottengrenzwerten das Element der Technologieneutralität sicherzustellen."

Die Gefahr einer rechtlichen Ablehnung des Rechtsakts sahen Wissings Juristen offenbar voraus. Daher ist noch eine Alternative in die Vereinbarung eingebaut: Dann soll die EU-Kommission einen anderen Rechtsweg einschlagen. Dabei könnte es sich um eine Revision der CO2-Vorgaben für Autos handeln. Nachteil dieser Lösung aus der Sicht von Wissing: Sie erfordert ein neues Gesetzgebungsgefahren. Damit ist der Erfolg alles andere als sicher – die Entscheidungsfindung im so genannten "Trilog" zischen Kommission, Regierungen und Parlament ist ausgesprochen schwierig.

Mehr zum Thema Verbrenner-Aus:

Alles in allem ist es keineswegs sicher, wie die Rechtslage nach 2035 aussehen wird. Wenn am Dienstag das Verbrenner-Aus durch die EU-Regierungen (inklusive der deutschen) wirklich bestätigt wird, ist zumindest dieser Part erledigt. Wie es dann in Sachen E-Fuels weitergeht, bleibt ungewiss. Dem Bundesverkehrsminister scheint die Aussicht auf Zulassung der E-Fuels allerdings zu genügen.

Wissing will, dass bis Herbst 2024 alles geregelt ist. Denn dann endet die Amtszeit der aktuellen EU-Kommission. Zumindest bis dahin wird sich das politische Gerangel um das Verbrenner-Aus wohl hinziehen, vielleicht auch darüber hinaus ...

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