Das sind die Pläne der IS-Moskau-Attentäter ISPK

25 Mär 2024

Aktualisiert25. März 2024, 19:57

ISPK«Vorherrschaft im IS»: Das sind die Pläne der Moskau-Attentäter

Der IS-Ableger ISPK wird als Drahtzieher hinter dem Anschlag in Moskau vermutet. Laut einem Experten will die Terrormiliz mit solchen Anschlägen zur mächtigsten Gruppe im IS werden.

Moskau-Attentäter - Figure 1
Foto 20 Minuten
Darum gehts

Hinter dem Anschlag in Moskau wird der IS-Ableger ISPK vermutet.

Laut Terror-Experte Peter Neumann will die Gruppe damit die Vorherrschaft innerhalb der IS erlangen.

Im Dezember 2023 wollten sie bereits in Köln und Wien mit spektakulären Anschlägeversuchen auf Zivilisten auf sich aufmerksam zu machen.

Dass die Attentäter sich für den Anschlag bezahlen liessen bezweifelt Neumann.

Beim Terroranschlag am Freitag auf einen Konzertsaal bei Moskau sind mindestens 137 Menschen ums Leben gekommen. Den Anschlag hat die Terrormiliz IS, Islamischer Staat für sich reklamiert. Vier Tadschiken wurden Festgenommen. Ob es tatsächlich die Täter sind, ist laut Experte Wesley Van Drongelen aber fraglich: «Es könnte sich auch um Personen handeln, die mit dem Ganzen nur wenig oder gar nichts zu tun haben.»

Es gibt Vermutungen, dass die Ableger-Terrorgruppe ISPK auch «IS Khorasan» genannt, den Anschlag verübt haben könnte. Im westlichen Europa war diese Gruppe bislang noch relativ unbekannt. Terror-Experte Peter Neumann befasst sich schon länger mit ihr und beantwortet die wichtigsten Fragen:

Herr Neumann, wieso haben die meisten noch nie von dieser Terrorgruppe gehört?

Das liegt daran, dass die Terrorgruppe bislang vor allem in Afghanistan Anschläge verübte, wo die Gruppe 2014 entstand. Nach weiteren Attentaten in muslimischen Ländern wie Iran oder der Türkei ist Russland nun das erste nicht muslimische Land. Die ISPK ist somit in den Fokus der Öffentlichkeit gerutscht.

Warum nun Russland?

Russland ist seit vielen Jahrzehnten mit dem IS im Konflikt, der in Afghanistan in den 80er-Jahren seinen Ursprung hatte. In den 90er- und 00er-Jahren folgte im Kaukasus der Tschetschenienkrieg. Im Syrien-Krieg in den 2010er-Jahren unterstützte Putin den Machthaber Assad im Kampf gegen die IS-Rebellen. Die ISPK ist einer von vielen Ablegern des IS und rekrutiert Kämpfer in der historischen Region Khorasan, die neben Afghanistan und dem Iran auch viele ehemalige Sowjetrepubliken wie Usbekistan, Turkmenistan und Tadschikistan umfasst. Viele IS-Kämpfer aus diesen Ländern haben wegen der Sowjetunion-Vergangenheit immer noch einen Hass auf Russland. Ihre Kampagne gilt aber nicht nur Russland.

Wie meinen Sie das?

Die Terrorgruppe hat ganz Europa im Visier. Im Dezember 2023 konnten glücklicherweise ihre geplanten Anschläge auf den Kölner Dom und den Wiener Stephansdom rechtzeitig vereitelt werden. Durch spektakuläre Anschläge auf Zivilisten aus nicht muslimischen Ländern versucht sich die ISPK nun selbst so berühmt zu machen, dass man sie als Führungsgruppe im IS wahrnimmt. Mit dem Terrorakt im Moskauer Konzertsaal mit hunderten Toten sind sie dem Ziel, sich als stärkste Gruppe zu etablieren, nun tragischerweise näher gekommen.

Stunden nach dem Anschlag in Moskau kam es zur ersten Verhaftung.

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Wie gelang die Gruppe an Mittel und Geld, um so einen Anschlag durchführen zu können?

Das liegt vor allem am afghanischen Anführer Shahab al-Muhajir, der sich selbst als Emir der Provinz Khorasan tituliert. Der 29-Jährige hat die benötigten Kontakte im Ausland, um so einen Anschlag durchzuführen. Ausserdem ist es für die ISBK in den ehemaligen Sowjetrepubliken ein Leichtes, Kämpfer zu rekrutieren. Vor allem Tadschiken sind aufgrund schlecht bezahlter Jobs verletzlich und leicht beeinflussbar, um sie von ihren eigenen Ideologien zu überzeugen. Das Geld stammt wahrscheinlich aus Steuereintreibungen aus den von der ISPK kontrollierten Dörfern in Afghanistan. Vielfach beziehen solche Gruppen ihre Einkünfte auch aus der Kriminalität wie beispielsweise dem Schwarzhandel.

Der 29-jährige Anführer des ISPK, Shahab al-Muhajir und selbsternannter «Emir von Khorosan». Seit 2020 führt der Afghane die Terrormiliz an.

rewardsforjustice

Bei IS-Angriffen begehen die Täter normalerweise ein Selbstmordattentat. Warum liessen sie sich in Moskau verhaften?

Sogenannte Kommandooperationen wie in Moskau sind tatsächlich unüblich für den IS und seine Ableger. Bei solchen Operationen kämpft man, bis man von den Sicherheitskräften erschossen wird oder man versucht noch rechtzeitig zu fliehen. Das war beispielsweise beim IS-Anschlag 2016 auf dem Breitscheidplatz in Berlin der Fall. Da hat der Attentäter auch den Anschlag durchgeführt, ist geflüchtet und wurde erst drei Tage später gefasst und erschossen.

Die Täter liessen sich offenbar bezahlen. Auch das scheint eher unüblich für IS-Kämpfer?

Ich bin da eher skeptisch, ob das wirklich stimmt, es ist ja nur eine Aussage der Täter. So etwas sagen Attentäter gerne, wenn sie geschnappt und gefoltert werden. Damit wollen sie signalisieren, dass sie keine religiösen Fanatiker sind und erhoffen sich eine mildernde Strafe.

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