„Babylon – Rausch der Ekstase“ von Damien Chazelle ...
In „Babylon – Rausch der Ekstase“ mit Margot Robbie und Brad Pitt erzählt Regisseur Damien Chazelle von den Anfängen der Filmindustrie in Hollywood, von exzessiven Partys, anarchischen Dreharbeiten und vom Einzug des Tonfilms, der plötzlich alles änderte. Ein ambitioniertes 80 Millionen teures Projekt mit Höhen und Tiefen.
Laute Jazzmusik, schrille Kostüme, schwitzende Körper in orgiastischen Verrenkungen – schon in der ersten halben Stunde wirft sich der Film so hemmungslos in eine Party von überbordender Dekadenz, dass man sich fragt, was in den nächsten zweieinhalb Stunden eigentlich noch kommen soll.
Doch das Tempo bleibt zunächst hoch, genauso wie die Schauwerte. „Babylon – Rausch der Ekstase“ taucht ein in das glitzernde Hollywood der 20er Jahre.
Die Filmleute sind angetrieben von Drogen, der Gier nach Ruhm und der Sehnsucht nach etwas, das ihr Leben überstrahlt. So wie die mittellose aber ambitionierte Nellie, die einfach spürt, dass sie das Zeug zum Kinostar hat oder der junge Mexikaner Manuel, der sich vom Boy für alles zum Filmproduzenten hocharbeitet.
Ohne stringente Handlung folgt der Film den beiden zunächst bei ihrem Aufstieg in der Filmindustrie. Ganz oben angekommen ist bereits Schauspieler Jack Conrad. Noch ahnt er nicht, dass seine Tage als Stummfilmstar gezählt sind.
Das Hollywood in Damien Chazelles „Babylon“ ist noch keine glamouröse Filmstadt mit großen Studios. Es ist der Wilde Westen.
Weil es kein Kunstlicht gibt, dreht man die Stummfilme draußen, in den staubigen Bergen um Los Angeles herum. Wie Jahrmarktbuden sind die Filmsets nebeneinander aufgebaut: Western, Liebesschnulze, Historiendrama – alles findet gleichzeitig auf engstem Raum statt und natürlich völlig analog.
Regisseur Damien Chazelle malt diese kreative Anarchie mit großer Freude am Detail aus. Und schildert dann, wie die große Freiheit untergeht, als der Tonfilm Einzug hält.
Die Produktionen ziehen ins Studio um. Plötzlich müssen jeder Schritt und jedes Wort sitzen. Auch das gesellschaftliche Klima wandelt sich in den 30ern. Aus dem Sündenpfuhl Hollywood wird eine Moralanstalt, in der alles gesittet zugehen muss – zumindest an der Oberfläche.
Tief im Unterbauch der Gesellschaft treiben die animalischen Triebe immer bizarrere Blüten, wie eine verstörende Szene kurz vor Ende zeigt.
Chazelles Film basiert auf dem Kultbuch „Hollywood Babylon“ von Kenneth Anger. Chazelle greift viele der verrücktesten Episoden aus dieser Chronique scandaleuse auf und fragt nach dem menschlichen Preis, den der schöne Schein kostet.
Alle Hauptfiguren werden von der Maschine Hollywood ganz nach oben getragen und zerstört ausgespuckt. Sensationell Margot Robbie als selbstzerstörerisches Energiebündel Nellie, schön melancholisch Brad Pitt als alternder Stummfilmstar.
„Babylon“ überwältigt, unterhält und schockiert, zum Ende hin zieht sich der Film allerdings auch ziemlich. Und das, was er als die Magie des Kinos so bildreich beschwört, das gemeinschaftliche Berührtwerden von Momenten großer Kunst, geht in dem Getöse völlig unter.
Sehenswert ist der Film dennoch: ein mitreißender Rausch über eine Zeit, als der Film noch ein riesiges Abenteuer war – mit allen Höhen und Tiefen.