1947–2024: O. J. Simpson ist tot

20 Tage vor

1947–2024

Der ehemalige Footballstar O. J. Simpson ist im Alter von 76 Jahren an einer Krebserkrankung gestorben. Das teilte seine Familie am Donnerstag mit. Nach seiner Sportkarriere hatte er unter anderem als Hollywood-Schauspieler Erfolg. Doch größte Bekanntheit erlangte er im Zuge eines aufsehenerregenden Mordprozesses Mitte der 1990er Jahre. Simpson wurde in dem Prozess zwar vom Mord an seiner zweiten Ehefrau und deren Freund freigesprochen, in einem späteren Zivilverfahren aber für deren Tod haftbar gemacht.

O.J. Simpson - Figure 1
Foto ORF

Online seit heute, 16.54 Uhr

Simpson war in den 1970er Jahren gefeierter Footballspieler. 1985 wurde er in die NFL Hall of Fame aufgenommen. Nach seiner Karriere als Runningback nutze er seinen Status als Sportstar für eine Karriere als Sportmoderator, Werbetestimonial und Hollywood-Schauspieler. Im deutschsprachigen Raum war er vor allem für seine Rolle des Detective Nordberg in der „Nackten Kanone“-Reihe bekannt. Mitte der 1990er Jahre aber zerbrach die heile Welt.

Im Juni 1994 wurden seine Ex-Frau Nicole Brown Simpson und ihr Freund Ronald Goldman erstochen vor ihrem Haus in Los Angeles aufgefunden. Die Polizei machte Simpson schnell als Verdächtigen aus. Er wurde aufgefordert, sich der Polizei zu stellen, floh aber gemeinsam mit einem ehemaligen Teamkollegen vor den Beamten in seinem weißen Ford Bronco. Nach einer – live im Fernsehen übertragenen – Verfolgungsjagd durch Los Angeles wurde Simpson schließlich in seiner Villa gestellt und wegen Mordes angeklagt.

On April 10th, our father, Orenthal James Simpson, succumbed to his battle with cancer.

He was surrounded by his children and grandchildren.

During this time of transition, his family asks that you please respect their wishes for privacy and grace.

-The Simpson Family

— O.J. Simpson (@TheRealOJ32) 11. April 2024
Prozess ging in Geschichte ein

Der folgende Prozess sollte als einer der aufsehenerregendsten in die US-Geschichte eingehen. Simpson hatte sich von Anfang an zu „100 Prozent unschuldig“ erklärt. Von einem riesigen medialen Zirkus begleitet ließ er sich von einem „Dream-Team“ von ausgewählten Anwälten verteidigen. Obwohl viele Indizien gegen Simpson sprachen, sprach ihn die zwölfköpfige Jury am 3. Oktober 1995 frei. Breit medial diskutiert wurde, dass das Gremium aus zehn Frauen und zwei Männern mehrheitlich mit afroamerikanischen Personen besetzt gewesen war. Wie über dem ganzen Prozess der Vorwurf des Rassismus schwebte.

O.J. Simpson - Figure 2
Foto ORF
Die ganzen 1970er über war Simpson ein gefeierte NFL-Spieler

Die Staatsanwaltschaft argumentierte, Simpson habe Nicole aus Eifersucht getötet, und legte umfangreiche Blut-, Haar- und Fasertests vor, die Simpson mit den Morden in Verbindung brachten. Die Verteidigung konterte, dass der prominente Angeklagte von der rassistischen weißen Polizei reingelegt wurde. Viele Afroamerikanerinnen und Afroamerikaner feierten den Freispruch, da sie Simpson als Opfer der bigotten Polizei sahen. Viele weiße Amerikaner waren über seinen Freispruch entsetzt.

Handschuh als ein Wendepunkt

Eindrückliche und bis heute wirkende Aufnahmen lieferte ein Versuch der Staatsanwaltschaft, ein Beweisstück mit Simpson in Verbindung zu bringen. Sie wiesen den Angeklagten an, einen blutverschmierte Handschuh anzuprobieren, der am Tatort gefunden worden war. Die Anklage gab sich überzeugt, das Stück müsste Simpson perfekt passen und so einen Beweis für seine Schuld liefern. Schon geradezu theatralisch mühte sich Simpson daraufhin ab, sich den Handschuh überzuziehen, und demonstrierte den Geschworenen, dass er ihm nicht passte.

Viele Beobachter sahen in der Handschuhszene den entscheidenden Wendepunkt im Prozess

Einer von Simpsons prominenten Strafverteidigern, Johnnie Cochran, griff in seinem Schlussplädoyer noch einmal auf die Szene zurück und forderte die Geschworenen in einem Reim zum Freispruch auf: „If it doesn’t fit, you must acquit“ (dt.: „Wenn er nicht passt, müssen Sie freisprechen“). Der Prozess beschäftigte Amerika jedenfalls quer durch alle Bevölkerungsschichten. Sogar der damalige US-Präsident Bill Clinton verließ während der Urteilsverkündung das Oval Office und verfolgte den Freispruch auf dem Fernseher seiner Sekretärin.

Schadenersatzurteil durch Zivilgericht

Nach seinem Freispruch gab Simpson an, er werde alles in seiner Macht stehende tun, um den oder die Mörder ausfindig zu machen. „Ich würde, könnte und habe niemanden getötet“, so Simpson. Die Familien der beiden Mordopfer gaben sich mit dem Urteil aber nicht zufrieden. Sie strengten einen zivilrechtlichen Prozess wegen widerrechtlicher Tötung gegen Simpson an. 1997 befand eine überwiegend weiße Jury in Santa Monica, Kalifornien, dass Simpson für die beiden Todesfälle zur Verantwortung zu ziehen sei, und verurteilte ihn zur Zahlung von 33,5 Millionen Dollar Schadensersatz.

O.J. Simpson - Figure 3
Foto ORF
Aufregung über Buch

Simpson weigerte sich allerdings über Jahre, die Summe an die Hinterbliebenen zu zahlen und sorgte nicht ganz zehn Jahre später noch einmal selbst dafür, dass die Tat und er in die Medien kamen. In dem Buch „If I Did It“ beschrieb er, wie er als möglicher Mörder agiert hätte und was er dabei empfunden hätte.

Die Buchveröffentlichung rief nicht zuletzt bei den Hinterbliebenen Empörung hervor. Sie versuchten, die Veröffentlichung zu verhindern, profitierten am Ende aber zumindest finanziell davon. Ein Richter sprach der Familie Goldman die Rechte an dem Buch zu, das schließlich um ausführliche Kommentare ergänzt gedruckt wurde. 90 Prozent der Erlöse gingen an die Hinterbliebenen von Goldman, zehn Prozent an die Familie von Brown Simpson.

Neun Jahre Haft wegen Überfalls

Bereits zuvor waren – um den Schadenersatz zu begleichen – einige von Simpsons Besitztümern, darunter auch Erinnerungsstücke aus seiner Footballzeit, beschlagnahmt und versteigert worden. Augenscheinlich sehr zum Missfallen Simpsons. Gemeinsam mit mehreren Komplizen drang er 2007 bewaffnet in ein Hotelzimmer in Las Vegas ein und zwang zwei Sammler von Fanartikeln, ihm persönliche Erinnerungsstücke zu geben. Wegen bewaffneten Raubes und Körperverletzung wurde er im Jahr darauf zu einer Haftstrafe von 33 Jahren verurteilt. 2017 gab ein Begnadigungsausschuss Simpsons Gesuch auf frühzeitige Entlassung nach – auch weil ihn eines der beiden Opfer des Überfalls hinsichtlich des Vorwurfs des Waffeneinsatzes entlastete.

Nach neun Jahren Haft wurde Simpson 2017 auf Bewährung entlassen

In einem emotionalen Plädoyer hatte auch Arnelle Simpson, die älteste Tochter Simpsons, vor dem Bewährungsgremium um die Entlassung ihres Vaters gebeten. „Die Menschen können sich nicht vorstellen, was wir in den letzten neun Jahren durchgemacht haben“, sagte die 48-Jährige. „Wir wollen einfach nur, dass er nach Hause zu seiner Familie kommt.“ Simpson kam schließlich auf Bewährung frei, 2021 wurden ihm dann auch die Bewährungsauflagen erlassen. Simpson war zweimal verheiratet und hatte fünf Kinder. Nach seiner Entlassung lebte er zurückgezogen in Las Vegas fernab der Öffentlichkeit.

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