Russlands „Vorzeigestadt“: Deutsche Unternehmen bauen für Putin ...

5 Apr 2024
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Stand: 04.04.2024, 11:49 Uhr

Von: Amy Walker

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Zwei Jahre nach der Belagerung wird Mariupol von Russland wiederaufgebaut. Doch deutsche Firmen stehen im Fokus der Beteiligung - trotz Sanktionen.

Berlin/Mariupol – Es sind nun zwei Jahre vergangen, seitdem die ukrainische Hafenstadt Mariupol von Russland belagert und bis zur Unkenntlichkeit zerstört wurde. Einst war Mariupol eine von fast einer halben Million Menschen bewohnte Kulturstadt. Heute wird sie vom ehemaligen Angreifer wieder aufgebaut, mit dem Ziel, eine russische Musterstadt zu schaffen. Wladimir Putin, der Machthaber in Moskau, besuchte kürzlich persönlich Mariupol, um sich ein Bild vom Fortschritt des Wiederaufbaus zu machen.

Doch es gibt nun schockierende Enthüllungen über die Mitwirkung deutscher Unternehmen am Wiederaufbau von Mariupol. Untersuchungen des ARD-Magazins Monitor haben ergeben, dass insbesondere zwei Firmen trotz Sanktionen für die Propaganda Putins instrumentalisiert werden.

Baufirmen am Wiederaufbau von Mariupol beteiligt

Im Mittelpunkt der Recherche stehen zwei Baufirmen. Einerseits der Gipshersteller Knauf, der seinen Hauptsitz in Iphofen in Franken hat, aber weltweit tätig ist und auch eine Niederlassung in Russland unterhält. Laut Monitor sind immer noch 4000 Mitarbeiter von Knauf in Russland tätig.

Die zweite Firma, die im Fokus steht, ist die in Nordrhein-Westfalen ansässige WBK Systems GmbH, die ebenfalls eine Niederlassung in Russland hat und sich auf die Ausstattung von Unternehmen zur Herstellung von Baumaterialien spezialisiert hat. Beide Unternehmen sollen in Mariupol für Russland tätig sein. Die WBK Systems GmbH hat nicht auf die Anfrage von Monitor nach einer Stellungnahme reagiert; die Knauf Gruppe erklärte lediglich, dass sie in Russland für Russland produziere, was die Sanktionen nicht verletze.

Ukraine-Konflikt - Mariupol

In Mariupol und der gesamten Ukraine werden Kriegsverbrechen gezählt. © Evgeniy Maloletka/AP/dpa

Ein von der ARD befragter Sanktionsexperte äußerte jedoch: „Die Vorstellung, wenn ich mich mit einer Tochtergesellschaft in Russland nur im russischen Bereich, nur auf den russischen Territorien bewege, dass dies sozusagen sanktions-unerheblich sei, das ist ein absoluter Mythos und könnte nicht weiter weg sein von der Realität.“

Umfangreiche Sanktionen der EU gegen Russland

Die Sanktionen der EU gegen Russland sind umfangreich. Baustoffe werden nicht explizit von der EU als sanktionierte Güter aufgeführt. Es gibt jedoch mehrere Bereiche, die von den Sanktionen betroffen sind und unter die die Aktivitäten von Knauf und WBK Systems GmbH fallen könnten. Zum Beispiel: „Um den Druck auf die Industriekapazität Russlands noch weiter zu erhöhen, hat die EU im Oktober 2022 beschlossen, die Palette der Dienstleistungen, die nicht mehr für Russland erbracht werden dürfen, auf IT-Beratung, Rechtsberatung sowie Architektur- und Ingenieurdienstleistungen auszuweiten“. Darüber hinaus ist der Export von Waren nach Russland, die „die die russischen Industriekapazitäten stärken könnten“, verboten.

Alles, was dem russischen Militär in irgendeiner Weise zugutekommen könnte, ist ebenfalls verboten. Da der Wiederaufbau von Mariupol derzeit teilweise direkt vom russischen Verteidigungsministerium finanziert wird, fallen auch die Aktivitäten der beiden deutschen Unternehmen unter die Sanktionen.

Viele deutsche Unternehmen sind noch in Russland aktiv

In Deutschland und der EU gibt es immer wieder Berichte über Unternehmen, die trotz allem noch in Russland aktiv sind. Eine Studie der Organisation B4Ukraine ergab Anfang Februar 2024, dass noch immer etwa zwei Drittel der vor dem Krieg im Land tätigen Unternehmen weiterhin Geschäfte in Russland machen. Deutschland ist laut B4Ukraine auch einer der größten ausländischen Steuerzahler in Russland.

Zu diesen Unternehmen gehört auch der Pharmakonzern Bayer, der seine Präsenz in Russland in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung wie folgt rechtfertigte: „Der Zivilbevölkerung wesentliche Gesundheits- und Landwirtschaftsprodukte vorzuenthalten, würde die Zahl an Menschenleben, die dieser Krieg fordert, nur vervielfachen.“

Im Jahr 2023 schrumpfte der deutsche Handel mit Russland aufgrund der Sanktionen gegen Russland um drei Viertel auf 12,6 Milliarden Euro. Der Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft berichtete, dass der Handel mit Russland im vergangenen Jahr einen historisch beispiellosen Rückgang von 75 Prozent verzeichnete. Dies ist vor allem auf den Rückgang der Energieimporte wie Öl und Gas zurückzuführen.

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