In Riad gnadenlos ausgepfiffen: Die Wut der Saudis ist für Toni ...

13 Feb 2024
In Riad gnadenlos ausgepfiffen Die Wut der Saudis ist für Toni Kroos pure Bestätigung

Von Stephan Uersfeld, Leipzig 13.02.2024, 11:35 Uhr

Toni Kroos - Figure 1
Foto n-tv NACHRICHTEN

Im Januar wird Toni Kroos bei jedem Ballkontakt während des Supercopa in Riad gnadenlos ausgepfiffen. Er hat das Königreich zuvor kritisiert. Für ihn sind die Pfiffe Bestätigung. Die Verflechtungen der spanischen Liga mit Saudi-Arabien sind immens. Deutsche Fans warnen vor ähnlichen Zuständen in der Bundesliga.

Weltmeister Toni Kroos hat sich zu den Pfiffen gegen ihn beim spanischen Supercopa in Saudi-Arabien geäußert. Der 34-jährige Mittelfeldspieler war Anfang des Jahres bei dem in Al-Awwal Stadium in der saudischen Hauptstadt Riad ausgetragenen Turnier von den Zuschauern bei jedem Ballkontakt ausgepfiffen worden. Beim Halbfinale war auch eine Schweigeminute für den kurz zuvor verstorbenen Franz Beckenbauer niedergepfiffen worden. Der Grund dafür war nicht zu identifizieren.

Der Grund für die Pfiffe gegen Kroos hingegen schon. Sie zogen sich von seiner Einwechslung im Halbfinale gegen Atlético Madrid in der 67. Minute bis zur Siegerehrung nach dem Finalsieg gegen den FC Barcelona. Auslöser waren Kroos' kritische Worte in Richtung Saudi-Arabien im vergangenen Sommer.

"Für mich war es die Bestätigung, dass ich alles richtig gesagt habe. Auch in den Interviews", sagte Kroos darauf angesprochen auf der Pressekonferenz vor dem Achtelfinal-Hinspiel in der Champions League bei Real Madrid.

In Riad lacht Kroos kurz

Bereits nach dem Spiel gegen Atlético Madrid hatte der in den Sozialen Medien bewanderte ehemalige und vielleicht auch wieder zukünftige DFB-Star die Pfiffe gegen ihn ironisch kommentiert. "Das hat Spaß gemacht heute", schrieb er auf Englisch bei X: "Tolle Zuschauer."

Nach dem 4:1 gegen Barcelona im Finale fingen ihn die TV-Kameras vor der Siegerehrung ein. Die Bilder wurden offenkundig auch im Stadion übertragen. Sofort waren wieder laute Pfiffe und Buhrufe wahrnehmbar. Für kurze Zeit verschwand der Ernst aus Kroos' Gesicht, er grüßte das Stadion und grinste. Sein Trainer, Carlo Ancelotti, hatte noch in Saudi-Arabien sein Unverständnis für die Pfiffe geäußert. "Ich verstehe die Pfiffe nicht. Ich verstehe die wirklich nicht", hatte er gesagt: "Und ich glaube, Kroos auch nicht."

Toni Kroos - Figure 2
Foto n-tv NACHRICHTEN
Warum die Saudis pfiffen

Hintergrund der Pfiffe waren wiederholte Aussagen von Kroos zu den Transferaktivitäten Saudi-Arabiens im vergangenen Sommer. Der deutsche Weltmeister hatte im vergangenen August den Transfer des jungen spanischen Spielmachers Gabri Veiga zu Al-Ahli kritisiert. In den sozialen Medien hatte er diesen unter einem Post des Transfer-Journalisten Fabrizio Romano als "peinlich" bezeichnet.

Vorher hatte er bereits in seinem Podcast "Einfach Mal Luppen" die damalige Transferflut in Richtung Saudi-Arabien kritisiert. "Alle gehen wegen des Geldes dorthin", hatte er gesagt und die Entwicklung eine "Gefahr für den Fußball" genannt. "Das ist ein unfassbar schlechtes Vorbild für ganz viele junge Jugendspieler, dass da Geld die Motivation ist."

Spaniens Verbindungen mit Saudi-Arabien

Der spanische Supercopa wird mit Ausnahme des Corona-Jahres 2021 seit 2019 in Saudi-Arabien ausgetragen. Die spanische Liga ist auf zahlreichen Ebenen mit Saudi-Arabien, der aufstrebenden Macht im Weltfußball, verstrickt. Neben den weit über 100 Millionen Euro, die der Supercup dem spanischen Verband einbringt, ist auch der Investor CVC Capital Partners mit der Liga verbunden.

Das vom saudischen Staatsfonds PIF mitfinanzierte Unternehmen aus der Private-Equity-Branche hat 2,7 Milliarden Euro in La Liga gesteckt. CVC soll auch bei der Deutschen Fußball-Liga (DFL) ein Kandidat bei der Investorensuche sein. Da auch der zweite Kandidat, Blackstone, vom PIF mitfinanziert wird, richten sich die seit Wochen in den deutschen Stadien aufflammenden Proteste gegen den Einstieg eines Investors auch gegen die beiden möglichen Investoren.

Der Protest der deutschen Fans

Die Fans in Deutschland halten dies für ein "schmutziges" Investment. "DFL-geprüfte Investoren: mitfanziert vom saudischen Blutgeld", war auf einem Banner bei dem zwischenzeitlich vor dem Abbruch stehenden Bundesliga-Spiel zwischen Union Berlin und VfL Wolfsburg zu lesen.

Auch andere Fanszene der ersten und zweiten Liga haben sich in den vergangenen Wochen laut gegen die Investoren ausgesprochen. In Hamburg, beim Spiel HSV gegen Hannover 96, nahmen die Gästefans neben dem Mehrheitseigner des eigenen Klubs, Martin Kind, auch die beiden CEOs von CVC, Alexander Dibelius und Blackstone, Stephen Schwarzman, ins Visier.

Saudi-Arabien ist der designierte Gastgeber der FIFA Fußball-Weltmeisterschaft 2034. Die Vergabe soll noch in diesem Jahr offiziell gemacht werden. Die Kritik aus offiziellen Kreisen des deutschen Fußballs hält sich bislang sehr in Grenzen. In einem Interview mit der "Neuen Westfälischen" hatte DFB-Präsident Bernd Neuendorf das Königreich zuletzt als "echtes Fußballland" bezeichnet.

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