Geldstrafe für Abou-Chaker: Das Urteil kam einer Abrechnung mit ...

Der Berliner Clanchef Arafat Abou-Chaker ist am Montag in dem seit dreieinhalb Jahren laufenden Strafprozess gegen ihn in allen wesentlichen Punkten freigesprochen worden. Er wurde vom Landgericht Berlin nur zu 90 Tagessätzen à 900 Euro Geldstrafe verurteilt, weil er in 13 Fällen Gespräche heimlich mit dem Handy aufgenommen hatte. Das hatte er gestanden. Insgesamt muss er also 81.000 Euro zahlen.

Sein Bruder Yasser Abou-Chaker wurde wegen einer falschen Versicherung an Eides statt in einem Sorgerechtsstreit verurteilt, aber unter anderem wegen der langen Prozessdauer nicht bestraft. Die beiden anderen mitangeklagten Brüder wurden freigesprochen. Die Staatsanwältin hatte mehr als vier Jahre Haft für Arafat Abou-Chaker gefordert, vor allem weil er den Rapper Bushido eingesperrt, bedroht, erpresst und verletzt habe, als dieser sich geschäftlich von ihm trennen wollte.

Abrechnung mit Bushido

Die Urteilsbegründung des Richters kam einer Abrechnung mit dem Nebenkläger und wichtigsten Zeugen Bushido gleich. Zunächst erklärte der Richter, dass Abou-Chaker für den von der Staatsanwaltschaft erhobenen Vorwurf der räuberischen Erpressung hätte erkennen müssen, dass er keine Ansprüche gegenüber seinem damaligen Geschäftspartner Bushido gehabt habe. Der habe aber selbst ausgesagt, dass er davon ausgegangen sei, Zahlungen gegenüber Abou-Chaker leisten zu müssen. Streit hätte es lediglich über die Höhe gegeben. 

Im Rahmen dieses Streits soll es laut Bushido im Januar 2018 zu einem Treffen in Abou-Chakers Büro gekommen sein, bei dem er eingesperrt, bedroht, erpresst, beleidigt und verletzt worden sei. Der Richter sagte dazu zunächst, dass nicht nachweisbar gewesen sei, dass Abou-Chaker hätte erkennen können, dass Bushido das Büro verlassen wollte. Im Gegenteil habe ein Zeuge, der bei dem Treffen dabei war, Bushido sogar angeboten, ihn nach draußen zu begleiten. Dieses Angebot habe dieser nicht wahrgenommen.

Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Rappers

Grundsätzlich äußerte der Richter dann Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Rappers: „Die Aussage-Entstehung von Bushido regt zum Nachdenken an.“ Er sei nach dem Treffen in dem Büro zunächst in den Urlaub geflogen, nach seiner Rückkehr habe er bei mehreren Treffen dann weiter „auf Augenhöhe“ mit Abou-Chaker über die Trennung verhandelt. Bei einem Treffen in einem Restaurant verneinte Bushido dabei sogar auf dessen Nachfrage, von Abou-Chaker geschlagen worden zu sein. Dass er dies nur aus Sorge vor einer Eskalation getan habe, sei wegen der großen Aufmerksamkeit in dem Restaurant nicht nachvollziehbar, sagte der Richter.

Im April 2018 habe Bushido dann einem Anwalt von dem Streit mit Abou-Chaker berichtet, dabei aber immer noch nicht die angeblichen Angriffe mit einer Flasche und einem Stuhl in dem Büro erwähnt, von denen er dann erst im Januar 2019 bei der Polizei berichtete. Dabei habe er schon im Herbst 2018 bei der Polizei gemeldet, dass er vor einem Angriff durch Abou-Chaker auf seine Familie gewarnt worden sei. Es sei nicht nachvollziehbar, dass er dabei den angeblichen Angriff nicht erwähnt habe.

Staatsanwältin will Revision prüfen

Der Richter erwähnte auch, dass die Aussagen von Bushido teilweise wortgleich in einer seiner Fernsehdokumentationen zu hören gewesen seien. „Das war also gut vorbereitet und durchdacht.“ Grundsätzlich ließen sich Gründe für eine möglicherweise übertriebene Aussage finden: So hätte Bushido sich eine bessere Ausgangslage für die Trennung von Abou-Chaker oder für zivilrechtliche Auseinandersetzungen erhoffen können. 

Bushidos Frau hatte vor Gericht versucht, die Version ihres Mannes zu stützen. Sie sagte zum Beispiel aus, dass sie nach dem Treffen in dem Büro im Januar 2018 einen roten Fleck auf Bushidos Wange gesehen habe. Nach dem angeblichen Übergriff auf ihren Mann habe sie sich zwar bei der Polizei gemeldet, dort aber „nur Allgemeinheiten“ berichtet, sagte der Richter jetzt. Bei ihrer Aussage habe sie sich außerdem widersprochen: Mal soll ihr Mann von Abou-Chaker mit einer Plastikflasche beworfen, mal damit geschlagen worden sein. Insgesamt sei ihre Aussage von einer „überbordenden Belastungstendenz“ gekennzeichnet gewesen, deswegen könnte diese die Angaben von Bushido nicht mit der erforderlichen Sicherheit stützen, schloss der Richter. Sie habe noch vor Gericht damit gedroht, die Brüder „in den Knast zu bringen“. 

Arafat Abou-Chaker soll eine Entschädigung für eine wegen der Vorwürfe verhängte Untersuchungshaft vom 15. bis zum 31. Januar 2019 erhalten. Dasselbe gilt für seinen Bruder Yasser, der vom 18. Mai bis 16. Dezember 2020 in Haft saß.

Die Staatsanwältin zeigte sich enttäuscht von dem Urteil. Sie werde eine Revision prüfen.

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