Arnold Schwarzenegger wäre doch der ideale US-Präsident

«Arnie» for President: Arnold Schwarzenegger würde seinen eigenen amerikanischen Traum liebend gerne mit der Präsidentschaft krönen

Arnold Schwarzenegger - Figure 1
Foto Neue Zürcher Zeitung - NZZ

Der ehemalige Gouverneur Kaliforniens verkörpert nicht nur den amerikanischen Traum. Er steht auch für die Sehnsucht vieler Amerikaner, die Polarisierung des Landes zu überwinden. Wäre er nicht der ideale Präsident der Vereinigten Staaten?

Arnold Schwarzenegger: Kraftprotz, Filmstar, Politiker und alter weiser Mann? Arnold Schwarzenegger.

Beata Zawrzel / Nurphoto / Getty

«Ich würde einen grossartigen Präsidenten abgeben», sagte Arnold Schwarzenegger jüngst dem britischen Sender BBC. Das Land brauche heute einen Visionär im Weissen Haus: «In Washington können die Politiker nicht einmal mehr ein Budget verabschieden.» Wie sollten sie da mit der Migrationskrise, den galoppierenden Gesundheitskosten oder der überalterten Infrastruktur fertigwerden: «Amerika gibt sich vor aller Welt die Blösse!» Über Joe Biden und Donald Trump sagt er: «Beide sind zu alt und haben keine guten Ideen!»

Natürlich, Schwarzenegger ist noch nie mit falscher Bescheidenheit aufgefallen. Dennoch steht er mit seiner Meinung nicht allein da. Drei Viertel der Amerikaner sehen ihr Land auf dem falschen Weg und wollen eine Alternative zu den beiden alten Herren. Biden wirkt zunehmend senil, und Trump sorgt mit seinen Gedankenspielen über eine Diktatur für Panik.

Schwarzeneggers Sympathiewerte hingegen liegen um die 60 Prozent. Nicht dass der 76-Jährige sonderlich jünger wäre, doch er ist populärer als praktisch jede andere Figur in der US-Politik. Amerika mangelt es heute mehr denn je an Geschichten und Ideen, welche die extrem polarisierte Nation wieder zusammenbringen könnten. Schwarzenegger hat eine Lebensgeschichte, die alle bewegt und mitreisst. Er verkörpert den amerikanischen Traum. Danach sehnen sich die Amerikaner.

Einen guten Draht zu Demokraten

Schwarzenegger meint es ernst, wenn er sagt, er könne sein geliebtes Land aus der misslichen Lage befreien. Dies, obwohl er nicht in den USA geboren wurde und deshalb gar nicht antreten darf. In den sozialen Netzwerken ist die Idee – «Arnold for President» – trotzdem populär.

Vorsorglich breitete er sein politisches Programm fürs Weisse Haus schon einmal aus: Schwerpunkt wären ein hartes Vorgehen gegen Kriminelle und ein Ausbau der Sicherheit an der Grenze zu Mexiko. Er selbst mobilisierte als Gouverneur vor fünfzehn Jahren die Nationalgarde von Kalifornien für den Grenzschutz. Gleichzeitig plädiert Schwarzenegger aber für eine grundlegende Einwanderungsreform. Einwanderer, die schon lange in den USA leben, würden Arbeitsvisa erhalten und eingebürgert werden. Schwarzenegger würde sich auch für eine nachhaltige Wirtschaft und die Abkehr von fossilen Energieträgern einsetzen.

Schon als republikanischer Gouverneur hatte er sich mit drastischen Auflagen zur Schadstoffminderung für Motoren und Kraftwerke hervorgetan und damit die nachhaltige Energiepolitik der Demokraten in Kalifornien fortgeschrieben.

Im Gegensatz zu vielen Republikanern hat Schwarzenegger auch keine Angst davor, Trump direkt anzugreifen: Dieser sei der «schlechteste US-Präsident aller Zeiten». Er sagte, für den Sturm auf das Capitol am 6. Januar 2021 sei allein dieser verantwortlich, und schreckte dabei auch nicht vor Polemik zurück, indem er den Angriff mit dem «Kristallnacht»-Pogrom der Nazis vom November 1938 verglich. Schwarzeneggers Vater war ein Nazi, der nach dem Krieg seine eigene Familie terrorisierte.

Doch wäre Schwarzenegger wirklich der richtige Mann fürs Amt? Die passende Persönlichkeit für das Weisse Haus hätte er. Er bringt neben einer grossen Klappe viel Pragmatismus in Sachfragen mit. Dogmatisch ist er allein in seinem felsenfesten Glauben an das Gute und die Grossartigkeit der USA. «Alle meine Leistungen habe ich Amerika zu verdanken.» Als Gouverneur von Kalifornien demonstrierte Schwarzenegger acht Jahre lang, dass er trotz den Feindseligkeiten zwischen Demokraten und Republikanern Kompromisse und Fortschritte erzielen kann.

Seit seiner Kindheit im steirischen Thal hat Schwarzenegger ein unstillbares Verlangen, ein ganz Grosser zu werden. Ihm wurde dabei schnell klar, dass Amerika dafür der beste Ort ist: So stemmte er sich zwischen 1968 und Mitte der 1970er Jahre zum vielfachen «Mister Universe» und «Mister Olympia» im Bodybuilding. Im nächsten Jahrzehnt wurde er in Hollywood zum dominierenden Action-Star.

Dann wollte er sich auch im echten Leben nützlich machen. Durch seine Beziehung und seine Heirat mit Maria Shriver aus dem Kennedy-Clan fand er Gefallen an der Politik, allerdings schlug er sich als grosser Ronald-Reagan-Fan auf die republikanische Seite. Obwohl die Ehe mit Shriver wegen einer Affäre mit seiner Haushälterin 2011 geschieden wurde, ist er mit den Kennedys bis heute verbunden.

Auf dem Höhepunkt seines Ruhms als Actionfilm-Star entschied Schwarzenegger, Gouverneur von Kalifornien zu werden. Er lancierte 2003 seine Kandidatur und versprach mit dem Besen in der Hand einen Grossputz in der Hauptstadt Sacramento. Der Coup gelang. Doch sein grossspuriges Gehabe kam bei den republikanischen Parlamentariern nicht an.

So heuerte er kurzerhand die Demokratin Susan Kennedy als Stabschefin an. Nicht mit dem berühmten Clan verwandt, dafür links und lesbisch, war sie eine erfahrene Strippenzieherin in der kalifornischen Politik. Sie half Schwarzenegger geschickt, seine Reformideen umzusetzen und sich als ernsthafter Politiker zu etablieren. Einige gute Ideen stammen aber auch von ihm. Wie etwa das Rauchzelt. Schwarzenegger liess nach der Einführung des Rauchverbots im Capitol-Gebäude im Innenhof ein geräumiges Zelt mit Bar, bequemen Sesseln und Aschenbechern aufschlagen. Dort kamen bald Vertreter beider Parteien auf eine Zigarre mit dem «Governator» vorbei. Sie heckten dabei gemeinsam Deals aus. Als vorläufig letzter Republikaner in der demokratischen Hochburg gewann Schwarzenegger das Amt 2006 mit 55 Prozent bravourös wieder.

Die Bodenhaftung hat er trotz seinen Erfolgen im Sport, im Showbiz und in der Politik und trotz seiner Prahlerei nie verloren. Wahrscheinlich hängt das mit seiner Erkenntnis zusammen, dass er es nie allein geschafft hätte im Land der unbegrenzten Möglichkeiten – wofür er die Amerikaner liebt. Sie hätten ihn mit offenen Armen aufgenommen, erzählt er in Interviews: «Niemand wollte mich bremsen und mir meinen Erfolg nehmen.» Aber bei allem Lerneifer und endlosen Stunden im Kraftraum habe er seinen Aufstieg in den Vereinigten Staaten nur dank Freunden und Mentoren geschafft. «Nennt mich Schnitzel oder Kraut – aber nennt mich auf keinen Fall einen Selfmademan.» Schwarzenegger hat auch eine bescheidene und loyale Seite. Das kommt an.

Schwarzeneggers erster Mentor war allerdings ein Österreicher: Alfred Gerstl. Der 1929 geborene Grazer, dessen Vater Jude war, hatte sich im Krieg Widerstandsgruppen gegen die Nationalsozialisten angeschlossen. Danach machte er in der Politik Karriere. Er war selbst ein Kraftsportler und förderte in den sechziger und siebziger Jahren das Bodybuilding im Land.

Durch seinen Sohn lernte er den 14-jährigen Arnold kennen, den er in seinem Keller trainieren liess. In einem Gespräch, das in den neunziger Jahren geführt wurde, erinnerte sich Gerstl noch lebhaft an den enorm ehrgeizigen und begabten Arnold, der schwer unter seinem gewalttätigen Vater gelitten habe. Beim Training seien Arnold damals die Grausamkeit von Hass und Diskriminierung, aber auch der Wert von Freundschaft und Mitgefühl aufgegangen, erzählte Gerstl. Gerstl finanzierte ihm Reisen nach England und in die USA, wo er den Titel «Mister Universe» gewann. Arnold vergass das nie.

Heute lebt Schwarzenegger zusammen mit vier Hunden, dem Esel Lulu, dem Pony Whiskey und dem Zwergschwein Schnelly. Mit Lulu und Whiskey filmte Schwarzenegger zu Beginn der Pandemie ein anrührendes und humorvolles Video: Leute wie er – sprich: Senioren – müssten besonders diszipliniert sein. Ein Softie ist Arnold gleichwohl nicht geworden, er berät die Amerikaner in Lebensfragen und gilt im Volk als Macher mit Herz. Er hält seit Jahren eine vegane Diät, treibt weiterhin Krafttraining, gönnt sich trotz einem Herzklappenleiden täglich eine Cubano-Zigarre und fährt mit einem dreiachsigen Militärlaster vom Typ Puch-Pinzgauer durch seinen Wintersitz in Sun Valley, Idaho. Vielleicht ist es vor allem Schwarzeneggers positive Einstellung, die ihn so beliebt macht. Wo andere nur Probleme sehen, spricht er von Wegen, um sie zu lösen.

Einwanderer sollen bis ganz nach oben

Auch in der Aussenpolitik vertritt Schwarzenegger eine pragmatische und erfrischend positive Haltung. Natürlich seien China, Iran, Nordkorea und Russland gefährliche Gegner, sagt er: «Aber ich glaube an Koexistenz – an leben und leben lassen.» Jeder Staat habe wirtschaftliche Probleme. Die liessen sich nur durch Kooperation und Dialog lösen – zum Nutzen aller: «Natürlich ist das eine Kunst.» Die beginne mit dem Aufbau persönlicher Beziehungen – wie damals im Rauchzelt.

Schwarzenegger würde seinen eigenen amerikanischen Traum liebend gerne mit der Präsidentschaft krönen. Doch dazu brauchte es eine Verfassungsänderung, die es Zuwanderern wie ihm ermöglichte, sich für das Weisse Haus zu bewerben. Während seiner Zeit als Gouverneur hatten seine Anhänger dazu eine Initiative für ihn aufgegleist. Diesbezüglich hält sich Schwarzenegger im Moment vornehm zurück: «Es wäre doch ein bisschen selbstsüchtig, wenn ich mich jetzt selbst für eine entsprechende Gesetzesänderung starkmachte.»

Schwarzenegger mag heute ein «alter, weisser Mann» sein. Doch wenn einer als Präsident die Vereinigten Staaten von Amerika wieder einen könnte, dann er.

Ein Artikel aus der «NZZ am Sonntag»

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