So groß wie London: Riesiger Eisberg löst sich in der Antarktis vom ...

25 Jan 2023
Antarktis Eisberg abgebrochen

Ein gewaltiger Eisberg von 1550 Quadratkilometern Fläche hat sich am vergangenen Sonntag während einer Springflut vom Festland der Antarktis gelöst. Das berichten Forschende vom British Antarctic Survey (BAS).

Der Koloss, dessen Umfang dem Großraum London entspricht, brach vom 150 Meter mächtigen Brunt-Schelfeis ab, nachdem sich in den letzten Jahren über die gesamte Eisplatte erstreckende Risse entwickelt hatten. Die britischen Glaziologen sprechen dabei von natürlichen Entwicklungen.

Der Eisberg kalbte, nachdem sich der als Chasm-1 bekannte, bei seiner ersten Beobachtung deutlich kürzere Riss vollständig durch das Schelfeis gearbeitet hatte, berichten die Forschenden. Als Kalben wird das Abbrechen größerer Eismassen von im Meer oder in Binnengewässern endenden Gletschern bezeichnet. Der jetzige Abbruch ist demnach das zweite große Kalben in diesem Gebiet in den letzten zwei Jahren. BAS-Forschende hatten das Wachstum solcher riesigen Risse im Eis vor etwa zehn Jahren entdeckt.  

1550

Quadratkilometer beträgt die Ausdehnung des betroffenene Eisbergs.

Überrascht waren die Wissenschaftler:innen von dem Ereignis nicht: „Dieses Kalbungsereignis wurde erwartet und ist Teil des natürlichen Verhaltens des Brunt-Schelfeises“, erklärte der BAS-Glaziologe Dominic Hodgson. Auch stehe der Vorfall eher nicht im Zusammenhang mit dem Klimawandel. „Es gibt keine Beweise dafür, dass der Klimawandel eine bedeutende Rolle gespielt hat“, so Hodgson. 

Es gibt keine Beweise dafür, dass der Klimawandel eine bedeutende Rolle gespielt hat.

Dominic Hodgson, Glaziologe der British Antarctic Survey (BAS)

Auch sehen die Expert:innen keinen Zusammenhang mit den schnellen Kalbungsereignissen auf dem Larsen-C-Schelfeis, das zum Zeitpunkt seines Zusammenbruchs im Jahr 2017 ausgedehnte Flächen von Oberflächenschmelzwasser aufwies. Das Entstehen von Eisbergen ist ein natürlicher Prozess, der allerdings durch die Erderwärmung erheblich beschleunigt werden kann.

Vor zwei Jahren war in der Region des Brunt-Schelfeises bereits ein ähnlich großer Eisberg abgebrochen. Auf dem Schelfeis befindet sich die britische Forschungsstation Halley VI, von der aus Glaziologen seit Jahren die Ausdehnung riesiger Risse im Eis beobachten. „Unsere wissenschaftlichen und operativen Teams überwachen das Schelfeis weiterhin in Echtzeit, um sicherzustellen, dass die Forschung in Halley aufrechterhalten werden kann“, so Hodgson. Der Bereich des Schelfeises, in dem sich die Forschungsstation befindet, sei von den jüngsten Kalbungsereignissen unberührt geblieben.

Die Auswirkungen solcher Abbrüche sind allerdings unvorhersehbar. Im Jahr 2016 wurde die Halley Research Station als Vorsichtsmaßnahme 23 Kilometer landeinwärts verlegt. Damals hatte der Chasm-1-Riss begonnen, sich zu erweitern. Die Forschungsstation war in den letzten sechs Wintern aufgrund der glaziologischen Situation unbesetzt. Derzeit herrscht in der Antarktis Sommer. 

Für die Frühwarnung zu den Veränderungen des Brunt-Schelfeises waren Satellitenbilder, Bodenradar und Drohnenaufnahmen vor Ort entscheidend. „Diese Daten haben Wissenschaftsteams eine Reihe von Möglichkeiten zur Verfügung gestellt, die Risse mit sehr hoher Präzision zu messen“, heißt es von der BAS. 

Darüber hinaus nutzten die Wissenschaftler:innen Computermodelle und Karten zur Topographie des Meeresbodens, um vorherzusagen, wie nahe das Eis dem Kalben war. Das Brunt-Schelfeis gehört zu den am besten überwachten Schelfeisgebieten der Erde: Ein Netzwerk von 16 GPS-Instrumenten misst die Verformung des Eises und meldet diese stündlich zurück.

Auch wenn für das aktuelle Ereignis offenbar kein direkter Zusammenhang mit dem Klimawandel besteht, ist die Erwärmung in der Antarktis stark zu spüren. Im Februar 2022 wurde dort die geringste Eis-Ausdehnung seit Beginn der Satellitenbeobachtung vor 44 Jahren registriert.

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