E-Auto Xiaomi SU7: Die Chinesen beenden die Ära des Henry Ford

28 Mär 2024
Xiaomi SU7

Xiaomi ist der drittgrößte Smartphone-Hersteller der Welt – nun setzt er mit dem elektronischen SU7 neue Maßstäbe in der Autoindustrie. Die deutschen Autobauer sollten die Chinesen sehr ernst nehmen. Ein Gastbeitrag.

Der Xiaomi SU7 könnte eine neue Ära des Autos einleiten. Der SU7 des drittgrößten Smartphone-Herstellers der Welt, Xiaomi, hatte am Mittwoch seinen offiziellen Verkaufsstart in China. Der Preis des Autos, das aussieht wie ein Porsche Taycan und Performance-Daten haben soll, die besser sind als die des Taycan, wird umgerechnet zum Preis von rund 65.000 Euro in China angeboten. Zum Vergleich: Der Porsche Taycan startet in Deutschland in der Preisliste mit 101.500 Euro.

Der Preis ist die eine Sache, aber die ist nicht ausschlaggebend, sondern nur ein Element in der Xiaomi SU7-Geschichte. Der Preis ist möglich, weil Xiaomi unter anderem die Produktionsmethode des Aluminium-Druckgusses einsetzt. Große Druckgussteile, wie etwa das Vorder- oder das Hinterteil der Rohkarosse beim Tesla Model 3 und Model Y, erlauben Kostensprünge wie bei der Einführung des Fließbands in die Autoproduktion von Henry Ford. Und genau dieses Produktionsverfahren ist ein Kern-Element der zukünftigen Xiaomi-Autos.

Gebaut wird das Auto übrigens nicht von Xiaomi selbst, sondern von einem klassischen Autobauer. Xiaomi ist so etwas wie der Dirigent in einem großen Orchester. Im Zentrum des Orchesters steht das OS (Operation System), also die digitale Architektur oder Infrastruktur des Autos.

Das Auto ist ein Teil der Lebenswelt des modernen Menschen, in der Daten und künstliche Intelligenz völlig neue Möglichkeiten in der Freizeit- und Arbeitswelt erlauben. Das Auto ist wie die Waschmaschine im Keller, die Devices im Wohnbereich oder im Urlaubsort oder im Office- oder Arbeitsbereich ein Teil unserer neuen vernetzten und intelligenten Welt. Deshalb kommt der SU7 nicht von einem Autobauer, sondern einem Tech-Unternehmen.

Nicht Mechanik ist der einzigartige Vorteil eines SU7 und der zukünftigen Xiaomi Fahrzeuge, sondern die Intelligenz des Fahrzeugs, etwa beim teilautonomen Fahren und bei den Unterhaltungsfunktionen im „Smart Cockpit“. Vieles davon hat Tesla mit seinen Innovationen für seine Modelle angedeutet und zum Teil vorgegeben, aber eben doch nicht alles. Wesentlich bei Xiaomi ist das gesamte digitale Ökosystem. So breit war Tesla nicht angelegt. Tesla Autos sind eigenständig und mit einer digitalen Infrastruktur vernetzt. Das OS von Xiaomi ist die Infrastruktur.

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Und wo trifft man die Menschen, die sich für solche Dinge interessieren? Sicher kaum im konventionellen Autohaus oder wie die Amerikaner sagen, beim Car-Dealer. Die heutigen Vertriebssysteme der Autobauer stammen aus der Welt des Henry Ford. Car-Dealer, die in ihren Autohäusern, oft in Gewerbegebieten, Autos stapeln und im Service das Geschäft mit dem Motoröl als eine wichtige Erlösquelle im Blickpunkt haben. Xiaomi präsentiert das Auto in seinen Tech-Stores, wo Smartphones, Tablets oder die Smart Watch präsentiert werden. Das Store Konzept hatte auch Elon Musk umgesetzt, allerdings isoliert mit Autos. Bei Xiaomi findet der Kunde die gesamte Geräte-Palette in einem Shop. Deshalb werden die Innenstadt-Stores von Xiaomi umgestaltet und vergrößert, so dass auch der SU7 seinen Platz und seine Bühne hat. Eine Bühne, die fest mit City-Flair verbunden ist und nicht mit Motoröl.

China ist die erste Station für das Experiment. Xiaomi ist allerdings nicht der Einzige der sich in dieser neuen Welt tummelt. Der Tech-Riese Huawei ist seit fast zwei Jahren in China in diesem neuen Ökosystem unterwegs. Bei Huawei steht das OS „Harmony“ im Mittelpunkt. Eines der Fahrzeuge, die Huawei über dieses Geschäftsmodell vertreibt, ist der Aito, gebaut vom chinesischen Autobauer Seres. Vom Modell Aito M7 wurden in den ersten beiden Monaten in China 51.000 Fahrzeuge verkauft. Man sollte es ernst nehmen.

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