Exit Polls: Erdrutschsieg für Labour und Keir Starmer in ...

5 Jul 2024

Erst Nachwahlbefragungen zeigen, die regierende Tories stehen vor einem Debakel. Die Labour-Partei und ihr Chef Keir Starmer stehen vor einem Comeback in der Regierung nach 14 Jahren - mit klarer Mehrheit im britischen Parlament. Die Auszählung läuft.

Großbritannien steht vor einem Regierungswechsel. Premierminister Rishi Sunak und seiner konservativen Tory-Partei droht bei der Parlamentswahl eine historische Niederlage. Jubel herrscht hingegen bei der Labour-Partei. Der 61-jährige Labour-Chef Keir Starmer dürfte schon am Freitag als Nachfolger von Sunak in die Downing Street einziehen, das zeigen erste Nachwahlbefragungen, die kurz nach Schließung der letzten Wahllokale um 22 Uhr Ortszeit (23 Uhr österreichischer Zeit) vom britischen Sende BBC veröffentlicht wurden.

Darin werden Labour 410 Sitze prognostiziert, 326 sind für eine Mehrheit notwendig. Die Tories von Premier Sunak kamen nur noch auf 131 Sitze, so wenige wie noch nie seit der Parteigründung im Jahr 1834. Die Liberaldemokraten kommen demnach auf 61 Mandate. Die neue Partei von Nigel Farage „Reform UK“ könnte 13 Sitze erringen und überholt damit aus dem Stand die schottische SNP, die auf zehn Mandate kommt. Die Grünen könnten einen Sitz (auf dann zwei) dazugewinnen. 

Konkrete Ergebnisse treffen erst im Laufe der Nacht ein, es kann also noch zu Verschiebungen kommen. Angesichts des riesigen Vorsprungs von Labour - auch mit Sicherheitsabstand zu den für eine Mehrheit nötigen 326 Mandaten - ist nicht davon auszugehen, dass es hier noch zu groben Änderungen an der Gesamtlage gibt. Spannend wird es, wenn es darum geht, wie die prominenteren britischen Politiker in ihren Wahlkreisen abgeschnitten haben. Umfragen zufolge muss etwa auch Rishi Sunak um den Einzug ins Parlament zittern. Bei der bisher letzten Wahl 2019 hatten die Tories 365 Sitze gewonnen, Labour hatte 202 Mandate.

Liberaldemokraten und Reform UK profitieren

Starmers Wahlkampf konzentrierte sich auf das Versprechen, einen „Wandel“ herbeizuführen. Damit spielte er auf die Wut vieler Briten über den schlechten Zustand des öffentlichen Dienstes etwa im Gesundheitswesen und über den seit Jahren sinkenden Lebensstandard an. Vielen Briten war es auch ein Anliegen, den regierenden Konservativen einen Denkzettel für den während ihrer Amtszeit erfolgten EU-Austritt Großbritanniens zu verpassen.

Schon vor der Wahl hatten Meinungsforscher Labour weit mehr als 400 der 650 Mandate im Unterhaus (House of Commons) vorausgesagt. Damit wäre die Partei auf Kurs, die größte Mehrheit seit rund 190 Jahren zu erringen. Dabei ist Labour gar nicht so beliebt. „Es ist eine Wahl, die die Tories verlieren - und nicht eine, die Labour gewinnt“, sagte der Umfrageexperte John Curtice von der Universität Strathclyde in Glasgow dem Portal „Politico“.

Rishi Sunak ist Parteichef der Tories. Er war rund zwei Jahre lang Premierminister.

Rishi Sunak ist Parteichef der Tories. Er war rund zwei Jahre lang Premierminister. APA / AFP / Claudia Greco

Ein weiterer Grund ist die wachsende Zustimmung für kleinere Parteien wie die Liberaldemokraten sowie die rechtspopulistische Partei Reform UK. Beide Parteien bleiben den Exit Polls zufolge aber weit davon entfernt, auch nur in die Nähe der schwer geschlagenen Tories zu kommen.

Die 650 Wahlkreise werden bis Freitagfrüh ausgezählt. Wobei jeweils jener Kandidat zum Zuge kommt, der die relative Mehrheit der Stimmen erhält. Die auf andere Kandidaten entfallenden Stimmen verfallen.

Rascher Machtwechsel

Der Regierungswechsel wird in Großbritannien rasch vollzogen. Sobald das amtliche Endergebnis feststeht, kommt es zur Machtübergabe. Schon im Laufe des Freitags dürfte Starmer von König Charles III. mit der Regierungsbildung beauftragt werden und anschließend bei einer Rede in der Downing Street seine Vision für Großbritannien darlegen.

Sollte sich das Exit-Poll-Ergebnis bestätigen, würde Starmer das zweitbeste Wahlergebnis in der Parteigeschichte einfahren. Nur bei der historischen Wechselwahl im Jahr 1997, als die Tories nach 18 Regierungsjahren auf die Oppositionsbank geschickt worden waren, erzielte Labour mit 418 Mandaten ein besseres Ergebnis.

Sunak warnte vor einer „Supermehrheit“ für Labour und Starmer

Sunak war seit Oktober 2022 Premierminister. „Wenn Labour einen Blankoscheck bekommt, werden sie ihre Supermehrheit nutzen, um Sie für den Rest Ihres Lebens stärker zu besteuern“, schrieb er bei X. Eine solche „Supermehrheit“ gibt es im britischen Parlamentssystem nicht. Es ist irrelevant, ob eine Partei im Unterhaus eine Mehrheit von 20 oder 200 Sitzen hat.

Wahlberechtigt waren mehr als 46 Millionen Menschen, die jeweils eine Stimme haben. Es war die erste Parlamentswahl, bei der ein offizieller Ausweis für die Stimmabgabe vorgezeigt werden muss. Gut 6,7 Millionen Menschen nutzten die Möglichkeit zur Briefwahl. (APA/dpa/Red.)

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