„Ich denke, wir haben gezeigt, dass unsere Entschlossenheit, uns zu verteidigen, keine Grenzen kennt“, machte der israelische Außenminister deutlich. Israelische Kampfflugzeuge sind Vergeltungsangriffe auf Ziele im Iran geflogen. Wie reagiert Teheran? Das Parlament tagt heute unter Ausschluss der Öffentlichkeit.
Nach den israelischen Raketenangriffen hat der Iran sein „Recht und die Pflicht zur Selbstverteidigung“ unterstrichen, jedoch auf eine Drohung mit unmittelbarer Vergeltung verzichtet. Der Generalstab der iranischen Streitkräfte erklärte am Samstag, Teheran behalte sich das Recht vor, auf die Angriffe „zum angemessenen Zeitpunkt zu antworten“. Zugleich nannte der Generalstab jedoch eine Waffenruhe in den Nahost-Konflikten als Priorität.
Aufrufe zur DeeskalationInternational folgten auf die israelischen Angriffe zahlreiche Aufrufe zur Deeskalation. Die israelische Armee hatte ihren eigenen Angaben zufolge in der Nacht auf Samstag Luftangriffe gegen militärische Ziele im Iran geflogen. Die Angriffe waren die Reaktion auf den iranischen Raketenbeschuss auf Israel knapp vier Wochen zuvor.
Durch die israelischen Angriffe wurden nach jüngsten Angaben der iranischen Armee vier ihrer Soldaten getötet. Sie seien im Rahmen der Verteidigung gefallen, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur IRNA unter Berufung auf eine Mitteilung der Armee. Die von dem Raketenbeschuss verursachten Sachschäden beschrieben die iranischen Streitkräfte jedoch als „begrenzt“. Es seien lediglich „einige wenige Radarsysteme“ beschädigt worden.
Die israelische Armee hatte zuvor mitgeteilt, iranische Produktionsstätten von Raketen sowie Luftabwehrsysteme attackiert zu haben. Demnach wurden dabei 80 Geschosse abgefeuert.
Die iranische Luftabwehr bestätigte Angriffe im Umkreis von Teheran und in zwei an den Irak grenzenden Provinzen, Khuzestan im Südwesten und Ilam im Westen.
Antwort auf „die seit Monaten andauernden Angriffe“Dank der raschen Reaktion der iranischen Luftabwehr sei „eine große Zahl von Raketen abgefangen“ und „das Eindringen feindlicher Flugzeuge“ in den iranischen Luftraum verhindert worden, hieß es in einer am Samstagabend im iranischen Staatsfernsehen verlesenen Erklärung des Generalstabs der iranischen Armee.
Der israelische Armeesprecher Daniel Hagari bezeichnete den Beschuss von Zielen im Iran als Antwort auf „die seit Monaten andauernden Angriffe des iranischen Regimes gegen den Staat Israel“.
Der Iran hatte am 1. Oktober etwa 200 Raketen auf Israel abgefeuert, von denen die meisten abgefangen wurden. Es war der zweite direkte iranische Raketenangriff auf Israel binnen sechs Monaten. Der vorherige Raketenbeschuss vom 13. April war das erste Mal überhaupt, dass der Iran von seinem Staatsgebiet aus Israel direkt angriff.
Israel warnt vor „neuer Runde der Eskalation“Hagari warnte den Iran am Samstag vor weiteren Angriffen: „Unsere Botschaft ist klar: Alle, die den Staat Israel bedrohen, (...) werden einen hohen Preis zahlen.“
Das iranische Außenministerium erklärte, der Iran habe „das Recht und die Pflicht zur Selbstverteidigung“. Außenminister Abbas Araqchi erklärte auf der offiziellen Website des geistlichen Oberhaupts des Iran, Ayatollah Ali Khamenei: „Ich denke, wir haben gezeigt, dass unsere Entschlossenheit, uns zu verteidigen, keine Grenzen kennt.“
Der Generalstab der iranischen Streitkräfte nannte als Priorität jedoch, „eine dauerhafte Waffenruhe in Gaza und im Libanon herzustellen“.
Hisbollah spricht von „gefährlicher Eskalation“Der Iran ist mit der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas verbündet, die seit ihrem Großangriff auf Israel vom 7. Oktober 2023 mit Israel im Krieg steht. Zu den Partnern Teherans in der Region gehört auch die libanesische Hisbollah-Miliz, die nach dem Hamas-Großangriff mit permanenten Luftangriffen eine zweite Front gegen Israel eröffnet hatte.
Die Hisbollah bezeichnete die israelischen Luftangriffe auf den Iran als „gefährliche Eskalation“. Die Miliz beschoss ihrerseits am Samstag Israel massiv mit Raketen.
Biden hofft auf „ein Ende“Aus zahlreichen Ländern kamen nach den israelischen Angriffen gegen den Iran Aufrufe zur Deeskalation. US-Präsident Biden sagte, er hoffe, diese Angriffe seien „das Ende“. Er merkte zudem an, es sehe danach aus, als habe die israelische Armee „nichts Anderes als militärische Ziele getroffen“.
Biden hatte in den vergangenen Wochen darauf gedrungen, dass Israel keine Atom- wie auch Ölanlagen des Iran attackiert. Der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA, Rafael Grossi, bestätigte am Samstag, dass bei den israelischen Angriffen keine Nuklearanlagen getroffen worden seien.
Iranisches Parlament tagt hinter verschlossenen TürenEinen Tag nach dem israelischen Angriff ist das iranische Parlament zu einer Sitzung hinter verschlossenen Türen zusammengekommen. Parlamentspräsident Mohammad Bagher Ghalibaf, ehemaliger General der Revolutionsgarden, leitete die Beratungen am Sonntag, wie iranische Medien übereinstimmend berichteten.
Das iranische Parlament hat begrenzten Einfluss. Die eigentliche Macht konzentriert sich auf die Staatsführung, mit Religionsführer Ali Khamenei an der Spitze. Nach der Wahl in diesem Jahr dominiert jedoch eine Mehrheit konservativer Hardliner das Parlament, die auch Einfluss auf die Stimmung in den radikalen Flügeln im Militär ausüben dürfte.
Ghalibaf sagte laut der staatlichen Nachrichtenagentur IRNA, dass eine militärische Antwort des Iran auf den israelischen Angriff sicher sei - obwohl er diesen als „passiv“ bewertete und damit das Ausmaß relativierte. Er berief sich demnach auf das Selbstverteidigungsrecht gemäß der UNO-Charta. Gleichzeitig betonte Ghalibaf die Notwendigkeit einer Waffenruhe im Libanon und im Gazastreifen. (APA/AFP/dpa)