Israels Angriffe auf Iran: Besorgte Aufrufe zu Deeskalation

27 Okt 2024
Iran

Israels Angriffe auf Iran

Die israelischen Luftangriffe auf den Iran als Antwort auf iranische Raketenangriffe auf Israel haben international besorgte Aufrufe zur Deeskalation ausgelöst. Knapp vier Wochen nach den iranischen Raketenangriffen griffen die israelischen Luftstreitkräfte in der Nacht auf Samstag mehrere militärische Ziele im Iran an. Nach iranischen Angaben wurden dabei vier iranische Soldaten getötet. Der Iran reagierte zunächst zurückhaltend, selbst Religionsführer Ajatollah Ali Chamenei mahnte ein überlegtes Vorgehen an.

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„Die Angriffe haben begrenzten Schaden verursacht, und einige wenige Radarsysteme sind beschädigt worden“, hieß es in der Erklärung, die im Staatsfernsehen verlesen wurde. Die vier Militärangehörigen seien bei der „Verteidigung des iranischen Luftraums“ ums Leben gekommen, hieß es aus Teheran. Davor war lange von zwei getöteten Soldaten die Rede gewesen.

Dank der raschen Reaktion der iranischen Luftabwehr sei „eine große Zahl von Raketen abgefangen“ und „das Eindringen feindlicher Flugzeuge“ in den iranischen Luftraum verhindert worden, hieß es seitens der iranischen Armee weiter. Die israelischen Kampfjets hätten deshalb nur eine „kleine Zahl von Raketen von langer Reichweite und mit sehr leichten Sprengköpfen aus der Distanz“ abfeuern können.

„Mission erfüllt“

Die israelische Armee griff nach eigenen Angaben iranische Produktionsstätten von Raketen sowie Luftabwehrsysteme an. Israel habe die Ziele „aus einer Reihe von möglichen Zielen ausgesucht“ und könne auch andere wählen „falls nötig“, sagte Armeesprecher Daniel Hagari. In Teheran waren die ersten Explosionen gegen 2.15 Uhr Ortszeit (00.45 MESZ) zu hören.

Als Grund für die Angriffe nannte er „die seit Monaten andauernden Angriffe des iranischen Regimes gegen den Staat Israel“. Die beteiligten Kampfflugzeuge seien alle sicher zurückgekommen. „Der Vergeltungsangriff ist abgeschlossen, die Mission wurde erfüllt“, erklärte er.

Vorerst keine neuen Drohungen

Das iranische Außenministerium erklärte wiederum, der Iran habe „das Recht und die Pflicht zur Selbstverteidigung“. Teheran verzichtete zunächst aber auf Drohungen mit Gegenangriffen – und verhielt sich in seiner Reaktion generell eher zurückhaltend.

Auch das geistliche Oberhaupt des Iran, Ajatollah Chamenei, mahnte am Sonntag ein überlegtes Vorgehen an. „Wie die Kraft und der Wille des iranischen Volkes dem zionistischen Regime (Israel) verdeutlicht werden sollen, müssen die Verantwortlichen entscheiden“, sagte Chamenei laut IRNA bei einer Veranstaltung in der Hauptstadt Teheran. „Es soll das getan werden, was dem Wohl dieses Volkes und Landes entspricht.“

ORF-Korrespondenten zu Israels Angriffen auf Iran

Nach den israelischen Vergeltungsangriffen auf den Iran beschreibt Iran-Korrespondentin Katharina Wagner eine „zurückhaltende Reaktion“ im Land. Israel-Korrespondent David Kriegleder nennt zwei Ziele, die Israel verfolgt habe.

Am Sonntag in der Früh kam das iranische Parlament zu einer Sitzung hinter verschlossenen Türen zusammen, um zu beraten. Parlamentspräsident Mohammed Bagher Ghalibaf, ehemaliger General der Revolutionsgarden, leitete die Beratungen, wie iranische Medien übereinstimmend berichteten. Ghalibaf sagte laut der staatlichen Nachrichtenagentur IRNA, dass eine militärische Antwort des Iran auf den israelischen Angriff sicher sei – obwohl er diesen als „passiv“ bewertete und damit das Ausmaß relativierte. Er berief sich demnach auf das Selbstverteidigungsrecht gemäß der UNO-Charta.

Die israelische Armee warnte Teheran vor weiteren Angriffen. „Sollte das iranische Regime den Fehler begehen, eine neue Runde der Eskalation einzuleiten, sind wir verpflichtet zu reagieren“, sagte Hagari. „Unsere Botschaft ist klar: Alle, die den Staat Israel bedrohen, (…) werden einen hohen Preis zahlen.“

USA: Iran soll Angriffe auf Israel einstellen

Die USA betonten Israels „Recht auf Selbstverteidigung“ mit Blick auf die iranischen Angriffe vom 1. Oktober. Sie forderten zugleich den Iran auf, „seine Angriffe auf Israel einzustellen, damit dieser Kreislauf der Gewalt ohne weitere Eskalation beendet werden kann“, wie der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates in Washington, Sean Savett, sagte. Die US-Regierung hatte Israel zuvor vor möglichen Angriffen auf Atom- und Ölanlagen im Iran gewarnt.

EU warnt vor „gefährlichem Kreislauf“

Die Europäische Union rief zu Deeskalation auf. Sie erkenne zwar das Recht Israels auf Selbstverteidigung an, rufe aber alle Parteien „zu äußerster Zurückhaltung“ auf, um eine „unkontrollierbare Eskalation“ im Nahen Osten zu vermeiden, hieß es am Samstag in einer Erklärung der 27 EU-Mitgliedsstaaten. Eine solche Eskalation liege „in niemandes Interesse“.

Der „gefährliche Kreislauf von Angriffen und Vergeltungsmaßnahmen“ berge die Gefahr einer weiteren Ausweitung des regionalen Konflikts, hieß es in der Erklärung weiter. Die EU sei nach wie vor „fest entschlossen“, die wachsenden Spannungen in der Region abzubauen und zur Deeskalation beizutragen. Zu diesem Zweck stehe sie „weiterhin in engem Kontakt mit allen relevanten Akteuren“.

Guterres „zutiefst beunruhigt“

Aufrufe zur Deeskalation kamen auch aus Großbritannien, Deutschland, Frankreich und Russland. Die Länder der arabischen Welt – darunter Saudi-Arabien, der Irak und Jordanien – sowie die radikalislamische Terrororganisation Hamas verurteilten das israelische Vorgehen.

Auch UNO-Generalsekretär Antonio Guterres äußerte sich „zutiefst beunruhigt“ über die Lage. Über seinen Sprecher Stephane Dujarric teilte er mit, er wiederhole „dringend seinen Appell an alle Parteien, alle militärischen Aktionen einzustellen, auch im Gazastreifen und im Libanon“. Guterres forderte „maximale Anstrengungen, um einen umfassenden regionalen Krieg zu verhindern und auf den Weg der Diplomatie zurückzukehren“.

Iran feuerte etwa 200 Raketen auf Israel ab

Der Iran hatte am 1. Oktober etwa 200 Raketen auf Israel abgefeuert, von denen die meisten abgefangen wurden. Er reagierte damit auf die Militäroffensive Israels gegen die proiranische Hisbollah-Miliz im Südlibanon und die Tötung von deren Chef Hassan Nasrallah. Israel hatte dem Iran anschließend mit einer „tödlichen, präzisen und überraschenden“ Reaktion gedroht.

Bereits am 13. April hatte der Iran erstmals von seinem Staatsgebiet aus Israel mit Raketen angegriffen. Auch in diesem Fall wurde der größte Teil der Raketen von Israel mit Unterstützung verbündeter Staaten abgefangen. Wenige Tage später kam es zu Explosionen in der iranischen Region Isfahan, die weithin als israelische Vergeltungsaktion gewertet wurden.

Konflikt eskaliert

Seit Beginn des Krieges im Gazastreifen vor gut einem Jahr ist auch der Konflikt zwischen Israel und dem Iran eskaliert. Der Iran unterstützt die schiitische Hisbollah im Südlibanon, die wiederum mit der radikalislamischen Hamas im Gazastreifen verbündet ist.

Der Krieg im Gazastreifen war durch den Großangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 ausgelöst worden, bei dem 1.205 Menschen getötet und 251 weitere als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt wurden. Seither geht Israel militärisch im Gazastreifen gegen die Hamas und seit einigen Wochen – nach andauerndem Beschuss auf Israel – auch gegen die Hisbollah im Libanon vor.

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