„Ein Mann namens Otto“: Der liebenswerte Obergrantler vom Dienst

Tiroler Tageszeitung Online

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???? Neuer Film mit Tom Hanks

Ist leicht aus der Fassung zu bringen, sein goldenes Herz ist aber nicht allzu tief verborgen: Tom Hanks spielt die mürrische Titelfigur in „Ein Mann namens Otto“.

© Sony

Von Marian Wilhelm

Donnerstag, 2.02.2023, 08:00

Amerikas Jedermann Tom Hanks ist „Ein Mann namens Otto“, der sich mit einer veränderten Lebens-Gegenwart arrangieren muss.

Innsbruck – Tom Hanks kommt aus Schweden. Zumindest seine neueste Filmfigur, „Ein Mann namens Otto“. Otto heißt eigentlich Ove und war schon 2016 in Hollywood zu Gast, als Nominierter für den besten fremdsprachigen Film. Nun verkörpert Amerikas Mr. Everyman Hanks den griesgrämigen alten Skandinavier mit gutem Herzen in einem Remake unter der Regie von Mark Forster. Wobei es streng genommen eine neue Verfilmung des Erfolgsromans von Fredrik Backman ist.

Und ein Mann wie Ove/Otto nimmt alles sehr genau! Besonders in seiner beschaulichen Vorstadt-Wohnstraße nahe Pittsburgh. Und besonders seit dem Tod seiner Frau, die ihn als Mann erst zum Menschen machte. Noch dazu wird er von seiner Stahlfabrik in den Vorruhestand gemobbt.

???? Trailer | „Ein Mann namens Otto“

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Wir treffen ihn an seinem letzten Arbeitstag. Die Pensions-Perspektive birgt jedoch keine Zukunft für den in der Vergangenheit lebenden alten weißen Mann. Also schmiedet der Witwer Pläne, wie sich diese unvermeidliche Zukunft mit Hilfe eines Seils an der Decke vorzeitig beenden lässt. Doch sogar die Haken sind nicht mehr das, was sie einmal waren, und die chaotischen, neuen Latino-Nachbarn Marisol und Tommy stören Otto bei seinem Unterfangen. Wenn ihn eines aus der Reserve zwingt, ist es die Unfähigkeit anderer, und sei es nur beim Einparken mit dem Umzugs-Anhänger.

„Ein Mann namens Otto“ macht recht schnell recht deutlich, wo Ottos Reise hingeht. Die Ereignisse verändern den laut Filmmarketing „grumpiest man in the world“, also auf gut Österreichisch den „Obergrantler“. Das schreit eigentlich nach einem Remake in Wien. Doch es ist gerade der mit viel Spaß spielende Parade-Amerikaner Tom Hanks, der die Fallhöhe nicht sehr hoch erscheinen lässt. Man nimmt ihm den mürrisch-grummelnden Alten zwar irgendwie ab, weiß aber zugleich, dass bei Hanks das gute Herz nicht sehr tief vergraben sein kann. Gerade erst hat er eine Nominierung für die Goldene Himbeere für seine Rolle als lächerlich-böser Colonel Tom Parker in „Elvis“ bekommen. Als „Otto Normalgrantler“ findet er also immer mehr zu sich selbst, je netter seine Figur wird. Der schwarze Humor des Films ist eher hellgrau, doch das Ensemble rund um Hanks spielt durchwegs großartig.

Im Grunde ist „Ein Mann namens Otto“ eine Kurzfilmidee, die auf gut zwei Stunden amüsant, aber alles andere als überraschend, auserzählt wird, samt sonnig-süßen Rückblenden in die Jugend. Hanks’ (tatsächlicher) Sohn Truman spielt dabei Ottos junges Ich.

Wäre da nicht die kaum versteckte politische Allegorie der verstorbenen Frau als gutes altes Amerika, die nebenbei immer wieder aufblitzt. Der Chevrolet als Statussymbol und die Stahlfabrik, das Vorgarten-Eigenheim mit Hausbesitzerverein und die Heimwerker-Kompetenzen: All das zeugt vom trügerischen, aber doch auch verwirklichten kleinen amerikanischen Traum des 20. Jahrhunderts. Die Erzählung, wie sich ein alternder Mann doch noch auf die inzwischen veränderte Krisen-Gegenwart umstellen kann, inklusive Latino-Nachbarn und Transgender-Jugendlichen, ist ein rosarotes versöhnliches Märchen mit Amerikas sympathischem Jedermann als Vorbild.

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