Die New Yorker Polizei beendet Aufstand an der Columbia University

Die Polizei beendet Studentenaufstand in New York – in Los Angeles eskaliert die Gewalt zwischen Demonstranten

Columbia University - Figure 1
Foto Neue Zürcher Zeitung - NZZ

Nach der Besetzung eines Universitätsgebäudes an der Columbia University schritt die Polizei zur Räumung. Doch ein Ende der propalästinensischen Studentenproteste ist in den USA nicht in Sicht. In Kalifornien kam es zu gewaltsamen Zusammenstössen.

Über eine Leiter eines gepanzerten Polizeiwagens gelangten die Ordnungshüter am Dienstagabend in die Hamilton Hall.

Stephani Spindel / EPA

Ein Polizeieinsatz an der Columbia University in New York löste vor zwei Wochen in ganz Amerika eine Welle propalästinensischer Studentenproteste aus. Die Präsidentin der Eliteuniversität, Minouche Shafik, räumte danach Fehler ein. Sie bezeichnete den Einsatz mit über hundert Verhaftungen als kontraproduktiv und stellte den Studenten am Montag dafür ein Ultimatum: Bis um zwei Uhr nachmittags mussten sie ihr Zeltlager auf dem Campus verlassen, um eine Suspendierung vom Unterricht zu vermeiden.

Ein Teil der Studenten zog ab. Doch ein anderer Teil stürmte mit der Hamilton Hall ein geschichtsträchtiges Universitätsgebäude und verbarrikadierte sich darin. Mit einem Banner, das sie über das Eingangsportal hängten, benannten die Demonstranten das Gebäude in «Hind’s Hall» um – eine Referenz an die fünfjährige Hind Rajab, die gemäss dem Palästinensischen Roten Kreuz im Januar im Auto mit ihrer Familie im Gazastreifen unter israelischen Beschuss kam und getötet wurde.

Ein Déjà-vu mit 1968

Bereits 1968 besetzten Studenten der Columbia University die Hamilton Hall und andere Gebäude. Vor dem Hintergrund des Vietnamkriegs und der Bürgerrechtsbewegung protestierten sie gegen mögliche Verbindungen der Universität mit dem Verteidigungsministerium und gegen ein in ihren Augen rassistisches Bauprojekt der Hochschule. Am 30. April räumte die New Yorker Polizei damals den Campus. Und auf den Tag genau 56 Jahre später beendeten die Sicherheitskräfte in Manhattan auch den jüngsten Aufstand an der Columbia.

Obwohl sie den Einsatz vor zwei Wochen bereute, rief Shafik erneut die Polizei zu Hilfe. Nach der Besetzung der Hamilton Hall habe die Universitätsleitung keine andere Wahl mehr gehabt, erklärte die Präsidentin der Hochschule. Über eine Leiter drangen die Ordnungshüter am Dienstagabend durch ein Fenster im zweiten Stock in das Gebäude ein. Kurz darauf führten die Beamten erste Demonstranten mit gefesselten Händen ab.

Die New Yorker Polizei verhaftete am Dienstagabend an der Columbia University 109 Personen und am City College 173 Personen.

Craig Ruttle / AP

Neben dem besetzten Gebäude räumte die Polizei auch das Protestcamp der Demonstranten auf dem Gelände der Universität. Zurück blieben am Mittwochmorgen auf dem Rasen nur noch die gelbgrünen Abdrücke der Zelte. Insgesamt verhafteten die Ordnungshüter an der Columbia University und am unweit davon gelegenen City College am Dienstag knapp 300 Personen.

Den Besetzern der Hamilton Hall drohen nun die Exmatrikulation und eine strafrechtliche Verfolgung. Allerdings ist noch nicht klar, wie viele von ihnen wirklich Studenten der Columbia University waren. «Professionelle Agitatoren» ohne Bezug zur Universität hätten die Kontrolle über die friedlichen Proteste übernommen, erklärte New Yorks Bürgermeister Eric Adams am Dienstag. Die aussenstehenden Personen hätten die Studenten taktisch ausgebildet, ihnen geholfen, Kameras auszuschalten und ins Gebäude zu gelangen, meinte die stellvertretende Kommissarin für Terrorabwehr der New Yorker Polizei. Allerdings machte Adams nicht klar, um wen es sich bei diesen Anstiftern mit «schlechten Absichten» genau handeln soll.

Um ein neues Aufflammen der Proteste an der Columbia University zu verhindern, hat Shafik die Polizei gebeten, bis mindestens zur Abschlussfeier am 17. Mai weiterhin auf dem Campus präsent zu sein. Trotz dem Durchgreifen der Ordnungshüter in New York scheint ein schnelles Ende der Studentenproteste in den USA noch nicht in Sicht zu sein.

Eine wilde Schlacht mit Feuerwerk und Pfefferspray

Neben New York war der Campus der University of California in Los Angeles in der Nacht auf Mittwoch ein weiterer Brennpunkt. Nachdem die Universitätsleitung das propalästinensische Protestcamp für illegal erklärt hatte, griffen proisraelische Demonstranten das Zeltlager kurz vor Mitternacht unter anderem mit Feuerwerk, Pfefferspray und Tennisschlägern an. Während Stunden spielte sich eine gewaltsame Konfrontation zwischen den beiden Konfliktparteien ab. Erst um drei Uhr morgens beendete die Polizei die Auseinandersetzungen. Der Unterricht fiel am Mittwoch aus.

Die University of California liess die propalästinensischen Demonstranten im Gegensatz zu New York bisher gewähren. Am Dienstag jedoch kündigte ein von den Republikanern kontrollierter Kongressausschuss eine Anhörung mit Gene Block, dem Direktor des Universitätscampus in Los Angeles, an. Dieser muss in Washington nun Rede und Antwort stehen, was er gegen Antisemitismus und die Ängste jüdischer Studenten unternimmt. Vielleicht entschloss sich Block nun auch deshalb dazu, das Protestcamp als illegal zu bezeichnen. Es habe Zwischenfälle gegeben, die «besonders jüdische Studenten» verängstigt hätten, schrieb Block am Dienstag in einer Mitteilung.

Derweil ging die Polizei auch in Wisconsin und Georgia am Mittwoch gegen propalästinensische Studentenproteste vor. An einer Universität in Portland (Oregon) verstärkten Demonstranten ihre Barrikaden, nachdem sie sich am Montag in der Bibliothek verschanzt hatten. «Wir beenden die Besetzung des Gebäudes, wenn Israel die Besetzung Palästinas beendet», sprayten sie in roter Farbe an die Wand.

Eine friedliche Beilegung der Konfrontation gelang bisher nur an der Brown University in Rhode Island. Auch dort forderten die Studenten, dass die Privatuniversität ihr Stiftungsvermögen nicht mehr in Unternehmen investiert, die geschäftlich mit den israelischen Streitkräften verbandelt sind. Die Leitung der Hochschule zeigte sich bereit, über die Frage zu diskutieren und im Oktober darüber abzustimmen. Die Demonstranten brachen ihr Zeltlager am Dienstag daraufhin selbst ab.

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