Südkorea: Präsident will Kriegsrecht wieder aufheben

19 Stunden vor

Südkorea

In Südkorea hat Präsident Yoon Suk Yeol angekündigt, das von ihm am Dienstag ausgerufene Kriegsrecht wieder aufzuheben. „Soeben hat die Nationalversammlung die Aufhebung des Ausnahmezustands gefordert, und wir haben das Militär abgezogen, das für den Einsatz unter Kriegsrecht eingesetzt war“, sagte Yoon in einer Fernsehansprache. „Wir werden der Bitte der Nationalversammlung nachkommen und das Kriegsrecht in einer Kabinettssitzung aufheben.“ Die Soldaten zur Sicherung des Kriegsrechts seien abgezogen.

Südkorea - Figure 1
Foto ORF

Online seit gestern, 20.56 Uhr (Update: gestern, 21.01 Uhr)

Präsident Yoon rief am Dienstag überraschend das Kriegsrecht aus. Die Regierungsarbeit sei aufgrund von Verstößen der Opposition gelähmt, sagte Yoon in einer im TV übertragenen Rede. Mit Hilfe des Kriegsrechts sollten nach den Worten von Yoon pronordkoreanische Elemente entfernt und ein freies und demokratisches Land wiederhergestellt werden. Medienberichten zufolge wurde das Parlament abgeriegelt. Alle politischen Aktivitäten seien untersagt worden.

Die Ankündigung erfolgte inmitten eines Streits über den Staatshaushalt 2025 mit der Demokratischen Partei und damit der größten Oppositionskraft des Landes. „Um ein liberales Südkorea vor den Bedrohungen durch Nordkoreas kommunistische Truppen zu schützen und um antistaatliche Elemente zu eliminieren (…), rufe ich hiermit das Kriegsrecht aus“, sagte Yoon in seiner live vom TV-Sender YTN übertragenen Ansprache.

Opposition stimmte nur für Teil des Haushaltsentwurfs

Die Abgeordneten der Opposition, die im Parlament die Mehrheit haben, hatten vergangene Woche nur eine deutlich abgespeckte Fassung des Haushaltsentwurfs im zuständigen Parlamentsausschuss gebilligt. Das Parlament sei „ein Zufluchtsort für Kriminelle geworden, ein Hort für eine legislative Diktatur, die das juristische und administrative System lähmen und unsere liberale demokratische Ordnung stürzen will“, so Yoon in seiner Ansprache.

Einsatzkräfte vor dem Parlament in Seoul

Parlamentspräsident Woo Won Shik forderte Militär und Polizei dazu auf, Ruhe zu bewahren. Alle Mitglieder der Nationalversammlung sollten sich in der Plenarhalle des Parlamentsgebäudes einfinden.

„Zustand des Chaos“

Yoon warf der Opposition vor, Gelder für die Kernaufgaben des Staates wie etwa die Bekämpfung der Drogenkriminalität und die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung zusammenzustreichen und damit einen „Zustand des Chaos bei der öffentlichen Sicherheit“ zu schaffen. „Ich werde das Land zur Normalität zurückführen, indem ich es so schnell wie möglich von antistaatlichen Kräften befreie.“

Die Opposition kritisierte den Schritt als Verstoß gegen die Verfassung. Das Land werde künftig von Panzern und Soldaten regiert, sagte der Vorsitzende der Demokratischen Partei, Lee Jae Myung. Seine Partei verfügt im Parlament über die Mehrheit.

Die Demokratische Partei hatte in dieser Woche beantragt, einige der ranghöchsten Staatsanwälte des Landes des Amtes zu entheben. Zudem forderte sie die Ablehnung eines Haushaltsentwurfs der Regierung. Der Entwurf müsse um mehr als vier Billionen Won (2,7 Mrd. Euro) gekürzt werden. Yoon erklärte, das untergrabe die grundlegende Funktionsfähigkeit der Regierung.

Kritik auch aus eigenen Reihen

Kritik gegen die Ausrufung des Kriegsrechts kam auch aus Yoons Regierung selbst. Der Vorsitzende der regierenden Partei, Han Dong Hoon, bezeichnete das laut lokalen Medienberichten als „falsch“. Man werde es „gemeinsam mit dem Volk stoppen“, sagte Han. Yoon steht seit Monaten innenpolitisch unter Druck. Zuletzt hat ein mutmaßlicher Korruptionsskandal rund um seine Ehefrau seine Beliebtheitswerte weiter gedrückt.

Medienberichten zufolge blockierten Einsatzkräfte der Polizei den Zugang zum Parlament. In Fernsehaufnahmen war zu sehen, wie Hubschrauber auf dem Dach des Gebäudes in der Hauptstadt Seoul landeten. Bei einer Abstimmung am späten Dienstagabend (Ortszeit) forderte die Kammer, dass das Kriegsrecht aufgehoben wird, wie live im Fernsehen zu sehen war. 190 der 300 Abgeordneten waren anwesend. Vor dem abgeriegelten Parlamentsgebäude kam es Medienberichten zufolge zu Protesten.

Internationale Sorge

International löste die Ausrufung des Kriegsrechts in Südkorea Besorgnis aus. Einer der wichtigsten Verbündeten sind die USA. Es war das erste Mal seit 1980, dass in Südkorea das Kriegsrecht verhängt wurde.

Denn Südkorea befindet sich mit Nordkorea technisch gesehen seit dem Ende des Korea-Krieges 1953 formell weiter im Kriegszustand, da der Konflikt mit einem Waffenstillstand und nicht mit einem Friedensvertrag endete. Die beiden Länder trennt eine etwa vier Kilometer breite entmilitarisierte Zone.

Die Spannungen zwischen Süd- und Nordkorea haben sich zuletzt wieder deutlich verschärft. Nordkorea baute in den vergangenen zwei Jahren seine Raketentests aus und verschärfte seine Rhetorik gegen Südkorea und den USA. Zuletzt schickte Nordkorea zudem mehrere tausend Soldaten nach Russland, wo diese mutmaßlich auf einen Einsatz gegen die Ukraine vorbereitet werden.

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