TV-Duell: Welten zwischen Kickl und Meinl-Reisinger
TV-Duell
Im zweiten ORF-TV-Duell am Donnerstagabend sind FPÖ-Chef Herbert Kickl und NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger aufeinandergetroffen. Die Suche nach politischen Gemeinsamkeiten erschöpfte sich sehr bald – bei der Forderung nach einer großen Strukturreform und nach einer Senkung der Nebenkosten. Welten lagen zwischen den beiden – wenig überraschend – bei der Frage der Rolle der EU und beim Thema Migration.
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Auf die Frage von Moderatorin Alexandra Maritza Wachter nach politischen Übereinstimmungen sagte Meinl-Reisinger, man teile wohl das Ziel, die Steuern in Österreich zu senken. Auch bei Datenschutz stehe man eher auf derselben Seite – und bei der Frage einer grundlegenden Reform Österreichs etwa in Sachen Föderalismus. Kickl nahm zumindest diesen Ball auf und warb für eine große Strukturreform.
Er verwies auf Länder wie Dänemark und Schweden, die mit weniger Geld in einzelnen Bereichen wie Bildung größere Erfolge erzielen. Auch die Senkung der Lohnnebenkosten und eine Absage an Vermögenssteuern entpuppten sich im Laufe des Gesprächs als gemeinsames Anliegen.
Einige wenige Gemeinsamkeiten könnte Meinl-Reisinger mit der FPÖ entdecken.
Mit der Einigkeit schnell vorbei war es allerdings, als Kickl das Gespräch Richtung EU lenkte: Ernsthafte Ambitionen von NEOS für eine Entbürokratisierung seien angesichts der EU-Freundlichkeit der Liberalen unglaubwürdig, das passe mit den EU-„Wahnsinnigkeiten“ wie etwa dem „Klimakommunismus“ zusammen.
Was die FPÖ mit NEOS umsetzen kann
NEOS würde die „Vereinigten Staaten von Europa“ wollen und damit „unserem Staat das Veto aus der Hand schlagen“, so Kickl. „Sie wollen Österreich abschaffen“, meinte er zu Meinl-Reisinger. Die FPÖ wolle sich hingegen Kompetenzen aus Brüssel zurückholen. Meinl-Reisinger verwies hingegen darauf, dass ein gemeinsames Europa auch die Sicherheit stärke, und führte das Raketenabwehrprogramm „Sky Shield“ als Beispiel an.
Kickl nutzte die Frage nach Gemeinsamkeiten schnell zur Abgrenzung in Sachen EU.
In Sachen Inflation kritisierte die NEOS-Chefin die Regierung, die Teuerung auch noch angefacht zu haben. Jetzt leide die Wirtschaft, das sei das „dicke Ende“. Die Vorschläge, die die FPÖ zur Inflationsbekämpfung vorgeschlagen hatte, wie Preisdeckel und das Verteilen von „Helikoptergeld“, hätten 7,5 Milliarden gekostet, rechnete Meinl-Reisinger vor.
Kickl verteidigte diese Pläne: Andere Länder hätten damit Erfolge erzielt, meinte er. Die Ursachen für die Teuerung vermutete Kickl aber abermals auf EU-Ebene: der „gewollte“ Ausstieg aus fossiler Energie und die Sanktionen gegen Russland. Energie sei der „Sauerstoff“ für alle Wirtschaftsbereiche. Erneut forderte er einen Ausstieg aus dem „klimakommunistischen Wahnsinn“.
Und bei der Frage der Maßnahmen gegen die Teuerung waren sich die beiden Parteichefs ganz und gar nicht einig.
Ganz in seinem Element war Kickl schließlich beim Thema Migration: Er würde keinen Asylantrag mehr annehmen. Der Einwand, dass das laut Rechtsexperten etwa gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstoße, störte den FPÖ-Chef nicht: „Wir würden es einfach machen“, so Kickl: „Wie es die Ungarn machen.“ Er zeichnete ein düsteres Bild: Österreicher würden Opfer einer „Völkerwanderung“, in den Schulen werde den Kindern „die Zukunft gestohlen“. Er sprach von Massenvergewaltigungen durch Zuwanderer, mit denen Familien zerstört würden.
Kickl erneuerte seine Forderung nach einem Asylstopp – auch wenn das gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstoßen würde
Meinl-Reisinger konstatierte Kickl ein „sehr simples Weltbild“. Es brauche Lösungen, statt das Problem groß zu machen. Zuwanderer müssten Deutsch lernen, sie müssten arbeiten und sich an die Werte der liberalen Demokratie halten. Das müsse man fordern und fördern.
Die NEOS-Chefin verwies auf das Umdenken der EU, nur gemeinsam könnten der strengere Schutz der Außengrenzen und rasche Asylverfahren gelingen. Europa habe zudem mehr Verhandlungsmacht mit Drittländern. Kickl warf sie als damaligem Innenminister der ÖVP-FPÖ-Koalition vor, kein einziges Rückführungsabkommen geschlossen zu haben.
Meinl-Reisinger sieht Fehler schon bei Schwarz-BlauAuch andere Umsetzungsschwächen in Landesregierungen mit FPÖ-Beteiligung und Fehler der Vergangenheit warf die NEOS-Chefin Kickl vor. So habe Schwarz-Blau die Mindestsicherung zerschlagen und einen föderalen Fleckerlteppich verursacht, der jetzt Probleme bereite. Die Zusammenlegung der Sozialversicherungen habe nicht die versprochene „Patientenmilliarde gebracht“, sondern zusätzliche Kosten verursacht.
Am Abend sind Werner Kogler (Grüne) und Andreas Babler (SPÖ) sowie Beate Meinl-Reisinger (NEOS) und Herbert Kickl (FPÖ) in den ersten TV-Duellen vor der Nationalratswahl aufeinandergetroffen. Politberater Thomas Hofer mit einer Analyse.
Kickl machte dafür das Ende der damaligen Koalition und die danach fehlende politische Kontrolle verantwortlich. Er wiederum sah NEOS auch nach der Wahl nicht in der Position, große Reformen durchsetzen zu können. Als Juniorpartner in einer Koalition fehle das Gewicht – ein Gewicht, das die FPÖ als stärkste Partei haben würde.