Kultur: Festspiele trennen sich von Schauspielchefin Davydova

2 Stunden vor

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Die Salzburger Festspiele lösen mit sofortiger Wirkung den Vertrag von Schauspielchefin Marina Davydova auf. Das wurde am Donnerstag bei der Sitzung der Festspielkuratoriums bekannt. Grund seien „Verstöße gegen vertragliche Dienstpflichten“.

Marina Davydova - Figure 1
Foto ORF Salzburg

Online seit gestern, 14.57 Uhr (Update: gestern, 22.40 Uhr)

In einer Presseaussendung konkretisierten die Festspiele: „Insbesondere durch die weder angezeigte noch genehmigte Tätigkeit Marina Davydovas bei einem Berliner Theaterfestival haben die Salzburger Festspiele das Dienstverhältnis mit Marina Davydova mit sofortiger Wirkung aufgelöst. Die Beschlussfassung des Direktoriums – Kristina Hammer, Markus Hinterhäuser und Lukas Crepaz – wurde dem Kuratorium vorgelegt und von diesem genehmigt. Das Direktorium der Salzburger Festspiele bedauert diese Entwicklung außerordentlich.“

Marina Davydova hätte nächste Woche als Teil der Festspiel-Programmpräsentation auch das Schauspielprogramm 2025 vorstellen sollen Schauspielleitung wird neu ausgeschrieben

Aus Kuratoriumskreisen hieß es am Donnerstag, dass sich Davydova auch mehrmals öffentlich kritisch über die Festspiele geäußert und bei Dienstreisen die Grenze zu Privatreisen nicht immer klar gezogen haben soll. „Vor allem aber hat sie offenbar im Schauspiel nicht geliefert, was man von ihr erwartet hat“, so ein Kuratoriumsmitglied zur APA. Das Kuratorium beschloss außerdem, dass die Schauspielleitung neu ausgeschrieben wird.

Davydova scheint beim bis Freitag laufenden Voices Performing Arts Festival in Berlin als Teil des zweiköpfigen „Artistic Committee“ auf. Ein Theaterstück von ihr war dort auch Bestandteil einer siebenstündigen Lesung. Davydova hätte in wenigen Tagen das Schauspielprogramm der Festspiele für 2025 bekanntgeben sollen – im Rahmen der Programmpräsentation des Festivals. Sie war gegenüber der APA am Donnerstagnachmittag zu keiner Stellungnahme bereit.

Salzburger Festspiele trennen sich von ihrer Schauspielchefin

Die Salzburger Festspiele trennen sich vorzeitig von ihrer Schauspielchefin, der Theatermacherin Marina Davydova.

Wirbel um „Jedermann“-Neuinszenierung

Ihre erste Saison heuer war vor allem von der überraschend angesetzten „Jedermann“-Neuinszenierung geprägt. Unter der Regie von Robert Carsen übernahm Philipp Hochmair die Rolle des Jedermann, Deleila Piasko spielte die Buhlschaft. Diese Inszenierung wurde heuer im Sommer vom Publikum gefeiert – mehr dazu in Viel Begeisterung für neuen „Jedermann“ (salzburg.ORF.at; 21.7.2024).

Davor hatte Davydova im Oktober 2023 aber für Wirbel gesorgt: Sie hatte unerwartet bekanntgegeben, dass die Inszenierung aus dem Sommer 2023 mit Michael Maertens als Jedermann unter der Regie von Michael Sturminger abgesetzt wird. Damals sprach sie von einer „sehr schwierigen Entscheidung“, die nicht von einem Menschen allein getroffen werden konnte. Intendant Hinterhäuser wollte das damals zunächst nicht kommentieren. Maertens und Sturminger zeigten sich „überrascht und verwundert“ – niemand habe vor der Absetzung mit ihnen gesprochen, gaben sie an.

Wäre bis 2026 im Amt gewesen

Die Exilrussin war seit Oktober 2023 im Amt – und hätte eigentlich einen Vertrag bis Herbst 2026. Die 1966 im aserbaidschanischen Baku geborene Davydova arbeitete bereits vor ihrer Zeit bei den Festspielen mit Intendant Hinterhäuser zusammen – 2016 als Schauspieldirektorin bei den Wiener Festwochen.

Davydova war Theaterkritikerin, Chefredakteurin der Zeitschrift „Teatr.“, Kuratorin und Festivalleiterin. Mit ihrem Festival Neues Europäisches Theater (NET) war sie für den russischen Theaterboom seit Mitte der 2000er Jahre mitverantwortlich, dem die Politik von Präsident Wladimir Putin ein Ende setzte.

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