Träume für den Moment, Abschiede für immer

28 Mär 2023

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"Arrivederci war dein letztes Wort / Arrivederci und dann gingst du fort / Wann kommst du wieder, hab ich dich gefragt / Und deine Träne hat mir alles gesagt." Wo Schlager zur Kunst wird, basiert er immer auf zwei großen Ws: Neben der Wehmut, die emotionalen Tiefgang abseits der reinen Unterhaltung garantiert und Gefühle wie Verlustschmerz und Ängste in ein Umfeld setzt, in dem sonst verlässlich die Sonne scheint, müssen große Lieder des Genres Wahrhaftigkeit nicht nur vorspielen, sondern sie auch mit jedem Ton leben.

Steinerweichend

Nach Wahrhaftigkeit im Schlager muss man im Jahr 2023 mit der Lupe suchen, "Melancholie" von den Bambis hingegen war so ein Lied, das sie vorlebte und mit sehr viel Wehmut verband: ein Lied der Sehnsucht, ein Lied voller Abschiedsschmerz vor allem, verkörpert durch den steinerweichenden wie steinerweichend zärtlichen Leidensgesang von Georg "Mandy" Oswald, dargebracht mit zitternder Tremologitarre, angekränkeltem Basslauf und unterschwellig schmirgelnder Orgel.

1965 veröffentlicht, war "Melancholie" inhaltlich im September angesetzt und somit herbstlich-depressiv an das Ende von etwas gelegt, das Mandy mit seinen Bambis auch in weiteren Stücken wie der Udo-Jürgens-Komposition "Sommertraum" und "Es war nur eine Liebelei" besang – um es mit seinem in die Länge gezogenen "Arrivederci" zur Zeit des sich Bahn brechenden Massentourismus mit der kollektiven Sehnsucht nach dem (italienischen) Süden noch weiter aufzuladen. Träume sind Träume nur für den Moment, Abschiede hingegen sind Enden für immer: "Es war ein Sommertraum, wieder ein Sommertraum / Der mir die Blume gab / Die er mir wieder nahm . . ."

Historisch kamen die Bambis nach Ursprüngen als Tanzband mit (eingedeutschen) Coverversionen und Quartier in der "Tenne" im ersten Wiener Gemeindebezirk zur rechten und falschen Zeit auf einmal: Schlager und Pop waren dabei, sich auszudifferenzieren und Antipoden zu werden, die Bambis aber lieferten großen Pop noch mit den Mitteln des Schlagers. An der 1958 gegründeten und von Conny Fuchsberger, Hannes Schlader und Peter Holzer komplettierten Band mussten die Beatles erst einmal vorbei, wenn sie mit den Singles aus ihren Alben "Help!" und "Rubber Soul" in die heimischen Charts einsteigen wollten. Bogen John Lennon, Paul McCartney und George Harrison mit "He’s a real nowhere man / Sitting in his nowhere land" recht rätselhaft um die Ecke, war da bereits Mandy, der mit zum Heulen schönen Songs nahe am Publikum dafür sorgte, dass kein Auge trocken blieb: "Nur ein Bild von Dir, aus schönen Tagen / Zeigt mir heute noch, was einmal war / Doch das Bild von Dir, kann mir nicht sagen / Wie das Glück zerrann, das so schön begann."

Für alle Zeiten

Bereits 1967 aus persönlichen Gründen aufgelöst, feierten die Bambis 1984 in der Wiener Stadthalle sowie 1986 und für einen letzten gemeinsamen Auftritt 1990 auf dem Wiener Donauinselfest lose Comebacks. Mandy blieb der Szene als gerne gesehener Gast auf diversen Schlagerfesten erhalten, begab sich im Jahr 1995 aber auch auf ungewohntes Terrain: Auf dem Album "In einem Haus das Liebe heißt" der österreichischen Band Der Scheitel (Fritz Ostermayer, Christian Schachinger, Harald Waiglein . . .) hört man ihn als Gastsänger einer großen Coverversion von David Bowies Song "Heroes" ("Helden") zu heulenden Pedal-Steel-Gitarren für immer und alle Zeiten.

Erst im Vorjahr hat Georg "Mandy" Oswald seinen Bühnenabschied verkündet, jetzt ist er im 88. Lebensjahr in Wien verstorben.  

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