Gegen den Iran: Banges Warten auf Israels Vergeltungsschlag

2 Stunden vor

Gegen den Iran

Kurz vor dem ersten Jahrestag des Massakers der Terrororganisation Hamas in Israel am 7. Oktober herrscht nervöses Warten auf die angekündigte Vergeltung Israels für den kürzlichen Raketenangriff des Iran. Israel werde reagieren, sagte Regierungschef Benjamin Netanjahu am Samstag. Zeitpunkt und Art der Reaktion ließ er offen.

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„Kein Land der Welt würde einen solchen Angriff auf seine Städte und Bürger akzeptieren“, sagte Netanjahu in einer Ansprache. „Israel hat die Pflicht und das Recht, sich zu verteidigen.“ Das Land werde auf die iranischen Angriffe reagieren. Die israelische Zeitung „Haaretz“ berichtete unter Berufung auf die Armee, die Reaktion werde „bedeutend“ sein.

Die Armee „bereitet sich auf einen bedeutenden Angriff im Iran vor, nachdem diese Woche ein Raketenangriff aus Teheran erfolgte“, hieß es laut der Zeitung weiter. Die Armee schließe nicht aus, „dass der Iran nach dem israelischen Angriff erneut Raketen auf israelisches Gebiet abschießt“.

Zerstörte Gebäude in Beirut

Israel habe der Regierung von US-Präsident Joe Biden nicht zugesichert, dass ein möglicher Angriff auf die iranischen Atomanlagen vom Tisch ist, sagte ein hochrangiger Beamter des US-Außenministeriums dem US-Fernsehsender CNN. Biden hatte sich gegen einen solchen Angriff ausgesprochen. Der republikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump widersprach ihm: „Seine Antwort hätte sein sollen: Zielt zuerst auf die Atomanlagen und macht euch über den Rest später Gedanken.“

Bedrohung durch Hisbollah nicht vom Tisch

Der Iran hatte Israel am Dienstagabend mit rund 200 Raketen angegriffen, ein Großteil davon konnte nach israelischen Angaben abgefangen werden. Israel drohte dem Iran nach dem Raketenangriff mit Vergeltung. Dem Iran zufolge war der Angriff eine Reaktion unter anderem auf die Tötung des Chefs der proiranischen Hisbollah-Miliz, Hassan Nasrallah, bei einem israelischen Luftangriff in Beirut.

In seiner Ansprache gab Netanjahu auch an, Israels Armee habe bei ihren Angriffen auf das Nachbarland „einen großen Teil“ des Raketenarsenals der libanesischen Hisbollah-Miliz zerstört. Die Bedrohung sei aber noch nicht vollständig beseitigt.

Nach Angaben Netanjahus plante die Hisbollah ein noch größeres Massaker in Nordisrael als jenes der Terrororganisation Hamas vor rund einem Jahr im Süden des Landes. Israel habe die Hisbollah-Kommandanten, die das vorgehabt hätten, aber getötet.

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Scharfe Kritik an Macrons Waffenembargo

„Während Israel gegen die vom Iran angeführten Kräfte der Barbarei kämpft, sollten alle zivilisierten Länder fest an Israels Seite stehen“, forderte Netanjahu. Während westliche Staats- und Regierungschefs Waffenembargos gegen Israel forderten, verhänge der Iran kein solches Embargo etwa gegen die Hisbollah oder die Huthi-Miliz im Jemen. „Diese Terrorachse steht zusammen.“

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte zuvor einen Stopp von Waffenlieferungen an Israel gefordert. Netanjahu verurteilte das scharf. Er betonte, Israel verteidige sich derzeit an mehreren Fronten. Das Land werde weiter für den Frieden und die Sicherheit in der Welt kämpfen, bis die Schlacht gewonnen sei.

Gegenseitige Angriffe gehen weiter

Unterdessen ging der gegenseitige Beschuss zwischen der Hisbollah und der israelischen Armee weiter. Die Miliz habe rund 130 Flugkörper Richtung Israel gefeuert, teilte das israelische Militär mit. Berichte über Opfer und Schäden gab es zunächst nicht. Die israelische Armee führte erneut heftige Luftangriffe im Süden von Beirut durch. Es seien vier „sehr gewaltsame“ Angriffe gegen die südlichen Vororte der libanesischen Hauptstadt geflogen worden, meldete die staatliche libanesische Nachrichtenagentur NNA.

Bodentruppen zerstörten zudem weitere Tunnel der Miliz und Waffenlager. Israels Armeechef Herzi Halevi kündigte ein weiter entschiedenes Vorgehen gegen die Hisbollah an. „Wir müssen weiterhin Druck auf die Hisbollah ausüben und dem Feind weiteren und kontinuierlichen Schaden zufügen, ohne Zugeständnisse und ohne Ruhepause für die Organisation“, sagte der israelische Generalstabschef nach Angaben der Armee.

Viele Menschen sind auf der Flucht Evakuierungen im Gazastreifen angeordnet

Die israelische Armee hatte zuvor Einwohnerinnen und Einwohner der südlichen Vororte Beiruts aufgefordert, mehrere dortige Wohngegenden zu verlassen. Dies sei zur „eigenen Sicherheit“ notwendig, hieß es in dem Aufruf. Geflüchtete Libanesinnen und Libanesen sollten außerdem nicht zu ihren Wohnorten zurückkehren. Die israelischen Angriffe auf Dörfer im Libanon würden fortgesetzt.

Erstmals seit mehreren Wochen ordnete die israelische Armee auch wieder die Evakuierung von Gebieten im Gazastreifen an. Die am Samstag auf X veröffentlichte Anordnung gilt für Gebiete nahe dem Nezarim-Korridor im Zentrum des Palästinensergebiets. Die israelischen Streitkräfte würden sich darauf vorbereiten, „große Gewalt“ gegen Kämpfer der militanten Palästinenserorganisation in diesen Gebieten anzuwenden, hieß es.

Halbe Million Menschen auf der Flucht

Die humanitäre Krise im Libanon wird nach UNO-Angaben immer größer. Mehr als eine halbe Million Menschen sei in dem Mittelmeer-Land inzwischen auf der Flucht, 285.000 hätten das Land verlassen, berichtete das UNO-Nothilfebüro (OCHA). Die Zahl der konfliktbedingten Todesfälle sei innerhalb der vergangenen zwei Wochen um 200 Prozent gestiegen, die der Vertriebenen um 385 Prozent. Nach Angaben der UNO-Organisation für Migration (IOM) waren bis Donnerstag mehr als eine halbe Million Menschen (541.527) im Land auf der Flucht.

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