Isabelle Huppert: Die beobachtete Beobachterin

21 Mär 2023
Isabelle Huppert

Uwe Kreißig - Sie spielt unterkühlt und dennoch eindrücklicher als die meisten „Method-Acting“-Anhänger nach Lee Strasberg, sie ist keine Model-Schönheit wie ihre französischen Kolleginnen Jacqueline Bisset oder Carole Bouquet und wirkt durch ihre Schauspielkunst doch anziehender, sie ist weltberühmt, doch von den Verrücktheiten der Filmbranche hielt sie sich immer fern. Heute wird die französische Schauspielerin Isabelle Huppert 70 Jahre alt.

Nach ihrem Filmdebüt 1971 kann sie bereits zwei Jahre später bei Großmeister Claude Sautet in dessen Film „César und Rosalie“ lernen. Sie überzeugt dort an der Seite von Sami Frey, Yves Montand und Romy Schneider.

Ihre Schauspielkunst liegt bereits in den ersten Berufsjahren auf einem Niveau, das im Vergleich den meisten deutschen Kolleginnen fremd geblieben ist. Später wird sie es noch ausbauen. In ihren Filmen mit der französischen und europäischen Regieelite nimmt sie immer in der Regel tragende Rollen wahr.

Nur ein Ausschnitt der Liste der Regisseure, die sie engagierten, liest sich wie der Ausriss eines gehobenen Filmlexikons: Wes Anderson, Luc Bondy, Claude Chabrol, Patrice Chéreau, Marco Ferreri, Jean-Luc Godard, Michael Haneke, François Ozon, Paul Verhoeven oder Andrzej Wajda. Und auf der Theaterbühne arbeitete sie mit Größen wie Bob Wilson oder Peter Zadek.

Hupperts Spiel ist gleichermaßen intuitiv, logisch und durchdacht angelegt: „Ich bin mir bewusst, dass ich mich beobachte, wenn ich beobachtet werde. Und ich glaube, das kommt daher, dass ich die Fähigkeit habe, die Person, die mich beobachtet, zu beobachten, dass ich das Andere aus mir herausprojizieren kann, den archimedischen Punkt, an dem ich mir selbst fremd bin“, reflektierte sie einmal ihre differenzierte Vorstellung von Schauspiel.

Während sie mit extremen Sujets wie in „Elle“ von Paul Verhoeven oder „Die Klavierspielerin“ von Michael Haneke keine Probleme hat, ist ihr Privatleben ruhig und abgeschottet. Eskapaden oder Trennungsmelodrame sind von Isabelle Huppert unbekannt. Mit dem Regisseur und Produzenten Ronald Chammah teilt sie seit Jahrzehnten ihr Leben. Das Paar hat drei Kinder. Viel mehr ist über dieses Kapitel nicht bekannt.

An Filmkitsch hat sie sich – von ein paar Ausreißern abgesehen – nicht beteiligt. Tief emotionale Filme („Valley of Love“, „Greta“) sind dagegen immer möglich.

Für den kritischen Kinobesucher, der bei der Vorauswahl immer stärker in Nöte gerät, ist ein neuer Huppert-Film eine sichere Sache für einen schönen Abend.

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