Zusammenhalt als große Stärke

27 Feb 2024

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“Zusammenhalt als große Stärke”

Veröffentlicht am 27. Februar 2024 linza 0

Blau-Weiß Linz - Figure 1
Foto linza.at

Vor einem Jahr wurde Ex-Rapid Wien-Geschäftsführer Christoph Peschek als neuer starken Mann beim FC Blau-Weiß Linz präsentiert. Ihm gelang es in dieser Zeit nicht nur,  den Aufsteiger auf ein völlig neues Fundament zu stellen, sondern auch das neue Donauparkstadion zu vermarkten und eine Verfünffachung der Zuschauerzahlen zu realisieren. Wir sprachen mit dem 40-jährigen Wiener über seine persönlichen Ziele und wohin die Reise für den FC Blau-Weiß Linz noch führen könnte.

Der Einstieg in die Bundesliga, die Eröffnung des neuen Stadions samt Vermarktung und die Etablierung in der höchsten Spielklasse Österreichs: Hinter Ihnen liegen extrem intensive Monate. Auch wenn Sie stets den Verein und seine Mitarbeiter in den Vordergrund stellen: Sind Sie auf sich selbst auch ein bisschen stolz? Ich bin stolz auf die Mannschaft, das Trainerteam, die Mitarbeiter, weil große Erfolge immer eine Teamleistung sind. 2023 war mit Sicherheit ein blau-weißes Jahr, wir haben unglaubliche Kapitel eines Buches geschrieben, das aber noch lange nicht fertig ist.

Christoph Peschek im Spielertunnel des Donauparkstadions: “Es fehlen noch einige Kapitel im blau-weißen Buch.” (Foto: Holzleitner)

Sollte der Liga-Erhalt heuer gelingen: Wie soll es aus Ihrer Sicht mit dem Klub weitergehen? Welche realistischen Ziele kann man sich kurz- und mittelfristig setzen? Wir haben für uns drei Zielbereiche definiert: Sportlich, gesellschaftlich und wirtschaftlich. Sportlich ist das Ziel mit dem Verbleib und der Etablierung in der Bundesliga klar. So wollen wir Talente aus dem Nachwuchs für die eigene Kampfmannschaft entwickeln und auch bei den Amateuren und mit dem Frauenteam so erfolgreich wie möglich sein. Zusätzlich ist das Thema einer Nachwuchsakademie für die Zukunft sehr wichtig, daran arbeiten wir momentan sehr intensiv – und dafür haben wir auch eine Projektgruppe gegründet.

“Ziel ist es, uns beim Budget Richtung der Zehn-Millionen-Grenze zu nähern, das geht aber freilich nicht von heute auf morgen.”

Und was meinen Sie mit “gesellschaftlichen” Zielen? Wir wollen DER Verein mit sozialer Verantwortung in Linz und darüber hinaus sein. Beispiele sind unser Special Needs Team oder der Kinder- und Familiensektor, wo Kinder und Jugendliche bis 18 Jahren kostenlos ins Stadion dürfen und wohin auch immer wieder spezielle Personengruppen einladen, um die Bundesliga live erleben zu können.

Der dritte angesprochene Punkt sind die wirtschaftlichen Ziele. Hier gilt es, Stabilität sicherzustellen und dass der Verein dadurch auf gesunden wirtschaftlichen Beinen steht. Ohne dieses Fundament gibt es auch keinen sportlichen Erfolg. Ziel ist es, uns beim Budget Richtung der Zehn-Millionen-Grenze zu nähern, das geht aber freilich nicht von heute auf morgen. Und natürlich wird hier die Frage sein, ob wir die aktuellen Zuschauerzahlen beständig auf diesem hohen Niveau halten werden können. Ich bin da sehr optimistisch, gleichzeitig aber auch sehr konservativ unterwegs, was die Budgetplanung und die Zahlen anbelangt. Mein Motto: Lieber eine Korrektur nach oben als nach unten.

Aufgrund der begrenzten Größe des Donauparkstadions und der günstigen Eintrittspreise spielen die Zuschauereinnahmen in Summe keine große Rolle im Budget, oder? Das muss man im Ganzen betrachten: Einerseits ist jeder einzelne Euro für den Verein sehr wertvoll. Und zum anderen ist ein volles Stadion wichtig, um für Sponsoren und Werbepartner überhaupt attraktiv zu sein.

Blau-Weiß Linz - Figure 2
Foto linza.at

Was bei der Aufzählung der Ziele fehlte, war die Errichtung eines Tainingszentrums, in dem alle Mannschaften des Vereins Platz finden. Bei Rapid Wien haben Sie die Errichtung eines Trainingszentrums mit sechs Rasen- und drei Kunstrasenplätzen um zehn Millionen Euro umgesetzt. Muss nicht das in Wirklichkeit das große Ziel des Klubs für die kommenden Jahre sein? Die Kampfmannschaft ist im Sportpark Lissfeld mit seiner Infrastruktur grundsätzlich gut aufgehoben. Eine ganz große Lösung wie bei Rapid Wien ist in Linz nahezu unmöglich, weil der Platz dazu einfach fehlt und diese Option aus heutiger Sicht nicht besteht. Daher müssen wir in anderen Varianten denken – wie eben einem Nachwuchsakademie-Standort, der gemeinsam mit dem Lissfeld ein großer Meilenstein wäre.

Außer nach dem sportlichen Holper-Start in den ersten Runden gab es weder medial noch von den Fans ein böses Wort, während beim LASK Fans und Verein in einem Dauerclinch zu liegen scheinen. Einmal ist es die Dressenfarbe, dann der Trainer, dann der Präsident oder die Kritik an der Auswahl der Sponsoren. Können Sie das nachvollziehen? Für einen Verein wie dem FC Blau-Weiß Linz ist es wichtig, sich auf sich selbst zu konzentrieren. Einer der Stärken des Klubs ist der enorme Zusammenhalt, diesen Weg setzt wir auch fort, daher gilt der volle Fokus zu 100 Prozent auf uns – und nicht auf den LASK oder andere.

Gibt es dennoch etwas, worum Sie den LASK beneiden? Ja – um die Anzahl an Fußballplätzen, die Infrastruktur des LASK ist wirklich beeindruckend.

“Nicht nur die absolute Zahl der Zuschauer quer durch alle Generationen macht mir eine riesige Freude, sondern auch die grundlegend positive Atmosphäre.”

Stichwort Fans: Rund um den Aufstieg war zu hören, dass man in der Bundesliga mit etwa 2.000 Zuschauern pro Heimspiel budgetierte. Geworden sind es dann 5.000. War das so zu erwarten? Wir sind begeistert und dankbar über diesen enormen Zuspruch – und er hat mich auch ein Stück weit überrascht. Nicht nur die absolute Zahl der Zuschauer quer durch alle Generationen macht mir eine riesige Freude, sondern auch die grundlegend positive Atmosphäre.

Ein großer Kritikpunkt waren die viele Jahre fehlenden Strukturen des Klubs. Unter Präsident Schellmann war der Verein etwas überspitzt gesagt eine One-Man-Show. Eine der Anforderungen an Sie: Aufbau genau dieser fehlenden personellen Strukturen. Wie weit ist der Klub hier? In Summe sind wir etwa zehn Personen – das ist für Bundesliga-Verhältnisse immer noch ein relativ überschaubares, aber umso schlagkräftigeres Team. Für den Moment sind wir sehr gut aufgestellt, aber wenn wir weiterdenken, werden auch hier weitere Schritte gesetzt werden müssen, dabei aber immer die Effizienz im Blickwinkel habend, um ein möglichst großes Budget für die Kampfmannschaft garantieren zu können.

Viele sagen: Das schwerste Jahr ist immer das zweite nach dem Aufstieg. Austria Lustenau bestätigt diese These momentan eindrucksvoll – mit nur einem Sieg nach 20 Runden. Bei Blau-Weiß wird es im Sommer sicher wieder einen personellen Aderlass geben, weil sich manche Kicker ins Rampenlicht gespielt haben und jede Menge Verträge auslaufen. Haben Sie im Falle des Klassenerhalts den nötigen Respekt vor der “schwierigen” zweiten Saison, auch was die Kader-Erstellung betrifft? Wir haben großen Respekt vor jeder Aufgabe, ohne gleichzeitig in Angst zu erstarren. Und ja: Wir planen bereits entsprechend, um bestmöglich vorbereitet zu sein auf alle möglichen Szenarien.

Blau-Weiß Linz - Figure 3
Foto linza.at

Wie lange läuft Ihr Vertrag in Linz eigentlich noch? Bis zum Sommer 2025.

“Ich merke, dass ich mittlerweile eine starke emotionale Verbindung zum Klub aufgebaut habe. Und zu tun gibt es noch mehr als genug in Linz.”

Und dann? Können Sie sich vorstellen, darüber hinaus in Linz zu bleiben? Ihre Hauptaufgaben haben Sie erledigt, Sie könnten sich neuen Herausforderungen zuwenden. Was ich bisher hier in Linz erleben durfte, waren unglaubliche emotionale Highlights – Bundesliga-Aufstieg, Meistertitel, Stadioneröffnung, Heimderby-Sieg, ein Auswärtssieg gegen Salzburg…. das sind Dinge, die bleiben ewig in Erinnerung. Ich merke aber auch, dass ich mittlerweile eine starke emotionale Verbindung zum Klub aufgebaut habe. Und zu tun gibt es noch mehr als genug in Linz.

Und eine Rückkehr in die Politik? Sie saßen ja bekanntlich schon einige Jahre im Wiener Landtag. Ab 2026 wäre der Posten des Linzer Bürgermeisters vakant, weil Klaus Luger sich in den Ruhestand verabschiedet. Wäre doch eine spannende Personal-Rochade: Luger wird Präsident des FC Blau-Weiß Linz und Sie neuer Bürgermeister. (Lacht) Ich kann ich mir offen gesagt nicht vorstellen, dass ich Bürgermeister von Linz werde, so reizvoll der Job auch ist.

Ist ein Management-Job im Fußballgeschäft überhaupt etwas auf Dauer Erstrebenswertes? Eigentlich stehen Ihnen alle Türen offen – auch in anderen Branchen als jenen, wo man heute nicht weiß, ob man morgen noch in Amt und Würden ist. Mit dem Ende bei Rapid Wien waren für mich Reflexion und Nachdenken über andere Optionen wie Privatwirtschaft, Rückkehr in die Politik oder ein ausländischer Fußballklub angesagt, was ganz normal ist in so einer Situation. Der Fußball begeistert mich aber seit Kindesbeinen an, daher bin ich auch demütig und dankbar, in diesem Bereich tätig sein zu dürfen. Wenn man sieht, dass Vereine wie der FC Blau-Weiß Linz für tausende Menschen so etwas wie der Lebensmittelpunkt sind, bedeutet das auch eine große und wunderschöne Verantwortung. Daher kann ich mir gut vorstellen, auch mittelfristig weiter im Fußballbereich tätig zu bleiben.

Käme ein Klub im Ausland für Sie jemals in Frage? Nach meinem Weggang bei Rapid Wien war das trotz Anfragen internationale Klubs für mich keine Option, weil ich ja auch zwei kleine Kinder habe und das Projekt Blau-Weiß Linz einfach das Spannendste war. Was in ferner Zukunft passiert, kann ich jetzt nicht sagen und daher kann ich auch nichts ausschließen.

Christoph Peschek im März 2023 – kurz nach seinem Amtsantritt im Donauparkstadion – damals noch im Rohbau. (Foto: Holzleitner)

Zuletzt immer wieder in der Kritik stand die Punkteteilung zur Halbzeit der Liga. Unbestritten ist, dass dadurch mehr Feuer und Spannung in die Meisterschaft gebracht wird. Anderseits trifft es gerade den FC Blau-Weiß Linz heuer ganz besonders: Aus aktuell 13 Punkten Vorsprung auf den Abstiegsplatz werden in Kürze nur mehr sieben… Ich bin zumindest in der Qualifikationsgruppe für die Abschaffung der Punkteteilung, weil jede Planungssicherheit verlorengeht. Wenn mehrere Vereine durch diese Halbierung bis zum Schluss nicht wissen, in welcher Liga man im kommenden Jahr unterkommt, bringt das eine doppelte Planung beim Kader, bei den Mitarbeitern und im Budget. Und auch in der Entwicklung junger österreichischer Spieler bedeutet dieser Kampf bis zum Schluss, dass manche Klubs ehre auf erfahrene als auf junge Spieler zurückgreifen. Es ist zudem auch eine Frage der Sportlichkeit und der Gerechtigkeit, dass gewonnene Punkte nicht halbiert werden. Ich persönlich könnte mir im Rahmen der aktuell laufenden Evaluierung des Ligenformats auch eine 14-erLiga gut vorstellen – vor allem, wenn man sieht, was sich infrastrukturell und in der sportlichen Entwicklung mancher Vereine in der zweiten Liga getan hat – etwa in St. Pölten, beim GAK, bei Ried oder Admira/Wacker.

In einem ordentlichen Interview darf eine “Was-wäre-Wenn”-Frage nicht fehlen: Was wäre mit dem FC Blau-Weiß Linz passiert, wenn der GAK letzten Frühsommer nicht den Aufstieg noch in der allerletzten Sekunde verschenkt hätte? Wir stünden auf Rang 1 der zweiten Liga mit einem Schnitt von 3.000 Zuschauern (lacht). Aber es stimmt schon: Natürlich wäre ein weiteres Jahr in der zweiten Liga mit enormen Herausforderungen verbunden gewesen. Alles wäre wohl ein Jahr später passiert – inklusive Derbysieg gegen den LASK (lacht).

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