Verleumdungsprozess: Amanda Knox erneut verurteilt

5 Jun 2024

Verleumdungsprozess

Der Mordfall Meredith Kercher hat vor über 16 Jahren weltweit für Aufsehen gesorgt. Die dafür einst verurteilte, aber später freigesprochene US-Amerikanerin Amanda Knox wurde am Mittwoch in diesem Zusammenhang von einem Gericht in Florenz erneut wegen Verleumdung zu drei Jahren Haft verurteilt. Sie habe einen Unschuldigen des Mordes an ihrer Mitbewohnerin beschuldigt, urteilte das Gericht.

Amanda Knox - Figure 1
Foto ORF

Online seit heute, 12.33 Uhr (Update: 14.05 Uhr)

Praktische Auswirkungen hat die Strafe nicht, da sie durch die Zeit, die die US-Amerikanerin im Gefängnis in Italien bereits abgesessen hatte, gedeckt ist. Knox, die erst zum zweiten Mal seit ihrer Freilassung im Jahr 2011 nach Italien zurückgekehrt war, brach nach dem Urteil in Tränen aus. „Ich hatte mit einer Verurteilung nicht gerechnet, ich bin sehr enttäuscht“, sagte Knox, die mit ihrem Ehemann Christopher Robinson den Justizpalast in Florenz verließ.

Die heute 36-Jährige ersuchte zuvor die Geschworenen und den Richter um einen Freispruch. Knox sagte, sie habe Patrick Lumumba, den kongolesischen Besitzer der Bar, in der sie als Austauschstudentin in der italienischen Stadt Perugia halbtags gearbeitet hatte, fälschlicherweise des Mordes beschuldigt. Das sei auf starken polizeilichen Druck hin in einem nächtlichen Verhör ohne Anwalt oder kompetenten Übersetzer geschehen.

EGMR kippte Urteil aus 2011

Dafür war Knox bereits 2011 wegen Verleumdung zu drei Jahren Haft verurteilt worden. Jedoch wurde das Urteil 2019 vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg gekippt, letztes Jahr forderte Italiens oberstes Gericht eine Neuverhandlung. Die bisherigen Gerichtstermine dazu fanden in Abwesenheit von Knox statt.

Auch am Mittwoch war der Prozess von einem großen Medienaufgebot begleitet

Eine Reaktion zum aktuellen Urteil kam von Lumumbas Anwalt Carlo Pacelli. „Amanda Knox ist kein Opfer, sondern eine Verleumderin“, sagte Pacelli. Lumumba war bei der Anhörung nicht anwesend.

„Ich wusste nicht, wer der Mörder war“

„Es tut mir sehr leid, dass ich nicht stark genug war, dem Druck der Polizei standzuhalten“, sagte Knox in einer neunminütigen vorbereiteten Erklärung vor dem Urteil. An die Geschworenen gewandt sagte sie: „Ich wusste nicht, wer der Mörder war. Ich hatte keine Möglichkeit, es zu wissen.“

On June 5th, I will walk into the very same courtroom where I was reconvicted of a crime I didn't commit, this time to defend myself yet again. I hope to clear my name once and for all of the false charges against me. Wish me luck. Crepi il lupo!

— Amanda Knox (@amandaknox) 3. Juni 2024

Knox, die 2015 endgültig vom Vorwurf des Mordes an der britischen Austauschstudentin Kercher freigesprochen worden war, schrieb am Montag auf X (Twitter): „Ich hoffe, meinen Namen ein für alle Mal von den falschen Anschuldigungen gegen mich reinzuwaschen.“

Brutaler Mord, mediale Schlammschlacht

Kercher war am 2. November 2007 brutal ermordet in der gemeinsamen Wohnung in Perugia entdeckt worden. Ihre Leiche wies 47 Messerstiche auf, zudem war sie vergewaltigt und beraubt worden. Der Fall sorgte weltweit für großes Interesse, alle womöglich Beteiligten berichten bis heute über Grenzüberschreitungen von Boulevardmedien.

Knox in Italien erneut zu Haftstrafe verurteilt

Die 2015 in einem Mordprozess freigesprochene US-Amerikanerin Amanda Knox ist in Florenz vor einem Berufungsgericht erschienen, um einen Freispruch von Verleumdungsvorwürfen zu erreichen. Das Gericht verurteilte sie jedoch erneut zu einer dreijährigen Haftstrafe.

Knox und ihr früherer italienischer Freund Raffaele Sollecito wurden 2009 in erster Instanz zu 26 beziehungsweise 25 Jahren Haft verurteilt. Nach einem jahrelangen juristischen Tauziehen sprach das oberste italienische Gericht die beiden 2015 wegen schlampiger Ermittlungen in dem Fall endgültig frei.

Weiterer Mann verurteilt

Knox, die von Boulevardmedien als „Engel mit den Eisaugen“ tituliert worden war, saß vier Jahre in Italien im Gefängnis, bevor sie in die USA zurückkehren konnte, wo sie heute lebt. Der Fall war später Grundlage für mehrere Bücher, Filme und eine Serie. Auch Knox selbst beteiligte sich an Dokumentationen und Büchern.

Als Täter wurde der Ivorer Rudy Guede ermittelt, dessen DNA am Tatort in Perugia gefunden worden war. Er wurde wenige Wochen nach Kerchers Tod in Deutschland festgenommen und im Oktober 2008 in Italien zu 30 Jahren Haft verurteilt. Im Berufungsverfahren wurde das Strafmaß im Dezember 2009 auf 16 Jahre gesenkt. Im November 2021 kam er vorzeitig frei.

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