Trump lebt von seinem Namen. Nun erhält sein Brand Kratzer.

Donald Trump lebt von seinem Namen. Doch seine Marke erhält wegen der New Yorker Geldstrafe Kratzer. Das trifft ihn im Kern

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Foto Neue Zürcher Zeitung - NZZ

Der frühere US-Präsident und Immobilienmogul Donald Trump steht für Reichtum, Luxus, Glitzer. Mit der hohen Strafe eines New Yorker Gerichts wird indes erstmals klar: So reich und liquide, wie er immer tut, ist er nicht. Das schadet seiner Marke und womöglich auch seiner Präsidentschaftskampagne.

Donald Trump ist wütend über die hohe Kaution im New Yorker Gerichtsverfahren.

Shannon Stapleton / REUTERS

Nie zuvor dürfte Donald Trump so gekränkt worden sein. «Trump Tower is mine!», schrie er förmlich in Bittschriften an seine Anhänger diese Woche. Die «radikale Demokratin und Staatsanwältin Letitia James» sei dabei, seine Liegenschaften zu beschlagnahmen. Darunter auch den «IKONISCHEN» Trump Tower in Manhattan. «Hexenjagd!» Die E-Mail endet mit dem Aufruf, zu spenden. Denn Trump hat nicht genügend Geld. Deshalb ist er so in Rage.

Der ehemalige US-Präsident muss am Montag bei einem New Yorker Gericht 454 Millionen Dollar als Kaution hinterlegen. Er hatte über viele Jahre seine Liegenschaften gegenüber Banken und dem Steueramt falsch bewertet, um bessere Kredite zu ergattern oder weniger Steuern zu zahlen. Das Gericht hat ihn deshalb zu 355 Millionen Dollar Strafe verurteilt. Dazu kommen Gebühren und Zinsen. Trump geht zwar in Berufung. Aber die Kaution muss er trotzdem aufbringen.

Das muss weh tun, denn Trump definiert sich allein durch sein Geld, seinen Reichtum. Nichts ist ihm wichtiger. Er bewertet auch sich selbst nur über Geld, es ist für ihn das absolute Mass, sagte Tony Schwartz. Er hat Trump Ende der 1980er Jahre als Ghostwriter zum Bestseller «The Art of the Deal» zu Ruhm als erfolgreicher Geschäftsmann verholfen: «Wenn man innerlich so leer ist wie Trump und sich allein an Geld misst, dann muss er derzeit eine grosse Erniedrigung fühlen – und einen Schock.»

Kein grosser Vorteil mehr

Trumps Anwälte erklärten dem Gericht Anfang Woche, ihr Mandant habe trotz «beharrlichen Bemühungen» keine Kreditgeber gefunden, die ihm die Kaution vorstrecken würden. Rund 30 Versicherungen lehnten eine Anfrage ab. Treibt Trump die Summe in den nächsten Stunden nicht auf, droht ihm tatsächlich die Beschlagnahmung seiner Liegenschaften und seines Vermögens. Staatsanwältin Letitia James hat bereits erste Schritte zur Konfiskation von Konten und Immobilien eingeleitet.

Wie einschneidend das für Trump wäre, zeigt auch eine Aussage von ihm aus dem Jahre 2011. Damals begann er mit dem Gedanken zu spielen, Präsident zu werden. «Ich meine, das Schöne an mir ist, dass ich sehr reich bin. Wenn ich also 600 Millionen Dollar brauche, kann ich selbst 600 Millionen Dollar aufbringen. Das ist ein grosser Vorteil. Ja, das ist ein grosser Vorteil gegenüber den anderen Kandidaten.» Doch er hat sie nicht, die 600 Millionen, und auch nicht 454 Millionen. Und er ist auch nicht mehr unabhängig, wie damals behauptet.

Die drohende Beschlagnahmung ist für Trump ein Albtraum, denn seine Liegenschaften sind für ihn die Aushängeschilder seines Reichtums und damit seiner Marke und seiner Existenz. «Donald J. Trump ist der Inbegriff der amerikanischen Erfolgsgeschichte. Er ist der Archetyp des Geschäftsmannes – eines ohne seinesgleichen», wirbt er auf der Website seiner Firma, der Trump Organization: «… Trump, ein Synonym für die prestigeträchtigsten Adressen. Dazu gehören der weltberühmte Wolkenkratzer an der Fifth Avenue, der Trump Tower, und die luxuriösen Wohngebäude Trump Parc, Trump Palace, Trump Plaza, 610 Park Avenue, The Trump World Tower (das höchste Gebäude an der East Side von Manhattan) und Trump Park Avenue.»

Trump hatte in den 1980er Jahren die Immobilienfirma seines Vaters Fred Trump geerbt. Er übernahm sich dann aber mit unzähligen Investitionen in Kasinos und sogar eine Fluggesellschaft. Während der Rezession Anfang der 1990er Jahre war er gezwungen, vieles wieder zu verkaufen; einige Spielkasinos musste er in Konkurs gehen lassen, er ging dabei beinahe selbst bankrott. Banken scheuten fortan das Risiko von Geschäften mit Trump.

Geld bringt nur sein Name

Trump erfand sich deshalb neu und begann, nicht mehr selbst grosse Akquisitionen zu tätigen, sondern vor allem Geld mit seinem Namen zu machen. Denn sein Name stand für goldene Fassaden, glitzernde Kronleuchter, exklusive Adressen, luxuriöses Leben – «Trump» wurde zum Kern seines Geschäftsmodells. Er liess andere Firmen Hotels bauen und die finanziellen Risiken übernehmen und verkaufte vor allem seinen Namen, der später auf den Anwesen prangte.

Der Autor Michael Wolff erklärte der «NZZ am Sonntag» vor einigen Jahren, Trump habe sein Talent erkannt, sich als Produkt selbst zu vermarkten. «Wer ein Apartment in einem Trump-Gebäude erwarb, konnte sich mit diesem Image assoziieren», so Wolff.

Investoren weltweit zahlten für den Schriftzug «Trump» an Hotels, Apartments oder Golf-Resorts. Dieses Modell funktioniert bis heute. Trump hat jüngst einen Deal für ein gigantisches Küstenresort in Oman ausgehandelt, das von saudischen Investoren finanziert wird. Er selbst trägt dazu Beratung und Expertise bei, vor allem aber: seinen Namen.

Komplett wurde die Neuerfindung 2004 mit der TV-Show «The Apprentice». Da konnte Trump einen erfolgreichen Immobilienunternehmer spielen, obwohl er mehr als einmal am Abgrund gestanden hatte und sich erst im letzten Moment retten konnte.

Vielleicht gelingt es ihm auch diesmal. Am Freitagmorgen behauptete Trump plötzlich auf seiner Social-Media-Plattform Truth Social, er habe keine Geldsorgen, wolle aber sein Vermögen lieber nicht für eine Kaution ausgeben. «Durch harte Arbeit, Talent und Glück habe ich fast 500 Millionen in bar, das ist ein grosser Teil des Betrages, den ich für meine Präsidentschaftskampagne nutzen wollte.»

Börsendeal ex Machina

Am gleichen Tag kam dann das Glück zurück zu ihm, zumindest auf den ersten Blick. Denn die Investmentfirma Digital World Acquisition (DWA) hat nun seine Trump Media & Technology Group übernommen, zu der Truth Social gehört. Der Deal ist undurchsichtig. Hinter DWA stecken Verbündete Trumps. Bei der Übernahme am Freitag wurde sein Sohn Don Jr. in den Aufsichtsrat der Firma gewählt, die kommende Woche unter Trumps Initialen DJT an die Börse gehen soll.

Trump-Fans haben den Wert der Aktie von 17 Dollar im Januar bis Donnerstag auf 42 Dollar hochgehandelt. Am Freitag hat er seine Media Group für insgesamt rund 6 Milliarden Dollar an DWA veräussert. Auf dem Papier bekommt Trump für seinen 60-Prozent-Anteil an der Media Group etwa 3 Milliarden Dollar.

Aus dem Schneider ist Trump damit noch nicht. Er darf die Papiere frühestens in einem halben Jahr verkaufen. Aber der neue Vorstand könnte ihm eine Ausnahmegenehmigung erteilen. Dennoch kann er auch dann nur kleinere Pakete abstossen. Die Kaution dürfte er also auch so nicht auf die Schnelle auftreiben können.

Zudem steckt hinter der Firma nur Truth Social, und diese Plattform hat 2023 in den ersten neun Monaten 3,3 Millionen Dollar eingenommen – und 49 Millionen Dollar an Schulden aufgehäuft. Somit ist zu erwarten, dass der Kurs des neuen Unternehmens bald eine Talfahrt antritt.

Wird das Trumps Wählerbasis erschüttern? Kaum. Bisher glaubten sie ihrem Messias alles: dass er die Wahlen 2020 gewonnen habe, dass ihn die Gerichte nur aus politischen Gründen verfolgten, dass er sich für die USA aufopfere. Aber was ist mit den anderen Wählern? Vielleicht werden diese sich fragen, ob Trump tatsächlich ein Geschäftsmann ohnegleichen ist. Keine gute Werbung für seine Präsidentschaftskandidatur.

Ein Artikel aus der «NZZ am Sonntag»

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