Erwin Müller: Drogerie-Milliardär von Adoptivkindern verklagt

13 Tage vor
Erwin Müller Drogerie
Klage gegen Erwin Müller Ein Drogerie-Milliardär, seine Jagdfreunde und der große Streit ums Millionen-Erbe

Vor fast zehn Jahren hat der Ulmer Unternehmer Erwin Müller drei Jagdfreunde adoptiert. Sie hatten ursprünglich auf ihren Pflichtteil beim Erbe verzichtet – jetzt ziehen sie dagegen vor Gericht. 

Der Drogerieunternehmer Erwin Müller gilt als passionierter Jäger. Schon vor 15 Jahren berichtete er der WirtschaftsWoche, dass er mit seinem Dackel-Pekinesen-Mischling Gordi bisweilen zur Jagd nach Tirol ausrücken würde. War das Duo bei seinen Streifzügen erfolgreich, gab es dann gerne Hirschkalb in der Betriebskantine in der Ulmer Zentrale.

Vor dem Landgericht Ulm geht es an diesem Montag um eine andere Jagdgesellschaft des Unternehmers: Müller und seine Frau Anita hatten vor fast zehn Jahren ihre drei erwachsenen Jagdfreunde Andreas, Stefanie und Albin J. adoptiert und mit ihnen 2016 einen Vertrag geschlossen. Darin vereinbarten sie einen Verzicht auf den Pflichtanteil am künftigen Nachlass des Unternehmers. Dabei soll es um eine Summe von insgesamt rund 500 Millionen Euro gehen.

Doch inzwischen wollen Müllers Adoptivkinder keinen Verzicht mehr üben:  „Wir greifen den Pflichtteilverzichtsvertrag an, weil wir ihn für sittenwidrig und formnichtig halten“, erklärte Maximilian Ott, Anwalt der Adoptierten. Der Anwalt Anton Steiner vertritt das Ehepaar Müller in dem Fall. Er erklärte auf Anfrage, dass laufende Verfahren grundsätzlich nicht kommentiert würden.

Zerwürfnis bei der Geburtstagsfeier von Erwin Müller

Vor Gericht dürften nun die Hintergründe der Adoption enthüllt werden. Im Zuge der Adoption soll der Unternehmer seinen leiblichen Sohn Reinhard mit einer dreistelligen Millionen-Abfindung aus dem Konzern gedrängt haben, berichtete die „Lebensmittelzeitung“.

2022 soll es dann zum Zerwürfnis zwischen den Adoptivkindern und dem Patriarchen gekommen sein. Die Jagdfreunde wurden beim 90. Geburtstag Müllers offenbar nicht am Ehrentisch platziert. „Meine Mandanten fühlten sich aus der Familie gedrängt. An diesem Tag ist ihnen klar geworden, dass sie ausgenutzt wurden, um Druck auf Reinhard Müller auszuüben, der daraufhin mit einer geringeren Abfindung das Unternehmen verlassen hat. Sie sind menschlich tief enttäuscht“, sagte Anwalt Ott der „Bild“-Zeitung.

Das Gericht dürfte am ersten Verhandlungstag die Möglichkeiten einer gütlichen Einigung abklopfen. Doch wie groß die Chancen dafür sind, ist fraglich.

Erwin Müller gilt als streitbarer Unternehmer. Der 91-Jährige war schon in zahlreiche Prozesse verwickelt. So stritt er sich jahrelang und unter reger Anteilnahme der Öffentlichkeit mit der Schweizer Sarasin-Bank um eine Rückerstattung in Millionenhöhe. Die Bank soll den Unternehmer bei einer im Jahre 2011 getätigten Anlage unzulänglich informiert haben. Müller bekam schließlich Recht.

Dass er einer Konfrontation selten aus dem Weg, zeigte sich schon zu Beginn seiner Karriere: Müller war gerade 15 Jahre alt, als er 1947 seine Ausbildung zum Friseur begann. 1953 richtete er nach Firmenangaben in der elterlichen Wohnung im bayerischen Unterfahlheim seinen ersten Salon ein, den er später nach Neu-Ulm verlegte. „Damals verdiente ich 32 Mark in der Woche, damit ließ sich keine Familie ernähren“, erinnerte sich Müller 2009 im „Focus“. Also habe er einen Gesellen eingestellt, einen zweiten Salon aufgemacht und zog sich schnell den Zorn der Zunft zu.

Ulmer Figarostreit

Gegen die ungeschriebenen Regeln in Ulm öffnete Müller seine Friseurgeschäfte auch montags. Der „Ulmer Figarostreit“ brach los und endete mit Müllers Ausschluss aus der Friseur-Innung. Doch der Unternehmer gab sich nicht geschlagen. Im Gegenteil: Er expandierte nach Kräften und eröffnete einen Laden nach dem anderen, ließ darin nicht nur Haare schneiden, sondern verkaufte auch Parfüm und Kosmetik. Der Handel mit Drogerieartikeln begann. 1969 brachte er von einer Rundreise durch Kanada und die USA die Idee von Drugstores mit Waren des täglichen Bedarfs und von großen SB-Warenhäusern mit. 1973 eröffnete er in Ulm schließlich seinen ersten reinen Drogeriemarkt und stieg rasch zum Gegengewicht von dm, Rossmann und – damals noch – Schlecker auf.

Heute ist Müller mit mehr als fünf Milliarden Euro Umsatz die Nummer drei der Branche, hinter dm und Rossmann. Seine Drogeriekette zählt eigenen Angaben zufolge rund 35.000 Mitarbeiter und mehr als 900 Filialen in Europa.

Müller selbst taucht längst regelmäßig auf den Listen der reichsten Deutschen auf, besitzt allerlei Immobilien, Hotels und einen Golfplatz. Der Schwabe, der in Jugendjahren Architekt werden wollte, liebt neben der Jagd das Segelfliegen und weilt gerne auf Mallorca. Auch von der Droge Drogerie konnte er trotz seines fortgeschrittenen Alters bislang nicht lassen. Noch immer sollen bei ihm geschäftlich viele Fäden zusammenlaufen.

Laut „Lebensmittelzeitung“ hat Müller die Gesellschaftsanteile und sein Vermögen in drei Stiftungen eingebracht, seine Frau Anita sitzt im Aufsichtsrat der Stiftungen. Doch hat Müller keinen Nachfolger im Konzern und mehrfach Stiftungsvorstände ausgetauscht.

Im vergangenen Jahr hatte Anita Müller der „Bild“-Zeitung gesagt, ihr Mann würde in dem Erbschaftsstreit nun um sein Lebenswerk kämpfen, das im Falle der Pflichtanteilszahlung „platt“ wäre. Die Kläger widersprechen: „Die Klage gefährdet keinen Arbeitsplatz“. Es solle lediglich festgestellt werden, ob der Vertrag über den Verzicht auf den Pflichtteil unwirksam sei.

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