Baerbock in den USA: Wo es gar nicht so sehr weh tut

Annalena Baerbock hatte sechs Minuten auf Fox News. Sechs Minuten Interviewzeit, um die Botschaft ihrer Reise in die Vereinigten Staaten an diejenigen zu bringen, die solche Töne sonst selten hören dürften. Genau das war das Ziel der deutschen Außenministerin. Die längste Zeit ging es darum, warum die Unterstützung der Ukraine weiterhin notwendig ist – eine Position, die unter den weitgehend republikanischen Zuschauern des Senders wenig populär ist. So versuchte es Baerbock mit einem persönlichen Zugang: Gerade erst habe sie auf ihrer Reise in die Ukraine das Elend gesehen: „Kinder, die nicht mehr in die Schule gehen können, Kinder, die nach Russland deportiert wurden“, Menschen, „die wie wir in einer freien Welt leben wollen“.

Sofia Dreisbach

Politische Korrespondentin für Nordamerika mit Sitz in Washington.

Baerbock verstand es aber auch, konkret an die amerikanischen Interessen zu appellieren. „Wenn Putin diesen Krieg gewinnt“, sagte sie am Donnerstagabend weiter, „was für eine Botschaft wäre das für andere Diktatoren in der Welt – wie Xi, den chinesischen Präsidenten?“ Auch deswegen müsse die Ukraine den Krieg gewinnen. China gilt in den Vereinigten Staaten dieser Tage als größte Bedrohung, das gilt für Demokraten wie Republikaner. Die Außenministerin nahm außerdem Bezug auf das häufig vorgebrachte Argument, das Geld für die Ukrainer sei im eigenen Land nötiger. Sie verstehe die Sorgen der Amerikaner – Inflation, steigende Lebensmittelpreise. Doch der Preis für ein Ende der Ukraine-Hilfen „wäre so viel höher“.

Deutschland und Europa müssen ihren Anteil leisten

In den Tagen zuvor hatte Baerbock sich bemüht, abseits der Hauptstadt und der Ostküste ein Gefühl für das Land zu bekommen. Bevor nächste Woche die Generalversammlung der Vereinten Nationen in New York beginnt, reiste die deutsche Außenministerin vier Tage lang durch die Vereinigten Staaten. Um die Stimmung dort zu erkunden, wo ihre Aufgaben sie üblicherweise nicht hinführen. Wenn man so will: Sie wollte auch dorthin gehen, wo es mal weh tut. Bis hin zu Fox News.

So weh aber hat es meist dann doch nicht getan. Immer wieder ging es darum, wie zuverlässig die Unterstützung für die Ukraine ist, und wie es um die transatlantische Freundschaft steht. Vieles, was die Außenministerin hörte, konnte sie da zumindest verhalten zuversichtlich stimmen. Doch gerade im Gespräch mit Republikanern wurde klar: Deutschland und Europa müssen ihren Anteil verlässlich leisten. Darauf wird genau geschaut.

So war die Ministerin nicht nur in der Hauptstadt, sondern traf in Texas auch den Gouverneur und republikanischen Hardliner Greg Abbott, der aber doch angetan schien, dass zum ersten Mal seit Helmut Kohl ein deutscher Regierungsvertreter einen texanischen Gouverneur besucht. Baerbock pries in Houston bei einer Diskussion von Bürgern der Stadt mit Bürgern der deutschen Partnerstadt Leipzig die Bedeutung persönlicher Kontakte für die transatlantische Freundschaft. Sie würdigte die Ausbildung auf dem Sheppard Luftwaffenstützpunkt, auf dem neben Deutschland noch weitere Partner ihre Piloten ausbilden, als einen Beitrag zur Sicherheit Europas und kletterte bildgerecht in ein Cockpit.

Am Donnerstag setzte die Ministerin sich in Washington außerdem in einen Stuhlkreis mit Studenten der historisch afroamerikanischen Howard University, an der auch die Vizepräsidentin Kamala Harris studiert hat. Dort bedeuteten transatlantische Beziehungen für Einige etwas ganz anderes: Wenn er das höre, sagte ein Student in der Runde, dann denke er an Sklavenhandel.

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