Verfassungsbeschwerde von ARD und ZDF ist unklug
Die Gewerkschaften jubeln. „Die Klage in Karlsruhe“ sei „der einzig mögliche Schritt gegen die politische Übergriffigkeit von sieben Länderchefs“, die die Empfehlung der Gebührenkommission KEF, den Rundfunkbeitrag zu erhöhen, blockierten, heißt es vom Deutschen Journalisten-Verband. Dass es zu der Klage von ARD und ZDF vor dem Bundesverfassungsgericht, mit der sie die Erhöhung des Beitrags erzwingen wollen, komme, sei „ein Armutszeugnis“ für die Ministerpräsidenten, meint die Gewerkschaft Verdi.
Die Sender sind auf dem Holzweg
Das Gegenteil ist richtig. Nicht die Ministerpräsidenten liegen falsch, die Öffentlich-Rechtlichen sind auf dem Holzweg. Sie klagen und sagen, es gehe um die Rundfunkfreiheit, Recht und Gesetz; dabei geht es ihnen um Pfründe. Mit neun Milliarden Euro aus dem Rundfunkbeitrag pro Jahr und einem Gesamtetat von mehr als zehn Milliarden sind sie mehr als „auskömmlich“ finanziert. Was für alle anderen gilt – dass gespart werden muss – soll für sie nicht gelten.
Und damit das so bleibt, setzen die Anstaltschefs kurz bevor die Ministerpräsidenten ein neues Modell zur Erhebung des Rundfunkbeitrags beschließen – was schon am 12. Dezember der Fall sein könnte –, zur Blutgrätsche an. Die Intendanten wollen die Beitragserhöhung sofort und nicht womöglich erst in zwei Jahren.
Legen sie es auf ein Scheitern der Reform an?
Dafür nehmen sie sogar in Kauf, oder legen es vielleicht sogar darauf an, dass die große Rundfunkreform, die die Länder endlich unter Dach und Fach bringen wollen, scheitert. Für ARD und ZDF hätte das sein Gutes; es ginge weiter mit dem Riesenapparat, über die Streichung von Radiokanälen und TV-Spartensendern müssten sich die Intendanten erstmal keine Sorgen machen.
Und es kann sogar sein, dass sie mit ihrer Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe Erfolg haben und die Richter feststellen, dass die Länder die Empfehlung der Gebührenkommission KEF, den Beitrag um 58 Cent pro Monat zu erhöhen, umgehend hätten ins Werk setzen müssen. Doch gewonnen wäre damit für die Sender nichts. Sie verlören weiter an Rückhalt bei den Bürgern und Beitragszahlern, in deren Auftrag sie angeblich unterwegs sind.
Es scheint so, als hätten der ARD-Vorsitzende Kai Gniffke und der ZDF-Intendant Norbert Himmler die Grundsatzrede des bald aus dem Amt scheidenden WDR-Chefs Tom Buhrow vor zwei Jahren in Hamburg nicht gehört, in der er meinte, die Anstalten sollten sich um einen neuen Gesellschaftsvertrag kümmern. Da pfeifen sie drauf, sie kümmern sich nur um sich selbst.
Die Klage von ARD und ZDF sei legitim, aber vielleicht nicht unbedingt klug, sagt der Medienminister von NRW, Nathanael Liminski. „Mehr Zurückhaltung in eigener Sache“ empfiehlt der bayerische Ministerpräsident Markus Söder den Sendern. Mit „Zurückhaltung“ haben es die Intendanten von ARD und ZDF aber nicht. Sie verwechseln die Rundfunkfreiheit mit den hohen Gehältern, die im öffentlich-rechtlichen Rundfunk gezahlt werden und geben ihre ewige Finanzshow als Demokratieförderung aus. Die Frage ist, ob sie wirklich glauben, dass sie damit noch jemanden außerhalb ihrer eigenen Blase überzeugen.