Schweiz vor Fussball-EM: Gregor Kobel wird den Platz von Yann ...

14 Mär 2024
Schweiz vor Fussball-EMMuss nun Gregor Kobel statt Yann Sommer im Tor stehen? Im Juni spielen die Schweizer Fussballer an der EM in Deutschland. Auf wen soll Murat Yakin zwischen den Pfosten setzen?

Yann Sommer - Figure 1
Foto Basler Zeitung

Publiziert heute um 13:05 Uhr

Gregor Kobel überzeugt bei Borussia Dortmund. Warum auch nicht in der Schweizer Nationalmannschaft?

Foto: Ronny Hartmann (AFP)

Ja: Kobel steht für den Umbruch der Nationalmannschaft

Zweifelsohne: Die Schweizer Fussball-Nationalmannschaft hat kein Goalieproblem. Im Gegenteil: Es ist ein Luxus, wenn Murat Yakin zwischen Yann Sommer und Gregor Kobel wählen kann, wenn es um die Nummer 1 zwischen den Pfosten geht.

Beide spielen auf höchstem internationalem Niveau, beide sind in ihren Clubs jeweils die unumstrittene Stammkraft, und beide verfügen über starke Charaktere. Kurz: Beide sind absolute Führungsspieler, was sie zuletzt wieder am Mittwoch in der Champions League bewiesen: Sommer brachte Inter bei Atletico Madrid trotz klarer Unterlegenheit in ein letztlich verlorenes Elfmeterschiessen, während Kobel daheim gegen PSV Eindhoven das 2:0 festhielt und so das Weiterkommen sicherte.

Dass Yann Sommer auch im Nationalteam seit langem erste Wahl ist, ist verständlich. Der frühere Basel-Schlussmann zeigt nicht erst seit dieser Saison, in der er mit Inter Mailand von Erfolg zu Erfolg sputet, über welch herausragende Qualitäten er verfügt. Vielleicht spielt er aktuell gerade seine beste Saison; seine Statistiken sind jedenfalls durchs Band überragend. 

Auch hat sich Yakin am Ende des vergangenen Jahres klar ausgedrückt und gesagt, dass Yann Sommer an der EM 2024 im Tor stehen wird. Das alles sind Indizien, die für den 35-jährigen Routinier sprechen.

Trotzdem gibt es ein Aber: Yakins Aussage erfolgte sechs Monate vor dem Turnier, vielleicht zu voreilig. Denn bis zur EM dauert es noch einige Zeit, in der viel passieren kann. Auch im Sinne von Kobel, der – so viel lässt sich bereits jetzt sagen – mit Sicherheit Sommer beerben wird, sobald dieser seinen Rücktritt aus der Nationalmannschaft bekannt gibt.

Doch warum soll die Zäsur nicht bereits jetzt erfolgen? Es wäre von Yakin nicht nur ein mutiges, sondern auch ein richtiges Zeichen im Hinblick auf die Zukunft der Schweizer Fussballer. Diese stehen nach dem Turnier in Deutschland womöglich vor einem Umbruch auf mehreren Positionen. Weshalb also nicht jetzt schon Kobel, der sich seinen Weg bis hin zum deutschen Spitzenteam Dortmund hart erarbeitet hat, forcieren?

Yann Sommer - Figure 2
Foto Basler Zeitung

Mit dem 26-jährigen Kobel im Tor hätte die Schweiz einen Vertreter, der Sommer in nichts nachsteht – ausser der geringen Turniererfahrung. Doch wer bei Dortmund die Nummer 1 ist, hat sich Wochenende für Wochenende mit besonderen Drucksituationen auseinanderzusetzen. Auch mit nur einem Einsatz an einem WM-Turnier hat der Zürcher das Zeug, um für die Schweiz ein würdiger Rückhalt zu sein.

Und an Motivation würde es ihm bestimmt nicht fehlen. Denn wer das Vertrauen des Trainers an einem solch grossen Turnier spürt und intern befördert wird, wird sich in jedem der EM-Spiele von seiner besten Seite zeigen wollen. Das ist das, was die Schweiz im Juni braucht. Dominic Willimann

Nein: Erfahrung, Statistik, Form – Sommer hat alle Argumente im Kampf um die Nummer eins auf seiner Seite

Gregor Kobel hat ein Problem. Gemeint ist nicht Yann Sommer, obwohl dieser der Grund ist, weshalb Kobel an der EM nicht zwischen den Schweizer Pfosten stehen wird. Gemeint ist Timing. Denn hätte man die Frage, wer das Tor der Schweiz an der Europameisterschaft in Deutschland hüten sollte, noch im Spätsommer oder Frühherbst letzten Jahres gestellt, hätten viele Argumente wohl eher für Kobel gesprochen. 

Der BVB-Torwart hielt in der Bundesliga fast alles, was es zu halten gab, rettete formschwachen Dortmundern mehr als nur einen Punkt quasi im Alleingang, wurde als bester Torwart der Bundesliga betitelt. Dies, während bei Fans und Experten noch die Nachwehen von Sommers unglücklichem Bayern-Engagement präsent waren. Nicht umsonst wurde deshalb Kritik laut, als Murat Yakin bereits im Dezember verkündete, dass er an der EM auf Sommer setzen werde.

Yann Sommer läuft es mit Inter Mailand aktuell rund.

Foto: Marco Bertorello (AFP)

Nun, nur ein paar Monate später, hat sich das Blatt gewendet. Inter war bis zum Aus am Mittwoch in der Champions League die wohl formstärkste Mannschaft Europas, hatte zuvor alle 13 Pflichtspiele im 2024 gewonnen. Und Yann Sommer ist ihr sicherer Rückhalt.

Der 35-Jährige stellte bereits mehrere Gegentor-Rekorde in der Serie A auf, musste in der Liga erst 13 Mal hinter sich greifen und spielte in 27 Spielen 17 Mal zu null. Klar, Inter verfügt wohl über die nominell stärkere Abwehrreihe als Dortmund, zudem gilt der Bundesliga-Fussball als offensivfreudiger als jener in Italien, weshalb Sommer im Schnitt wohl auch weniger Schüsse zu parieren hat als Kobel. Doch ein guter Goalie muss dann zur Stelle sein, wenn es ihn braucht. Das ist Sommer. Und er hat stets bewiesen, dass er es auch in der Nationalmannschaft ist.

Kurz vor einem Turnier den Torwart zu wechseln, macht selten Sinn. Vor allem dann nicht, wenn der eine Kandidat eine Erfahrung von 86 Länderspielen und vier Turnieren als Stammtorhüter mitbringt. Die Schweizer Nationalmannschaft hat in der EM-Qualifikation häufig nicht überzeugt, würde durchaus von frischem Wind profitieren. Doch nicht auf der Goalieposition, wo Selbstvertrauen und Konstanz wohl noch wichtiger sind als anderswo. 

Gregor Kobel ist ein herausragender Torhüter. Und seine Zeit in der Nationalmannschaft wird kommen. Nach der EM kann die Frage, wer im Schweizer Tor stehen wird, nochmals neu aufgerollt werden. Vielleicht erübrigt sie sich auch von selbst, falls Sommer aus der Nationalmannschaft zurücktreten sollte. Doch kurz vor der Euro spricht alles für Sommer. Oder zumindest so viel, dass ein Wechsel nicht zu rechtfertigen wäre. Benjamin Schmidt

Dominic Willimann ist seit 2007 Sport-Redaktor der BaZ und kennt den regionalen Sport aus dem Effeff. Ebenso ist er mit den Geschehnissen rund um den FC Basel vertraut und hat seit 2007 kein Eidgenössisches Schwingfest verpasst. Mehr Infos

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