Grünen-Chef und Vizekanzler Werner Kogler blieb beim ORF-„Sommergespräch“ am Montag vieles schuldig. Anstelle von konkreten Antworten lieferte er teils flapsige Sager – dafür auch Bewegung Richtung ÖVP in der Debatte um mehr Überwachung von Messengerdiensten.
Er selbst habe sich nicht so sehr verändert, die Medienwelt aber umso mehr, betonte Werner Kogler vor der ersten Einspielung von Interviews mit Jugendfreunden, noch ohne Sakko, dafür mit „Fearless“-Taylor-Swift-Armband geschmückt. Der als „Veteran“ des jährlichen „Sommergesprächs“ im ORF präsentierte Kogler ist als dortiger Gast der erfahrenste Politiker unter allen Spitzenkandidaten. Sein rhetorisches Talent, in jenem Format schon bewiesen, sollte am Montag im vor ihm schimmernden Traunsee jedoch phasenweise baden gehen.
Thürs Ziel war es augenscheinlich, die vielen Abzweigungen des für seine Schachtelsätze bekannten Vizekanzlers zu unterbrechen. So oft, dass ein interessantes Gespräch quasi nie zustande kam. Schon zu Beginn neigte man kurzzeitig umzuschalten, als Thür die ersten TV-Minuten nicht dem Thema der Stunde, dem Terror rund um Taylor Swift, sondern den strukturellen Untiefen des Ärztemangels widmete. Warum bloß? Überraschend war dabei auch, dass Kogler schlecht vorbereitet wirkte. „Ewig nicht“, habe er keinen Kassenarzttermin mehr angefragt. Dass der grüne Gesundheitsminister die prekäre Lage nicht verbessert habe, argumentierte Kogler mit „alten Versäumnissen“, teilte gegen die „seltsame“ Ärztekammer aus und befand, dass sein Minister das aber eh ganz gut mache. Konkrete Vorschläge lieferte er nicht.
„A schene Grax‘n“Erwartbar blieb seine Argumentation als der Terror als zweites Thema doch endlich angesprochen wurde. Er wich aus, anstatt konkrete Antworten auf die islamistische Bedrohung zu liefern. Als Grüne habe man immer gesagt, dass sich jeder an die „Hausordnung“ halten solle. Wo er aber „dazu gelernt“ habe, sei es, dass man „so schnell wie möglich“ Deutsch lernen müsse. Auf den neuen Vorschlag aus Teilen der SPÖ und der FPÖ nach einem Islamismus-Verbotsgesetz, meinte er, dass es „ausreichende Regeln“ gebe. Jedenfalls hätten derlei Täter das „Anrecht auf die Staatsbürgerschaft verwirkt“. Bewegung aber signalisierte er überraschend beim ÖVP-Vorschlag zur Überwachung von Messengerdiensten. Die Grünen hätten sich durch sein „Zutun“ dazu entschieden, den Entwurf in Begutachtung zu schicken.
Der Kommentar Koglers zu seiner eigenen Unterschrift („a schene Grax‘n“) auf einem Taferl neben jener von Sebastian Kurz, die Thür hochhielt, sollte originell zu den Postenbesetzungen überleiten, raubte jedoch wichtige Minuten und dem Zuschauer wohl den letzten Nerv. Das Hickhack zwischen Thür und Kogler gipfelte darin, dass Kogler „im Übrigen“ befand, dass Martin Kocher als Nationalbankchef „qualifiziert“ sei.
Beim Klimathema machte Kogler schließlich seine rhetorischen Punkte. Unsicherer wirkte er aber, als sich Thür rund um Lena Schilling plötzlich selbst zum Thema machte. Schilling tue es leid, sie arbeite auch daran, da wieder herauszukommen, sagte Kogler. Für seine Sager („Gefurze“, „Gemurkse“) versuchte er, versöhnlich zu wirken. Er sprach von einer „unpassenden, unintelligenten Wortwahl“, dennoch aber blieb er recht defensiv. Ob die Grünen nach der Wahl in der Opposition landen, verunsicherte Kogler weniger. „Opposition ist ganz wichtig in der Demokratie“, in der er sich auch als Klubobmann sieht. Wichtig sei aber, dass die Grünen bei der Wahl gestärkt werden. Der montägliche TV-Auftritt ihres Spitzenkandidaten wird ihnen aber wohl nicht als sein stärkster in Erinnerung bleiben.