Der Kanzler und „der Werner“ auf höflicher Schlussrunde

2 Stunden vor
Werner Kogler

Nach fünf gemeinsamen Regierungsjahren trafen Karl Nehammer und Werner Kogler im ORF-Duell aufeinander. In einem höflichen Gespräch, thematisch eher ein Auswärtsspiel für Türkis, sah man einmal mehr, wie wenig die beiden Parteien eint.

Dass Karl Nehammer (ÖVP) und Werner Kogler (Grüne) einen guten Draht zueinander haben sollen, hört man seit Jahren. Dass dies wohl der Realität entsprechen dürfte, davon konnte man sich am Freitagabend in der ORF-Primetime eine knappe Stunde lang live überzeugen. Nach dem Mega-Krach um EU-Renaturierung und EU-Kommissar, dem Beinahe-Koalitionsende und zuletzt wieder intensivierten Attacken zwischen den Koalitionspartnern ( „Wählt sie ab!“, schrieb dieser Tage etwa ein Grünen-Abgeordneter über die ÖVP), führten Kanzler und Vizekanzler auch kurz vor der Wahl noch ein nachgerade freundliches Gespräch. Nehammer nannte Kogler immer wieder „den Werner“, und die beiden waren bemüht, die eigene Regierungsarbeit in einem guten Licht darzustellen.

Das Gespräch, das sich nach der Hochwasser-Katastrophe fast ausschließlich um Klimaschutz drehte, folgte letztlich dem Credo der bald zu Ende gehenden Koalition: Man war sich vorderhand kaum wo einig, vertrug sich aber dennoch irgendwie. Direkt aufeinander geprallt sind die beiden kaum, eher fanden zwei parallele Interviews statt. Dabei stellten die Parteichefs nach und nach ihre unterschiedlichen Ansichten bei Renaturierung, Bodenschutz und dem Föderalismus per se zur Schau. „Mich ärgert das Verhalten der Bundesländer. Ich weiß ja nicht wem es auffällt, aber die Jahrhunderthochwässer kommen mittlerweile alle zehn Jahre“, sagte Kogler – der auch beklagte, dass „Betonbarone, Ölbarone und Gas-Agenten“ in Teilen der ÖVP immer wieder auf offene Ohren stießen. „Wir müssen weniger Straßen bauen“, sagte Kogler, „denn jeder Kilometer Autobahn bedeutet wieder zehn betonierte Fußballfelder“.

Daher warb der Grünen-Chef einmal mehr für die im Regierungsprogramm versprochene, aber am Widerstand von Ländern, Gemeinden und letztlich auch der ÖVP gescheiterten Ziel, den Bodenverbrauch mit fixen Vorgaben massiv zu begrenzen. Nehammer indes verteidigte die Entscheidungsmacht von Ländern und Gemeinden. Auf die Kritik, dem Umweltschutz im Weg zu stehen, entgegnete er: „Wir renaturieren seit Jahren Flächen. Dafür brauchen wir keine Vorgaben aus Brüssel.“ Und: „So wie der Werner schon gesagt hat, haben wir ja eine lange Erfahrung im Umweltschutz.“

„Der Werner“ forderte hernach noch eine generelle Reform der Aufgabenaufteilung zwischen Bund und Ländern, auch mit mehr (Steuer-)Verantwortung auf Landesebene. Man müsse erst einmal „diesen Dschungel an Zuständigkeiten durchforsten, bevor sinnlose Sparpakete kommen“, sagte Kogler. Nehammer gab daraufhin erneut den Föderalisten: „Nehmen wir den Bundesländern nicht die Chance, auf Besonderheiten in den Regionen zu reagieren.“

Kurz noch zur Justiz

Nach einer knappen Stunde entschied die Moderatorin, doch noch das Thema zu wechseln. Man widmete sich also für wenige Minuten der über Jahre erfolglos von ÖVP und Grünen verhandelten Idee eines Bundesstaatsanwalts – um in Kürze abzuhandeln, dass sich Türkis und Grün dabei auch im ORF-Studio nicht einig werden konnten. Nehammer gelang es zum Schluss noch kurz, zu einem Thema zu wechseln, von dem er sich im Wahlkampf mehr verspricht: der Messenger-Überwachung. Die wäre in der Terrorabwehr und für die Sicherheit des Landes essentiell, so der Kanzler. Kogler bekräftige daraufhin das Nein seiner Partei dazu.

Streitpunkt Gewessler

Eine Neuauflage ihrer Zusammenarbeit nach der Wahl schlossen die beiden trotzdem nicht aus. Das wäre jetzt „Spekulation“, sagte Nehammer, erst müsse einmal gewählt werden. Dass die ÖVP erklärte, nicht mehr mit der grünen Klimaministerin Leonore Gewessler regieren zu wollen, versuchte unterdes der Vizekanzler zu relativieren. Auf Gewessler verzichten würde er offenbar nicht: „Es schaut schon jeder Kapitän selber, welche Mannschaft aufläuft“, so Kogler.

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