Initiative vs. Stadt: Erneut heftige Vorwürfe rund um Wiener ...
Nachdem eine Initiative rund um ehemalige, abgelehnte Marktständler beim Wiener Christkindlmarkt im Jahr 2022 Korruptionsvorwürfe gegenüber der Stadt und dem neuen Veranstalter geäußert hat, gibt es heuer erneut Unruhe rund um den Markt. Die Initiative spricht vom "Antisemitismus-Verdacht" wegen einer Klage. MeinBezirk hat recherchiert, was dahinter steckt.
WIEN. Dichtes Gedränge zwischen den Ständen, viele Menschen wärmen sich mit einem Glühweinhäferl die Hände, überall sind Weihnachtskugeln und -beleuchtung sowie Lebkuchenherzen zu finden und die berühmtesten Weihnachtslieder erklingen im Hintergrund. So in etwa kann man die Atmosphäre an jedem Christkindl- und Weihnachtsmarkt in Wien beschreiben.
Doch hinter den Kulissen und den zahlreichen Marktständen kann die Atmosphäre auch düster ausschauen. Wir springen in das Jahr 2022 zurück: Nach 16 Jahren hat der SPÖ-nahe Akan Keskin und sein „Verein zur Förderung des Marktgewerbes“ (VzFM) das Sagen beim Christkindlmarkt am Rathausplatz an die Stadt Wien Marketing GmbH übergeben – mehr dazu hier.
Annäherungsverbot nach DrohungMit der Übernahme sollte einiges neu werden, so wurden sämtliche Standplätze neu ausgeschrieben. Eine „unabhängige Kommission“ hat dann entschieden, wer die begehrten Plätze bekommt. Als ein langjähriger Markthändler informiert wurde, dass er bei der neuen Ausschreibung leer ausgegangen ist, soll er den Marktkoordinator der Stadt Wien Marketing GmbH bedroht haben. Auch wurde das Büro von der Stadt Wien Marketing am Alsergrund von Unbekannten beschmiert. Gegen den Ex-Standler wurde ein Betretungs- und Annäherungsverbot ausgesprochen. MeinBezirk berichtete:
Drohungen gegen Mitarbeiter der Stadt Wien Marketing
Monate später, im Rahmen der Eröffnung des Christkindlmarkts am 19. November 2022, gab es eine Demo der Initiative „Rettet den Christkindlmarkt“. In einer Aussendung zur Kundgebung gab es einige Vorwürfe gegen die Stadt, die Marketing GmbH, den ehemaligen Veranstalter und die Wirtschaftskammer Wien. Mehrmals war die Rede von Korruption, Schweigegeld, „lächerliche Inszenierung“, „übles Framing“ und „klassischer Täter-Opfer-Umkehr“. Ebenfalls berichtete MeinBezirk dazu:
Unruhe und Demo vor Start des Christkindlmarkts am Rathausplatz
Zwei Jahre später wird die Geschichte wieder ins Rollen gebracht. Die oben genannte Initiative berichtet von einem „Antisemitismus-Verdacht“ bei der SPÖ Wien. Denn „eine jüdische Kauffrau“ wurde von der Stadt Wien Marketing GmbH verklagt, nachdem sie Walter Hillerer (Leiter der Gruppe Sofortmaßnahmen der Stadt Wien) kritisiert hatte. Die Wiener SPÖ versuche über die Marketing-Firma systematisch die Initiative und deren Unterstützer „mundtot zu machen“: „Dass ausgerechnet die jüdische Kauffrau als Klagsopfer ausgesucht wurde, erinnert an das dunkelste Kapitel der österreichischen Geschichte“. Harte Vorwürfe gegen die SPÖ und Stadt Wien Marketing GmbH.
MeinBezirk hat recherchiert und eine sehr komplizierte Geschichte steht hinter diesen Vorwürfen. Die Stadt Wien wollte auf MeinBezirk-Anfrage die Vorwürfe nicht näher kommentieren, weil sich dieser Verdacht „von sich selbst richtet“. Dies sei „aufs Schärfste zurückzuweisen“ und solche Vorwürfe gegen Hillerer, der ein „sehr renommierter Mitarbeiter der Stadt“ sei, seien „letztklassig“. Mehr Details wollte man nicht preisgeben. Die Wiener SPÖ kann zum dargestellten Sachverhalt "keine Stellungnahme" abgeben, so eine Sprecherin.
Klage habe nichts mit Religion zu tunLaut MeinBezirk-Informationen handelt es sich bei der „jüdischen Kauffrau“ um Jaqueline H. Sie war 2022, als der Streit zwischen der Initiative und Stadt öffentlich wurde, Mediensprecherin der Protestler. Im Dezember 2022, also wenige Wochen nach der Veröffentlichung der Aussendungen, wurde seitens der Stadt Wien Marketing eine Klage gegen sie beim Landesgericht Korneuburg (NÖ) eingebracht.
Der Grund, warum H. verklagt wurde, habe laut Stadt Wien-Insidern nichts mit der Religion oder Herkunft der ehemaligen Marktständlerin zu tun, sondern mit der Tatsache, dass H. damals die einzige Person im Impressum der Initiativen-Website zu finden war. Deshalb kam es auch zur Klage gegen Jaqueline H. Die Stadt wollte die damals ausgesprochenen Korruptionsvorwürfe nicht so stehen lassen. Vor Gericht kam es zur Entscheidung, dass die Frau die Vorwürfe nicht mehr wiederholen darf.
H. ist mittlerweile nicht mehr Mediensprecherin der Initiative, diese Arbeit wurde von einem weiteren, ehemaligen Marktstandler, übernommen: Amir C. Er wiederum soll ausgerechnet derjenige gewesen sein, der vor zwei Jahren telefonisch einen Mitarbeiter des neuen Christkindlmarkt-Veranstalters bedroht haben soll. Gegen ihn wurde, wie oben bereits erwähnt, ein Annäherungsverbot ausgesprochen.
Keine Zurückzahlung, Holzzubauten verkauftMeinBezirk fragte daraufhin bei der Initiative nach, warum neue Vorwürfe hochgekocht werden. Man antwortet gleich mit einem ganzen Bündel an Anschuldigungen. Die Korruptionsvorwürfe seien nach wie vor „sehr umfangreich“.
Amir C. erklärte gegenüber MeinBezirk, dass die alten Markthütten 2022 von Akan Keskin – der ehemalige Betreiber des Marktes, der an die Stadt Wien Marketing GmbH übergab – gekauft wurden. Und das erst nach der erfolgreichen Übernahme durch die Marketing GmbH. Dabei wäre auch Eigentum mitverkauft worden, welches den Marktstandlern gehörte: "Da er die hinteren Holzzubauten der Hütten mitverkauft hat, also das Eigentum einiger Marktfahrer, wurde dies von uns öffentlich angeprangert. Bis zum heutigen Tag hat die Stadt Wien Marketing kein Interesse gezeigt, diese Sache aufzuklären.“ Der ehemalige Veranstalter Keskin hat diesen Vorwurf bereits 2022 gegenüber MeinBezirk bestritten.
Und auch vor der Übernahme durch die Stadt Wien Marketing GmbH gab es schon Probleme. Aufgrund des letzten Corona-Lockdowns 2021 fand der Christkindlmarkt 20 Tage kürzer als geplant statt. Einige Marktfahrer hätten einen Teil der Pauschalmiete nicht zurückbezahlt bekommen, die Rede war von insgesamt 150.000 Euro. Als „unwahr“ wurden diese Vorwürfe vom damaligen Betreiberverein zurückgewiesen. Die Marktstandler klagten mit einer „Inkassozession“, also Sammelklage. Laut der Initiative gab es hier einen Vergleich, wo „nur ein prozentueller Teil“ den Marktfahrern ausbezahlt wurde, einige gingen leer aus und erhielten das Geld nie. Die Stadt habe damals davon gewusst, doch es kam nie zu einem Gespräch mit der Initiative, heißt es.
Drohung am Ende "Unmutsäußerung"Seitens der Initiative wird erklärt, dass bezüglich der oben erwähnten Drohung im Juni 2022 eine Anzeige als „situationsbedingte Unmutsäußerung“ eingestellt und für die Staatsanwaltschaft Korneuburg „nie relevant“ war, jedoch wurde sie laut dem neuen Initiativen-Pressesprecher von der Stadt „groß aufgespielt“. Mitte Juli 2022 soll sich der mutmaßliche Bedroher per Mail bei der Marketing GmbH entschuldigt haben. Dies sei „zur Kenntnis genommen“ worden.
„Die Stadt Wien Marketing hat damals deswegen übles Framing getrieben, obwohl diese schon wussten, dass die Sache monatelang davor eingestellt wurde“, heißt es. Amir C. wurde auch wegen der Graffitis auf dem Marketing-Büro verdächtigt: „Die habe ich nie begangen, der Täter wurde nie ermittelt“, sagt der Mann im MeinBezirk-Gespräch.
Ob dieser Streit jemals enden wird, ist nicht bekannt. Unklar ist auch, ob Demos auch in diesem Jahr stattfinden werden.
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