Die zwei Königskinder und der SCB – fast eine Weihnachtsgeschichte
Dominik Kahun - der Schillerfalter des SCB.Bild: keystone
Eismeister Zaugg
Nie mehr seit dem Kanadier Brian Smith, dem charismatischen Kunst- und Tempoläufer des Aufstiegsteams von 1972 hatte der SCB einen so eleganten Stürmer wie Dominik Kahun. Aber der melancholische Schillerfalter wird unter Jussi Tapola nicht glücklich und hat einen „ewigen“ Vertrag bis 2027. Ein hoffnungsloser Fall? Oder gibt es doch eine Lösung?
Nein, es ist nicht eine gewöhnliche Geschichte eines Spielers, der mit dem Trainer nicht klarkommt. Es ist eher die Geschichte von zwei Königskindern, die einfach nicht zusammenkommen können. Der Reim hat seine Wurzeln im 15. Jahrhundert und hilft uns doch beim Verständnis einer besonderen Situation beim SC Bern:
Es waren zwei Königskinder, die hatten einander so lieb, sie konnten beisammen nicht kommen, das Wasser war viel zu tief.
Okay, das ist nun gar etwas kitschig. Erst recht, wenn es um ein so raues Männerspiel wie Hockey geht. Aber ein Kern Wahrheit ist eben doch darin.
Die Statistik mag die Dramatik zeigen.
Im Spätsommer war Dominik Kahun in Bestform und bester SCB-Skorer der Vorbereitungspartien. Aber beim Saisonauftakt gegen die SCL Tigers setzt ihn Trainer Jussi Tapola, der taktische Zuchtmeister, auf die Tribüne. Und seither kommen die zwei Königskinder nicht mehr so recht zusammen.
Aber Königskinder sind sie eben beide: Jussi Tapola weiss, wie man Meisterteams macht und Dominik Kahun weiss, wie man Meister wird. Aktuell gilt noch die Ausrede, Dominik Kahun müsse nach einer Verletzungspause wieder seinen Rhythmus finden.
Es ist ja nicht so, dass Jussi Tapola die Qualitäten seines taktischen Freigeistes nicht zu schätzen wüsste. Und es ist auch nicht so, dass Dominik Kahun gegen den Trainer rebelliert. Das lässt schon seine Loyalität, seine vorbildliche Berufseinstellung und sein sanftes Wesen nicht zu. Er leidet still. Wie ein Schmetterling, dessen Flügel nass geworden sind und die sich nun nicht mehr richtig entfalten. Beliebt im Team; still bemüht, sein Bestes zu geben.
Etwas weniger romantisch: Dominik Kahun ist einer der talentiertesten Stürmer, die je in unserer Liga gespielt haben. Es ist schon fast sein Schicksal, dass er durch seine Begabung bei seinen Trainern zu hohe Erwartungen weckt. Von seiner Spielweise und seiner Art her ist er für die rauen Seiten des Spiels eigentlich nicht geeignet. Schon einer seiner Juniorentrainer hat ihm in Nordamerika einmal gesagt, er wisse sein Talent zu schätzen. Aber trotzdem müsse er jeden Check fertig machen.
Das mag hockeytechnisch richtig sein. Aber es ist eigentlich barer Unsinn: Dominik Kahun ist ein Künstler. Punkt. Eigentlich ein Kürläufer, der sich ins Eishockey verlaufen hat. Elegant, unberechenbar, nicht in eine taktische Schablone zu pressen.
Was tun? Sein Vertrag, hoch dotiert, läuft bis 2027. Unter den gegebenen Voraussetzungen fast eine Ewigkeit. Auch der Kontrakt mit Jussi Tapola ist vorzeitig bis 2026 prolongiert worden. Der Finne wird also auch nächste Saison an der Bande stehen. Die beiden Königskinder kommen nicht voneinander los. Was nun?
Eine Vertragsauflösung ist keine erstrebenswerte Option. Sie wäre viel zu teuer. Einen Klub in der National League finden, der vom SCB den Vertrag übernimmt? Auch keine gute Variante. Selbst wenn sich ein Klub in der Schweiz finden liesse: Was, wenn dann Dominik Kahun die Liga dominiert und bei Gelegenheit gegen den SCB die ganze Herrlichkeit seines Talentes zelebriert?
Es gibt noch eine Option, eine auf den ersten Blick schon fast utopische, aber auf den zweiten Blick vielleicht gar nicht so unrealistische. Auf der Suche nach einer Lösung hilft uns ein Blick zurück. Die Sudbury Wolves (ein Team auf höchster Nordamerikanischer Juniorenstufe) haben sich nicht ganz zwei Jahre lang (2012 bis 2014) an einem ganz spektakulären Sturmduo erfreut, das fast hundert Punkte zelebrierte und es später weit bringen sollte:
Dominik Kubalik zum Liga-Topskorer in Ambri, zum Millionär in Amerika und zum WM-Titel 2024, Dominik Kahun zum dreifachen Deutschen Meister, WM- und Olympiafinalisten und einem der bestbezahlten ausländischen Stürmer in der National League. Domink Kubalik und Dominik Kahun sind seit dieser Zeit befreundet. Die beiden sind gleich alt (29).
Ein spektakuläreres Duo als Dominik Kubalik und Dominik Kahun ist in unserer Lauf- und Tempoliga kaum möglich, kaum denkbar, eigentlich gar nicht vorstellbar. Es wäre fast wie eine Renaissance des Duos Slawa Bykow und Andrej Chomutow. Der elegante, teuflisch schnelle, schlaue Spielmacher Dominik Kahun und der robuste, kaltblütige, geradlinige und kräftige Vollstrecker Dominik Kubalik.
Der beste Spielmacher und der beste Torschütze der Liga vereint in einer Linie. Dominik Kahun könnte mit seinem Genie aufs Eis blitzen, was Dominik Kubalik donnernd ins Netz vollenden würde. Mit der Gnade der Hockey-Götter könnten die beiden zusammen pro Saison 100 Punkte buchen. Jussi Tapola müsste sich verneigen so tief er es vermag.
Der Vertrag von Dominik Kubalik läuft in Ambri Ende Saison aus. Der SCB hat für nächste Saison bereits sechs Ausländer unter Vertrag (Anton Lindholm, Victor Ejdsell, Waltteri Merelä, Dominik Kahun, Miro Aaltonen, Adam Reideborn). Aber einer davon ist Torhüter. Also wird der SCB einen weiteren ausländischen Spieler verpflichten.
Wenn der Trainer seinen melancholischen Schillerfalter offensichtlich nicht glücklich machen kann, dann könnte vielleicht der passende Spielkamerad helfen. Konkret: Der SCB hat das Geld, um Dominik Kubalik für nächste Saison zu verpflichten. Nur eine Weihnachtsgeschichte? Vielleicht. Aber eine, die Wirklichkeit werden könnte.
P. S.: Brian Smith hat den SCB während der Saison 1972/73 verlassen. Der Schillerfalter konnte sich nach dem Aufstieg in der höchsten Liga nicht mehr entfalten …
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