Aktualität der Weihnachtsgeschichte: „Welt ist nicht am Ende"
Eine Ermutigung, die Weihnachtsgeschichte sinn- und gemeinschaftsstiftend weiter zu denken und zu erzählen, haben die beiden Priester Peter Beer und Hans Zollner im Magazin „Cicero“ abgesetzt.
Im Kontext von Glaubensverlust und Kirchenkrise, gesellschaftlicher Orientierungslosigkeit und Kommerzialisierung des Weihnachtsfestes stellen die beiden Autoren in dem Artikel die Frage, was die Weihnachtsgeschichte uns heute zu sagen hat und inwiefern sie „gesellschaftsgestaltende Relevanz besitzt im Sinne eines Deutungsmusters, einer Sinnschablone, eines Visionsmodells, eines Diskursanstoßes“.
Zutiefst menschliche ThemenIn der Weihnachtsgeschichte gehe es um „zutiefst menschliche Themen und Problemstellungen“, Narrative „allgemeiner Natur“, die in hohem Maße anschlussfähig seien, unterstreichen Beer und Zollner: „Sie gelten weder nur im spezifisch religiösen Kontext noch für bestimmte Zeitperioden.“ So gehe es etwa um Zusammenhalt in schwieriger Lage, schreiben sie mit Verweis auf die Heilige Familie auf der Flucht, mit der hochschwangeren Maria und Josef als Ziehvater Jesu. Auch die Frage, wie mit Menschen umzugehen sei, die „ihre Heimat verlieren, gezwungen werden, sie zu verlassen oder noch nie eine gehabt haben“, ließe sich hier weiter stellen.
Zudem könne die Weihnachtsgeschichte etwa aufzeigen, „dass sich Perspektiven und damit Handlungsmöglichkeiten plötzlich ändern können, wenn man aufmerksam genug seine Welt wahrnimmt“, so Beer und Zollner weiter. Für die ahnungslosen Hirten werde ein ganz normaler Abend zu etwas Besonderen, als „Teil eines größeren Ganzen“ bekämen sie in dieser Geschichte eine Rolle und Bedeutung. Insofern gehe es auch „um das Sinnbild einer Gesellschaft, in der es nicht vorrangig auf Ämter, Positionen und Hierarchien ankommt, wenn es darum geht, aktiv beteiligt zu sein“.
Aktualität der WeihnachtsgeschichteDas Neue komme in Gestalt des Jesuskindes „klein“ und „prozesshaft“ in die Welt, erinnern die Autoren weiter. Grundstürzende Umwälzungen erforderten „Zeit, Geduld und die Zuversicht, dass sich das durchsetzen wird, was gut und gerecht ist“. Im kleinen Kind erscheine die Macht Gottes als „absolut machtlos“; das „absolut Mächtige“ sei also „auf die Mithilfe der Menschen, deren Kooperation und Kommunikation angewiesen“. Zudem machten sich mit den drei Weisen aus dem Morgenland Könige, in der Hierarchie „oben“, auf den Weg zu denjenigen, die sich in der Ordnung scheinbar „unten“ befänden: ein Signal.
Damit der Schatz der Weihnachtsgeschichte fruchtbar werden könne, müssten solche Narrative kontextualisiert und in den Alltag gehoben werden, so Beers und Zollners Plädoyer. Sie ermutigen zu einer „partizipativen Aktualisierung“ der Weihnachtsgeschichte: Etwa indem man diese Geschichte mit Geschichten in Verbindung bringt, „die ähnliche Narrative aufweisen, aber aus unterschiedlichen religiösen und kulturellen Kontexten stammen“. Oder indem man die Frage stellt, was diese Geschichte für das eigene konkrete Handeln bedeuten kann. „Die Welt ist nicht am Ende und die Weihnachtsgeschichte auch nicht“, zeigen sich die Autoren vor Hintergrund dieses Anknüpfungspotentials zuversichtlich.
Der deutsche Priester und Theologe Peter Beer, 2009 bis 2019 Generalvikar im Erzbistum München, ist Professor an der Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom und Mitarbeiter des Institutes für Anthropologie (IADC) in Rom. Der deutsche Jesuit und Psychologe Hans Zoller, Leiter des IADC, gilt weltweit als Experte für Kinderschutz und Missbrauchsprävention. Von 2014 bis 2023 war er Mitglied der Päpstlichen Kommission für den Schutz von Minderjährigen.
(vatican news – pr)