Niederösterreich-Wahl - Der ÖVP drohen Rekorde

29 Jan 2023

Rekorde dürfte die Niederösterreich-Wahl am Sonntag der ÖVP bescheren - aber anders als in der letzten Wahlrunde gewohnt höchst negative: Die Umfragen lassen einen Absturz unter den bisherigen historischen Tiefststand von 44,23 Prozent erwarten, und damit droht auch das größte Minus der Zweiten Republik. Schafft Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) ihr Wahlziel "40 plus" nicht, wäre erstmals in der Zweiten Republik auch die Absolute in der Regierung weg.

Sicher sein kann sich die NÖ-VP, dass sie weiterhin Erste bleibt. Aber weit außerhalb der Reichweite ist laut den Meinungsforschern die Mandats-Absolute im Landtag - die die Volkspartei in Niederösterreich nur zehn Jahre lang (von 1993 bis 2003) nicht hatte. Auch Mikl-Leitner konnte sie 2018 mit 49,63 Prozent noch verteidigten - recht überraschend in ihrer ersten Wahl nach der langen Ära Pröll. Ihr half damals, kurz nach der ersten Kanzler-Angelobung von Sebastian Kurz, allerdings türkiser Rückenwind aus dem Bund. Der hat sich mit all den Nachrichten rund um die ÖVP-Chataffäre und die Korruptionsermittlungen samt dem Abgang von Kurz und seinen Türkisen in einen rauen Gegenwind gedreht. Dazu kam im Wahlkampf auch noch die landesinterne ORF-Affäre mit dem Vorwurf angeblich massiver Einflussnahme der NÖVP auf den Öffentlich-Rechtlichen.

Somit ist das Wahlziel jetzt, nicht unter die 40er-Marke abzustürzen. Das gelänge, fiele das Minus nicht größer als das bisher größte - die 6,95 Prozentpunkte bei der Landtagswahl 1988. Damals litt die ÖVP erstmals unter der Konkurrenz durch die - nach der Übernahme durch Jörg Haider - erstarkenden FPÖ, die 1988 auch erstmals in den Landtag einzog. 1993 folgte noch ein Minus (3,37 Punkte), und damit musste Erwin Pröll in seiner ersten Wahl das schlechteste Ergebnis der Zweiten Republik und den ersten Verlust der Landtags-Absoluten verantworten. 2003 holte er sie sich allerdings wieder zurück, mit dem bisher größten Plus im Lande von 8,43 Prozentpunkten.

An so etwas denkt aktuell niemand, der Trend für die gesamte ÖVP läuft seit Bekanntwerden der Korruptionsermittlungen und dem Abgang von Kurz in die entgegengesetzte Richtung. Auf Bundesebene liegt die von Kanzler Karl Nehammer geführte Partei in den Umfragen nur noch auf Rang 3. Die erste Landtagswahl nach der Neuaufstellung im Bund bescherte der ÖVP - nach zehn teils triumphalen Wahlerfolgen in anderen Ländern und im Bund - ein Desaster. Ende September 2022 brach sie in Tirol um fast zehn Prozentpunkte auf den mit Abstand schlechtesten Wert der Zweiten Republik (34,71 Prozent) ein. Ähnliches droht nun auch in Niederösterreich, das ebenso wie Tirol ein seit 1945 durchgehend "schwarzes" Kernland ist.

ÖVP warnt vor "Blau-Rot">/ZT>

SPÖ und FPÖ liefern sich bei der Niederösterreich-Wahl am Sonntag das Match um Platz 2. Die FPÖ kann laut den Umfragen auf weit mehr als ihr bisher bestes Ergebnis (16,08 Prozent) hoffen. Für die SPÖ wird maximal, wenn überhaupt ein leichtes Plus zu den 23,92 Prozent (2018) erwartet. Beide haben den Anspruch auf den Landeshauptmann formuliert. Aber Platz 1 ist für sie nicht in Reichweite - und selbst eine gemeinsame Landtags-Mehrheit fraglich.

Franz Schnabl formulierte den Anspruch auf den Landeshauptmann. 
- © APAweb / Alex Halada

Franz Schnabl formulierte den Anspruch auf den Landeshauptmann.

- © APAweb / Alex Halada

Die ÖVP hat im Wahlkampf dennoch unermüdlich vor "Blau-Rot" gewarnt - wohl auch mit Blick auf die Regierungsmehrheit. Denn wenn die Volkspartei unter 40 Prozent fällt, hätte sie erstmals nicht mehr allein die Mehrheit in der Regierung, könnte also von SPÖ und FPÖ überstimmt werden.

Vorerst geht es für die SPÖ und Franz Schnabl einmal darum, den zweiten Platz zu verteidigen, den sie in Niederösterreich seit 1945 durchgehend eingenommen hat. Große Sprünge machen dürften die Sozialdemokraten laut den Umfragen nicht, aber auch keine großen Verluste. Sollte allerdings das 2018 in Franz Schnabls erster Wahl lukrierte Plus von 2,35 Prozentpunkten wieder wegschmelzen, droht der SPÖ jedoch schon der historische Tiefststand. Denn die 21,57 Prozent im Jahr 2013 waren das bisher schlechteste Ergebnis.

So viel hat die FPÖ noch nie geschafft, Niederösterreich war für sie bisher ein schwieriges Pflaster. Selbst am Höhepunkt der blauen Erfolgswelle unter Jörg Haider wählten 1998 vergleichsweise wenige Niederösterreich (145.514, das waren 16,08 Prozent) die FPÖ. Das bisher größte Plus (7,71 Prozentpunkte) hatte es 1988 gegeben, in der ersten Wahl nach Haiders Kür zum Bundesparteichef. 2018 kam Udo Landbauer dem in seiner ersten Wahl schon recht nahe - mit plus 6,55 Prozentpunkten auf 14,76 Prozent -, aber damals bremste ihn die Liederbuchaffäre.

Udo Landbauer ist siegesgewiss. 
- © APAweb / Helmut Fohringer

Udo Landbauer ist siegesgewiss.

- © APAweb / Helmut Fohringer

In seiner zweiten Wahl hat er - mit Migrations- und Teuerungsthema - alle Chancen, Zweiter im Lande zu werden. In Niederösterreich wäre das zwar Premiere, in anderen Ländern ist das der FPÖ aber schon recht oft gelungen. 17 Mal war die FPÖ schon Zweite bei den insgesamt 141 Landtagswahlen, an denen sie bzw. der "Verband der Unabhängigen (VdU)" seit 1949 teilgenommen hat. In Kärnten waren die Freiheitlichen sogar dreimal Erste (bei den Wahlen von 1999 bis 2009) und davon und danach auch vier Mal Zweite. In Vorarlberg holte sich die FPÖ fünf Mal (1949 und dann von 1994 bis 2014) Rang 2, ebenso in Wien (1991 bis 2001 sowie 2010 und 2015). Die SPÖ auf Platz 2 verwiesen hat die FPÖ auch bei den letzten Landtagswahlen in Tirol (2022) und in Oberösterreich (2015 und 2021).

Die SPÖ - die seit 1945 bei allen 150 Landtagswahlen dabei war - musste sich zehn Mal mit weniger als Platz 1 oder 2 zufrieden geben. Sieben Mal reichte es nur für Platz 3: 2015 und 2021 in Oberösterreich, 2008 (hinter der Liste Fritz) und 2022 in Tirol sowie 1949, 1994 und 1999 in Vorarlberg. Dort kam es ab 2009 (bis heute, also bei drei Wahlen) noch schlimmer, im westlichsten Bundesland ist die SPÖ nur noch Vierte.

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