ÖVP-Pläne für Zitierverbot waren offenbar schärfer als gedacht

15 Stunden vor

Die Ministerinnen Karoline Edtstadler (ÖVP) und Alma Zadic (Grüne) erzielten letztlich ohnehin keine Einigung. HANS KLAUS TECHT

ÖVP - Figure 1
Foto DiePresse.com

Wohl nicht zufällig taucht im Wahlkampffinale ein koalitionsinternes Papier auf, in dem die ÖVP konkrete Pläne für ein umfassendes Zitierverbot für Medien aus Strafverfahren formulierte. Dazu gekommen ist es freilich nie.

„Ich habe oft das Gefühl, dass man mich als Totengräberin der Pressefreiheit hinstellen möchte, aber das ist nicht der Fall. Wir haben verschiedene Grundrechte – auch die Unschuldsvermutung ist eines. Mir geht es nicht darum, dass man über ein Ermittlungsverfahren berichten darf. Es sollen nur nicht wortwörtlich ganze Einvernahmeprotokolle in den Medien veröffentlicht werden können. Da geht es etwa um einen Beschuldigten und dessen Ruf, aber auch um andere Personen, die in den Chats vorkommen.“

Das sagte Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) im März 2024 zur „Presse am Sonntag“ auf die Frage, wie genau sie sich das von der ÖVP geforderte Zitierverbot aus Strafverfahren vorstellt. Jetzt allerdings kursiert in Polit-Kreisen ein Dokument, das nahelegt, dass die konkreten Gesetzespläne in der ÖVP im Frühjahr doch deutlich schärfer waren – und weit darüber hinaus gingen, nur den Abdruck von Chat-Protokollen unter Strafe zu stellen. Der Grund ist ein koalitionsinternes Papier, das mit sechsmonatiger Verzögerung kursiert, es liegt auch der „Presse“ vor.

Türkise Verhandler schickten einen Vorschlag für eine Passage zum Zitierverbot an ihre grünen Verhandlungspartner. Und darin ist sogar die Rede von möglichen strafrechtlichen Verurteilungen, wenn man gegen das Verbot verstößt, die ÖVP plante nämlich eine „Erweiterung des Paragraf 301 StGB ‚Verbotene Veröffentlichung‘“. Der Textvorschlag lautete wie folgt: „Wer Informationen aus amtlichen Dokumenten eines Strafverfahrens (...), die nicht in öffentlicher Verhandlung vorgekommen sind oder sonst öffentlich bekannt wurden, in einem Medienwerk oder sonst auf eine Weise veröffentlicht, dass die Mitteilung einer breiten Öffentlichkeit zugänglich wird, ist zu bestrafen.“ Zumindest, wenn dadurch „schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen“ oder beispielsweise der „Grundsatz der Unschuldsvermutung“ sowie das „Recht auf ein faires Verfahren“ verletzt werden. Ein Strafmaß hat man sich im Frühjahr offenbar nicht überlegt, das Feld dafür im Dokument blieb leer. Kurzum: Das Vorhaben schien viel weiter gefasst als öffentlich diskutiert, da im Entwurf ganz allgemein von „Informationen“ in Strafverfahren die Rede war.

ÖVP relativiert

Auf „Presse“-Anfrage in Edtstadlers Ministerium wurde erklärt, der Entwurf stamme aus dem ÖVP-Parlamentsklub. Dort wiederum wurde relativiert: Man habe lediglich auf Basis einer Studie einen Entwurf erstellt und diesen dem Koalitionspartner geschickt. Dieser habe auch gleich abgelehnt, hernach sei die Sache nicht mehr verfolgt worden, heißt es. Eine Einigung konnten ÖVP und Grüne bekanntlich auch in den darauffolgenden Monaten nicht erzielen.

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