Dressur: Österreich im Olympia-Mannschaftsfinale, Victoria Max ...
Ein Artikel von Ernst Kopica | 31.07.2024 - 16:16
Der Mittwoch war in Versailles ein einziger Erfolg für das österreichische Dressurteam. Mit Victoria Max-Theurer und Abegglen schaffte es nicht nur ein rot-weiß-rotes Paar auf Anhieb direkt ins Kürfinale, auch die gesamte Equipe ist eine Runde weiter!
Große Emotionen bei Vici Max-Theurer nach ihrem bislang besten Championatsritt im Sattel ihres Abegglen © holcbecher.com
„Ich bin ganz, ganz glücklich,“ strahlte die Achleitnerin nach diesem Klasseritt. „Es war schon sehr beeindruckend hier einzureiten. Die unmittelbare Vorbereitung haben wir heute auf das Wesentliche beschränkt, das hatten wir uns so vorgenommen. Das brauchte aber Mut, das wirklich so durchzuziehen. Stefan sagte mir beim Einreiten „ruhig bleiben, ruhig bleiben“, ja, und es hat super funktioniert! Abegglen hat es mir gedankt mit Motivation, mit Eifer und mit Kampfgeist!“ Auf die Frage des Kollegen von der Kronenzeitung, wie es sich anfühlte zu High Noon einzureiten, lächelte die 38-Jährige: „Es ist ja Sport und da ist es auch erlaubt zu schwitzen.“
Unmittelbar nach ihrem Ritt hatte Vici vorerst gar nicht mitbekommen, wie außergewöhnlich diese 74,301 % waren, immerhin die höchsten Noten für einen Championats-Grand-Prix des Vorzeigepaares. Wenn man etwas bemängeln möchte, dann war es der Schritt: „Da hat er sich dann doch kurz einmal die Gegend angeschaut. Er war schon beeindruckt.“
Volle Kraft voraus bei Vici und Abby! © holcbecher.com
Ans Finale dachte sie auch noch nicht, als ihre Trainerin Isabell Werth in der Mixed Zone vorbeikam, sie in den Arm nahm und gratulierte. „Ich habe mich vorher überhaupt nicht mit Zahlen beschäftigt und wir haben uns da auch keinen Stress gemacht. Ich fokussierte mich auf das, was mein Part ist, und ich glaube, das ist uns heute ganz gut gelungen. Es hat auch einfach wirklich viel, viel Freude gemacht, da drinnen zu reiten. Ich muss ehrlich sagen, es war so eine Mischung aus Begeisterung und trotzdem Gelassenheit. Einfach eine positive Stimmung, wofür ich auch meinem Team hinter den Kulissen sehr dankbar bin.“
Olympic Games © holcbecher.com
Florian Bacher hatte den Tag für das rot-weiß-rote Team in der ersten Gruppe eröffnet. Unmittelbar vor ihm zeigte die britischen Weltmeister Lottie Fry und Glamourdale ihren Grand Prix und das jubelnde Publikum machte schon am Vormittag Stimmung. Für Fidertraum kein Nachteil: „Das kommt uns zugute, wenn wir ein bisschen Stimmung kriegen. Es spornt ihn und mich noch mehr an. Aber die Stimmung hier ist schon sehr beeindruckend und diese Atmosphäre und dieses Kribbeln zu spüren ist ein wirklich lässiges Gefühl.“
Mit seinem Ritt konnte der 38-Jährige zufrieden sein, auch wenn es in den Einerwechseln ein kleines Hoppala gab. „Ich war mit unserem Ritt absolut zufrieden. Besonders in der ersten Hälfte hat er sich mega angefühlt. Er war richtig frisch, im allerersten Wechsel bei den Einern ist er beidbeinig gesprungen, aber sonst war die Prüfung wirklich gut und solide.“ Lediglich die 71,009 %, die er von den Richtern erhielt, sorgte für ein Kopfschütteln: „Von den Punkten bin ein wenig enttäuscht, da hätte ich mir eigentlich mehr erwartet, aber so ist eben der Sport.“
Florian Bacher und Fidertraum © holcbecher.com
Wenn es in der Einzelwertung für Fidertraum und Bacher am Ende nicht für das Kürfinale reichte, für das Teamfinale am Samstag hatten die beiden jedenfalls den Grundstein gelegt. „Fürs Einzel hätte ich hohe 73 % benötigt, Nichtsdestotrotz bin ich super happy!“ Auch Stefan Lehfellner konnte zufrieden sein: „Das war unser großes Ziel und mit dem überragenden Ritt von Vici sind wir natürlich alle happy und topmotiviert für den Spécial.“
Auch Florian Bacher war sehr zufrieden mit seinem Fidertraum und der gelungenen Runde, die die beiden im Olympiaviereck zeigten.
© holcbecher.com
Vici Max-Theurer betätigte sich bis zur endgültig fixierten Quali als „Eiskaffeeholerin“. Auf die Frage, ob sie im Vorfeld der Spiele an eine Kürteilnahme gedacht hatte, gab es eine klare Antwort: „Nein, definitiv nicht. Mit dieser Erwartung sind wir nicht hergefahren. Ich habe mich wirklich hauptsächlich auf den Grand Prix konzentriert und das haben wir Gott sei Dank echt super hingekriegt!“
Da kommt Freude auf: Jubel bei Team AUT © holcbecher.com
Der Grand Prix galt gleichermaßen als Qualifikation für das Team- als auch für das Einzelfinale. Ein Wiedersehen im Grand Prix Spécial am Samstag, 3. August, gibt es mit den Teams aus
Deutschland
Dänemark
Großbritannien
den Niederlanden
Schweden
Belgien
Frankreich
Österreich
Finnland
Australien
Nicht mehr mit dabei sind Kanada, Portugal, Spanien, Polen und die bereits am Dienstag ausgeschiedenen USA.
Im Kürfinale (Sonntag, 4. August) der besten 18 Einzelpaare mit dabei sind:
aus Gruppe A:
Nanna Skodborg Merrald (DEN) mit Zepter
Dinja van Liere (NED) mit Hermes
Carl Hester (GBR) mit Fame
aus Gruppe B:
Daniel Bachmann Andersen (DEN) mit Vayron
Frederic Wandres (GER) mit Bluetooth
Emma Kanerva (FIN) mit Greek Air
aus Gruppe C:
Becky Moody (GBR) mit Jagerbomb
Patrik Kittel (SWE) mit Touchdown
aus Gruppe E:
Cathrine Laudrup-Dufour (DEN) mit Freestyle
Isabell Werth (GER) mit Wendy
Charlotte Fry (GBR) mit Glamourdale
Isabel Freese (NOR) mit Total Hope
aus Gruppe F:
Emmelie Scholtens (NED) mit Indian Rock
Victoria Max-Theurer (AUT) mit Abegglen
Therese Nilshagen (SWE) mit Dante Weltino
Sandra Sysojeva mit Maxima Bella (POL)
aus Gruppe G:
Jessica von Bredow-Werndl (GER) mit Dalera
Pauline Basquin (FRA) mit Sertorius de Rima Z
Alle Ergebnisse im Detail gibt es hier.
Reden wir einmal übers Wetter! Gestern hatte es in Paris 35 Grad Celsius, für Pferde und Reiter keine einfache Situation. Aber die klimatisierten Stallungen und das ganze Drumherum mit cooling zones etc. sind für das Wohlergehen für beide perfekt. Weniger perfekt dürften es die 16.000 Zuschauer auf den nicht überdachten Tribünen empfunden haben, denn die Sanitätsmannschaften hatten Hochbetrieb. Wir Pressefuzzis sind ja privilegiert und dürfen auch im klimatisierten Zelt malochen, der umliegende Wald trägt außerdem dazu bei, dass es auch draußen angenehm bleibt.
Komplett neu bei Olympia sind die kostenlosen Wasserspender im Publikumsbereich der Wettkampfstätten, insgesamt 480 sind errichtet worden. Auf den öffentlichen Plätzen in Paris sind mehr als 1.200 Wasserbrunnen vorhanden, wo man sich die Wasserflaschen gratis auffüllen kann. Bei den Eintrittskontrollen muss man aber aus Sicherheitsgründen einen Schluck davon nehmen, um die Wachmannschaften zu überzeugen, dass es sich nicht um Nitroglyzerin handelt. Und Alkohol mitzubringen ist auch verboten. Das mussten auch die Grooms der Springreiter feststellen, die beim Einchecken Sponsorengeschenke dabeihatten, da war halt auch eine Flasche Weißwein dabei, die allerding prompt konfisziert wurde!
Bereits seit einigen Olympischen Spielen (Athen, Hong Kong, Rio und Tokio) schenkt die FEI dem Hitzethema besondere Beachtung. Dafür wird der sogenannte Wet Bulb Globe Temperatur (WBGT) Index gemessen, der Sonneneinstrahlung, Erdwärmereflexion, Feuchtigkeit und Windstärke berücksichtigt. Auch ein Monitoring System für Pferde wurde eingerichtet.
Unsereins sollte halt den gesunden Menschenverstand einschalten. So dachte ich mir gestern, es wäre vielleicht besser ins (kühle) Austria Haus zur Pressekonferenz der österreichischen Springreiter zu fahren, statt in der prallen Sonne die Dressurquali bis zum Ende zu verfolgen. Womit ich nicht gerechnet habe, waren die dortigen Gegebenheiten: Da die Klimaanlage nicht lief, weil sie zu laut war und die Live-PK-Übertragung stören würde, schmorten Max Kühner und seine Teamkolleg:innen gemeinsam mit den zahlreichen Journalisten im Pressecontainer – bei 42 Grad!
Ernst Kopica