Ein Leben ohne Alkohol – Verenas Weg zurück zur Stabilität nach ...

Verena Titze

„Ich dachte, ich wäre eine hart arbeitende, partyhungrige Frau, die ihren Traum lebt. Dabei war ich dem Alkohol verfallen. Mein Alkoholkonsum eskalierte so sehr, dass er meine Wochenenden verschlang und ich mich sonntags deprimiert und ängstlich fühlte“, erinnert sich Verena Titze, heute eine Frau in den Dreißigern. Verenas Kampf mit dem Alkohol begann in ihren Zwanzigern, einer Zeit, in der ihr Leben von nächtlichen Partys und endlosen Arbeitstagen in der österreichischen Medienbranche geprägt war. 

„Alkoholiker ist man nicht nur, wenn man morgens Wodka trinkt. Das ist nur das Ende des Spektrums, aber es ist ein breites Spektrum“, erklärt sie. Mit zunehmender Alkoholabhängigkeit geriet Verena in einen Kreislauf, der immer schwerer zu durchbrechen war. 

Der Wendepunkt: Burnout und Rehabilitation 

Als die COVID-19-Pandemie ausbrach, kam Verenas rasantes Leben jäh zum Stillstand. Sie erlebte einen schweren Burnout, bei dem sie „den Boden unter den Füßen verlor“, wie sie sagt. Da sie nicht mehr arbeiten konnte, zog sie wieder zu ihrer Mutter, wo sie so geschwächt war, dass sie weder grundlegende Aufgaben erledigen noch für sich selbst sorgen konnte. 

„Meine Mutter holte mich ab und brachte mich zum Supermarkt. Sie bat mich, Milch zu holen, und ich wusste nicht einmal, was Milch ist oder wie man sie bekommt. So schwer war mein Gehirn beeinträchtigt.“

Daraufhin begab sich Verena in eine Rehabilitationsklinik, eine Entscheidung, die sie heute als die beste ihres Lebens bezeichnet. 

„Ich brauchte diesen Abstand von meinem alten Leben“, sagt sie. „In der Reha begann ich, die Gründe für meine Abhängigkeit zu entschlüsseln, und mir wurde klar, dass der Alkohol nur ein Ersatz für eine Auseinandersetzung mit meinen tieferen Problemen war. Ich verbrachte meine Tage damit, in der Natur spazieren zu gehen, über mein Leben nachzudenken und eine Therapie zu machen.“ 

Diese Zeit war ein entscheidender Wendepunkt. Verena sah allmählich einen Weg nach vorne, einen Weg ohne Alkohol.

„Nach dem Entzug habe ich die Dinge wiederentdeckt, die mir wirklich Freude machen. Ich verbrachte einen Sommer mit Kitesurfen, war wieder in der Natur und ging Hobbys wie Yoga, Tennis und Musik nach. Die ganze Zeit, die ich in Bars verbracht habe, hatte ich plötzlich wieder“, sagt sie. 

„Man entdeckt plötzlich neue Dinge. Und man hat wieder Platz im Kopf, weil man nicht ständig verkatert ist.“

Frisch und geerdet

Nach Jahren der Therapie, Rehabilitation und Selbstfindung hat Verena einen neuen Weg eingeschlagen – einen Weg frei von Alkohol, dafür aber voller Kreativität und angetrieben von dem Wunsch, Sucht und Burnout zu entstigmatisieren. 

„Ich fühle mich so viel stabiler in dieser Welt. Das ist für mich das größte Geschenk“, sagt sie. „Natürlich passieren immer noch Dinge im Leben. Ich bin nicht ständig glücklich, nur weil ich nicht mehr trinke, aber ich fühle mich mehr geerdet, wie ein Baum, der fest im Boden verwurzelt ist.“

Dann fügt sie noch hinzu: „Die Leute sagen mir, ich strahle die ganze Zeit. Ehrlich gesagt, Alkohol lässt einen atemlos und verschwitzt wirken. Wenn du viel trinkst, zeigt sich in jeder Pore deines Körpers, dass etwas nicht stimmt.“

Heute setzt sich Verena dafür ein, das Bewusstsein für Alkoholprobleme zu schärfen und andere zu inspirieren, Hilfe zu suchen. Deshalb erzählt sie ihre Geschichte in ihrem Buch, ihrem Podcast und ihrer Solo-Bühnenshow: in der Hoffnung, anderen zu helfen, die Probleme haben.

„Eine Genesung ist möglich, und ein Leben ohne Alkohol kann reicher und erfüllender sein, als Sie es sich je vorgestellt haben. Wenn Ihr euren Konsum im Auge behaltet, werdet ihr euch vielleicht nie so verirren wie ich“, rät sie. „Aber wenn doch, solltet ihr wissen, dass es einen Weg zurück gibt – in ein lebenswertes Leben.“

Unterstützung und weitere Informationen finden

Wenn Sie oder jemand, den Sie kennen, aufgrund von Alkoholkonsum leiden, ist es wichtig, sich Hilfe zu holen. Unterstützung finden Sie auf der Website Ihres nationalen Gesundheitsministeriums oder bei Ihrem Arzt.

Verena hat uns ihre Geschichte für unsere Kampagne „Neudefinition von Alkohol“ erzählt. Diese Kampagne ist Teil des von der WHO und der Europäischen Union gemeinsam durchgeführten Projekts „Von Erkenntnissen zu Taten beim Alkoholkonsum“ (Evidence into Action Alcohol Project – EVID-ACTION), das von 2022 bis 2026 läuft und dessen Zielsetzung darin besteht, in 30 Ländern (den 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union sowie Island, Norwegen und der Ukraine) verstärkt für die durch Alkoholkonsum bedingten Schäden zu sensibilisieren. 

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