Ruf nach „Klarheit“ aus Hofburg: FPÖ, ÖVP und SPÖ antworten Van ...

3 Stunden vor
Van der Bellen

Ruf nach „Klarheit“ aus Hofburg

Auf der Suche nach einer tragfähigen Regierung hat Bundespräsident Alexander Van der Bellen am Mittwoch den Ball an die Chefs der drei bei der Nationalratswahl stimmenstärksten Parteien abgegeben, um zunächst abzuklären, ob und was grundsätzlich möglich wäre. FPÖ, ÖVP und SPÖ reagierten in kurzen Stellungnahmen auf Van der Bellens Forderung nach „Klarheit“ – und wollen dem Aufruf aus der Hofburg nachkommen.

Online seit gestern, 20.16 Uhr

Obwohl nicht mit dem Regierungsbildungsauftrag bedacht, berief sich FPÖ-Chef Herbert Kickl per Aussendung auf seine Position als Obmann „der stimmenstärksten Partei und des klaren Wahlsiegers“. Als solcher werde er „jeweils Gesprächstermine mit den Obleuten der zweitplatzierten ÖVP und der drittplatzierten SPÖ koordinieren“, teilte er am Mittwochnachmittag mit. Als Hintergrund, warum er diesen Schritt zuvor nicht gesetzt habe, führte er „Rücksichtnahme auf die Usancen im Vorfeld vergangener Regierungsbildungen“ an.

Aus der ÖVP hieß es am Abend, dass man „den Auftrag des Bundespräsidenten ernst nimmt und für Gespräche bereitsteht“. Näher äußern wolle man sich am Donnerstag.

„Wir kommen dem Auftrag des Herrn Bundespräsidenten natürlich nach und werden Gespräche mit den anderen Parteichefs führen“, teilte die SPÖ zunächst via APA mit. Er sei bereit für Gespräche mit ÖVP-Chef Karl Nehammer und Kickl, bekräftigte auf X später SPÖ-Chef Andreas Babler, der eine Koalition mit der FPÖ aber weiter ausschloss.

„Leere Kilometer“ vermeiden

Van der Bellen kündigte den für Österreich ungewohnten Weg zur Regierungsfindung kurz nach Mittag in einer mit Spannung erwarteten Stellungnahme an. Wie Van der Bellen erklärte, sei es in Österreich bisher üblich gewesen, der stimmenstärksten Partei einen Regierungsbildungsauftrag zu geben. Diesmal sei aber ein „unüblicher Fall“ eingetreten. „Vollkommen neu“ sei es, dass es mit der FPÖ einen Wahlsieger gibt, mit dem keine der anderen in den Nationalrat gewählten Parteien regieren will.

Dieser Eindruck habe sich nach den Gesprächen mit den Parteichefs erhärtet, so Van der Bellen. Kickl habe klargemacht, dass es eine Regierungsbeteiligung der FPÖ nur mit ihm als Kanzler gebe. Bei der ÖVP sei bisher aber eine Kooperation mit Kickl ausgeschlossen worden. SPÖ, Grüne und NEOS wollten mit der FPÖ grundsätzlich nicht zusammenarbeiten, so Van der Bellen, der dazu die Frage stellte: Mit wem soll die FPÖ sondieren, geschweige denn verhandeln?

„Unüblicher Fall“

Geht es nach Bundespräsident Alexander Van der Bellen, hat man es in Österreich nach der Nationalratswahl mit einem „unüblichen Fall“ zu tun, da keine der Parteien mit dem Wahlsieger koalieren will. Was die nächsten Schritte zur Koalitionsfindung betrifft, sollen FPÖ, ÖVP und SPÖ nun zunächst bei Gesprächen für „Klarheit“ sorgen.

Ein offizieller Auftrag ist in der Verfassung nicht festgelegt. Vielmehr könnten die Parteien auch ohne Regierungsauftrag untereinander nach Mehrheiten suchen und diese dann dem Bundespräsidenten offerieren. Ein Auftrag durch den Präsidenten war bisher gelebte Praxis und ergeht üblicherweise an den Chef der stimmenstärksten Partei.

„Klassische Pattsituation“

Nach den Worten des Bundespräsidenten habe man es mit einer „klassischen Pattsituation“ zu tun. Zu klären gelte es nun: „Wie kommen wir da wieder heraus?“ Da er hier aber auch „leere Kilometer“ vermeiden wolle, will Van der Bellen vor der Erteilung eines Regierungsbildungsauftrags von den drei stimmenstärksten Parteien zunächst „Klarheit“.

Nach Van der Bellens Vorgabe sollen Kickl, Nehammer und Babler nun in Eigenregie „verlässlich klären“, welche wechselseitige Zusammenarbeit überhaupt möglich wäre. Erst dann werde er bei neuerlichen Gesprächen die weiteren Schritte abwägen.

Zeit zur Abklärung gibt Van der Bellen den drei Parteichefs bis Ende der kommenden Woche. Dann will der Bundespräsident die Parteichefs erneut in die Hofburg einladen, um vom Ergebnis der Gespräche zu erfahren. Die Öffentlichkeit will Van der Bellen wieder informieren, sobald es Neuigkeiten zu berichten gibt.

Unger (ORF): „Noch weiter Weg“

Peter Unger (ORF) spricht unter anderem über die weiteren Schritte des Bundespräsidenten. Der von Alexander Van der Bellen gewählte Weg sei neu – bis es in Österreich zu einer neuen Regierung kommt, sei es wohl noch ein weiter Weg.

Kaum Auskunft über Inhalt von Gesprächen

Van der Bellen traf sich in den vergangenen Tagen mit den Parteispitzen von FPÖ, ÖVP, SPÖ, NEOS und Grünen für ein erstes Gespräch über eine etwaige künftige Koalition. Zum Abschluss des Gesprächsreigens beriet Van der Bellen sich am Dienstag mit Grünen-Chef Werner Kogler und NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger. Über den Inhalt der Unterredungen wurde, wie auch schon am Montag mit SPÖ-Parteichef Andreas Babler und Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) sowie am Freitag mit Kickl, nichts bekannt.

Fotostrecke mit 5 Bildern

Für Nehammer, Babler und Kogler verliefen die Gespräche „sehr vertrauensvoll“ bis „vertrauensvoll“, wie sie gegenüber Medien sagten. Von Babler hieß es, man habe sich in einem „sehr guten Gespräch“ über „die politische Lage in Österreich“ ausgetauscht. Kogler verwies am Dienstag zusätzlich noch auf die Vertraulichkeit. Etwas auskunftsfreudiger zeigte sich Meinl-Reisinger. Nun seien alle miteinander in der Verantwortung, für die Zukunft des Landes zu sorgen, sagte sie vor ihrem Gespräch mit dem Bundespräsidenten.

Regierungsfindung: Van der Bellen gegen „leeren Kilometer“

Keinen Regierungsauftrag an Herbert Kickl (FPÖ), sondern einen Auftrag an die Parteichefs der drei großen Parteien, bis Ende nächster Woche noch einmal zu klären, wer mit wem kann und wer nicht. Das ist der ungewohnte Weg zur Regierungsfindung, den Bundespräsident Alexander Van der Bellen am Mittwoch in einer kurzen Stellungnahme vorgab.

Kickl beschrieb sein Treffen mit Van der Bellen als „angenehmes Gespräch, atmosphärisch ganz in Ordnung“, wie er vor seinen Anhängerinnen und Anhängern am Sonntag beim Wahlkampfauftakt der FPÖ in der Steiermark, wo am 24. November die Landtagswahl stattfindet, sagte. Van der Bellen habe sehr genau zugehört und sich viel Zeit genommen. Kickl habe nach eigenen Angaben „deponiert“, dass die FPÖ und er selbst regieren wollten.

Mehr lesen
Ähnliche Nachrichten