Caterina Valente hatte das Zeug zur Weltkarriere, konzentrierte sich aber auf den deutschen Markt, wo sie Sehnsuchtsschlager wie „Itsy Bitsy Teenie Weenie Honolulu-Strand-Bikini“ sang. Jetzt starb sie 93-jährig in Lugano.
Die heile Welt wurde in den Fünfzigerjahren nicht herbeigebetet. Sie wurde herbeigesungen. Und zwar makellos. Aus späterer Perspektive, wie sie etwa Filmemacherin Regina Schilling 2018 in ihrem Dokumentarfilm „Kulenkampffs Schuhe“ einnahm, mochte es bizarr anmuten, dass Caterina Valente, die im Krieg mit ihrer Familie von den Nazis in einem Nebenlager des KZ Breslau gefangen gehalten worden war, fröhlich mit dem ehemaligen Flakhelfer Peter Alexander da die Wirtschaftswunderhymne „Es geht besser, besser, besser“ zu hüpfendem Bass trällerte. Unisono jubilierten die beiden: „Wir schaffen wahre Wunder und jeder kann es sehen.“
Die 1931 als Tochter eines italienischen Künstlerpaars geborene Entertainerin versuchte ihr Glück bereits Ende der Vierzigerjahre in Frankreich. Erste Aufnahmen entstanden 1948 in Kopenhagen. Von Schlager war sie damals noch weit entfernt. Sie sang Jazz und Afrokubanisches. Ihren ersten Hit hatte sie in den USA. Mit „The Breeze And I“ war sie 14 Wochen in den US-Charts. Ihre Mutter war zwar beruflich Musikclown, aber was die Disziplinierung ihrer Tochter als Künstlerin anbelangte, äußerst ernst. Mutters Motto „Der Vorhang geht auf, und du musst da sein. Aus, fertig.“ bekam sie früh in die Seele einmassiert. Tatsächlich war die vielgerühmte Leichtigkeit der Valente hart erarbeitet.
Für jeden Markt sang sie in anderer SpracheNeben ersten deutschen Schlagern wie „Dreh dich nicht um nach fremden Schatten“ sang sie viel Jazz. Mit dem Trompeter Chet Baker nahm sie zwei Songs auf. In den USA produzierte sie der berühmte Milt Gabler, der zuvor Billie Holiday unter Vertrag hatte. Da sang sie, eingehüllt in bauschige Arrangements, makellos Jazzsongs wie „Alone Together“.
Die polyglotte, junge Frau sang für jeden Markt in anderer Sprache. Mit dem 1954 aufgenommenen „Ganz Paris träumt von der Liebe“ lancierte sie ihren ersten Megahit in Deutschland. Der Erfolg im Wirtschaftswunderland erschlug letztlich eine mögliche, viel größere Karriere. In den Sechzigerjahren war sie Stammgast in amerikanischen Fernsehshows von Bing Crosby, Perry Como und Dean Martin. Letzterem brachte sie gitarrespielend und singend den Bossa Nova „One Note Samba“ vor laufender Kamera bei. Nachzusehen auch auf YouTube.
Die prototouristischen Fantasien der DeutschenMit Liedern wie „Steig’ in das Traumboot der Liebe“ und „Itsy Bitsy Teenie Weenie Honolulu-Strand-Bikini“ war Caterina Valente bald auch eine wichtige Exponentin des deutschen Sehnsuchtsschlagers, der zwar punkto Poesie dem französischen Chanson beträchtlich nachhinkte, dafür die prototouristischen Fantasien der Deutschen stark anregte. Gleiches leisteten die Filmklamotten, durch die Valente in den Sechzigerjahren singend und tanzend hüpfte. In den Achtzigerjahren sang sie wieder zunehmend Jazz.
1996 gab die Valente ihr letztes Konzert in Deutschland. 2005 nahm sie noch einen Ehren-Bambi entgegen. Dann entschwand sie in ihre „splendid isolation“. Jetzt starb sie 93-jährig in ihrem Haus in Lugano.