Kritik an geplanter US-Lieferung von Streumunition an Ukraine

9 Jul 2023
USA
Nach Ankündigung der USA Viel Kritik an Lieferung von Streumunition

Stand: 08.07.2023 08:49 Uhr

Der Plan der US-Regierung, Streumunition an die Ukraine zu liefern, löst Sorgen und Kritik aus. International wird der Einsatz von mehr als 100 Ländern geächtet - auch von Deutschland. Doch die Bundesregierung reagiert nur verhalten.

Die von den USA geplante Lieferung von Streumunition an die Ukraine hat international breite Kritik hervorgerufen. Noch in der Nacht äußerte sich António Guterres, Generalsekretär der Vereinten Nationen, zu der Bekanntgabe der US-Regierung. Er lehne es ab, "dass weiterhin Streumunition auf dem Schlachtfeld eingesetzt wird".

Auch das Internationale Komitee vom Roten Kreuz hatte erklärt, dass überall dort, wo solche Munition in hohem Maße eingesetzt wurde, eine hohe Zahl an vermeidbaren zivilen Todesopfern die Folge gewesen wäre. Das liege vor allem an der hohen Quote an Blindgängern. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Teil der in den Streubomben enthaltenen Submunition nicht explodiere, liege bei diesen Geschossen teils bei bis zu 40 Prozent.

Bundesregierung hält sich bedeckt

Die Reaktion der Bundesregierung fiel bisher verhalten aus, mit direkter Kritik hielt sich Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Freitag zurück. Obwohl Deutschland zu den mehr als 100 Staaten zählt, die das sogenannte Oslo-Abkommen unterzeichnet haben und damit den Einsatz von Streumunition ächten. Das Abkommen verbietet deren Herstellung, Lagerung sowie den Einsatz und die Weitergabe solcher Munition. Die USA zählen ebenso wie Russland und die Ukraine nicht zu den Unterzeichnern der Vereinbarung.

Hebestreit sagte dazu lediglich: "Ich möchte mich dazu jetzt nicht weiter einlassen, weil es sofort in einen Sachzusammenhang zu möglichen aktuellen Entscheidungen der US-Administration gestellt werden könnte." Der Regierungssprecher betonte, die Ampelkoalition sei sich "sicher, dass sich unsere US-Freunde die Entscheidung über eine Lieferung entsprechender Munition nicht leicht gemacht haben".

Er verwies darauf, dass Russland in dem von ihm begonnenen "völkerrechtswidrigen Angriffskrieg" gegen die Ukraine "bereits in großem Umfang Streumunition eingesetzt hat". Offiziell nachgewiesen ist das nicht. Die ukrainische Regierung sowie Menschenrechtsorganisationen haben Russland jedoch mehrfach vorgeworfen, Streumunition in der Ukraine einzusetzen. Hebestreit fügte in seiner Stellungnahme hinzu:

Die Ukraine setzt eine Munition zum Schutz der eigenen Bevölkerung ein, es geht um einen Einsatz durch die eigene Regierung zur Befreiung des eigenen Territoriums.

Hofreiter gegen Streumunition, aber für Waffenlieferungen

Aus den Reihen der Grünen kam bereits deutlichere Kritik an der angekündigten US-Lieferung. Anton Hofreiter, Vorsitzender des Europaausschusses im Bundestag, betonte im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa, er lehne diesen Schritt ab. Streumunition sei "zurecht geächtet".

Stattdessen müsse Deutschland die Ukraine noch stärker unterstützen, auch militärisch. Hofreiter nannte etwa die Lieferung von Marschflugkörpern für das ukrainische Militär. Die Ukraine hatte zuletzt die Bundesregierung gebeten, den eigenen Streitkräften Taurus-Marschflugkörper zur Verfügung zu stellen. Bislang hat unter den NATO-Staaten nur Großbritannien Marschflugkörper in die Ukraine geliefert. "Wenn die Briten Marschflugkörper liefern, sehe ich keinen Grund, warum Deutschland das nicht auch kann", betonte Hofreiter.

Zudem forderte der Grünen-Politiker, Deutschland solle die von Dänemark und den Niederlanden geführte Kampfjet-Allianz mit Logistik und Ausbildung zu unterstützen. "Nachdem wir so lange gezögert und somit ermöglicht haben, dass die russische Armee die Front so schwer befestigt, sollten wir daraus lernen und schneller werden", forderte Hofreiter und appellierte gleichzeitig an Bundeskanzler Olaf Scholz, sich auf dem in der kommenden Woche bevorstehenden NATO-Gipfel verstärkt für Waffenlieferungen in die Ukraine einzusetzen.

Selenskyj dankt US-Regierung

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte den USA per Tweet für das "so dringend benötigte" Hilfspaket gedankt. Es werde die Ukraine dem Sieg und dem Frieden näherbringen.

"USA bringen Menschheit näher an einen neuen Weltkrieg"

Massive Vorwürfe äußerte der russische Botschafter in den USA, Anatoli Antonow. Er bezeichnete die geplante Lieferung als "Geste der Verzweiflung", zitierte das russische Außenministerium in Moskau den Botschafter. Die USA seien "so besessen" von dem Gedanken, Russland eine Niederlage zuzufügen, dass sie "die Schwere ihrer Handlungen" nicht berücksichtigten. Anatoli zufolge weigerten sich die USA, Misserfolge der ukrainischen Gegenoffensive einzugestehen, und deshalb beginge die US-Regierung "neuen Irrsinn".

Der Botschafter warf den USA weiter vor, auch ohne die Lieferung von Streumunition seien sie bereits tief in den "Konflikt" verstrickt und nun brächten sie die Menschheit näher an einen neuen Weltkrieg". Durch den Einsatz von Streumunition durch das ukrainische Militär werde sich die Zahl der Todesopfer erhöhen. Die USA hätten Schuld daran, dass nicht explodierte Sprengkörper Zivilisten noch über Jahre gefährden würden.

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