Schwere Unwetter ziehen über Deutschland

22 Jun 2023
Unwetter Deutschland
Schwere Unwetter über Deutschland Überschwemmungen und umgestürzte Bäume

Stand: 22.06.2023 21:58 Uhr

Schwere Unwetter sorgen in weiten Teilen Deutschlands für Schäden durch Überschwemmungen und umgestürzte Bäume. Die Bahnstrecke zwischen Fulda, Kassel und Göttingen ist derzeit gesperrt. Für die meisten Bundesländer gelten Unwetterwarnungen.

In weiten Teilen Deutschlands gibt es nach der Hitze der vergangenen Wochen Unwetter. Aus der Mitte, dem Süden sowie Südwesten Deutschlands wurden bereits abgedeckte Dächer, umgestürzte Bäume, vollgelaufene Keller und Hagelschäden an Gebäuden gemeldet. Die Deutsche Bahn sprach von Einschränkungen im Zugverkehr in "großen Teilen Deutschlands" und hob die Zugbindung für heute und am Freitag geplante Reisen auf. Laut Polizei zog das Unwetter von Hessen inzwischen weiter Richtung Nordosten.

Der Deutsche Wetterdienst (DWD) hatte teils Starkregen, Hagel und Sturmböen angekündigt. Mancherorts könne es bei Gewittern zu heftigem Starkregen mit bis zu 40 Litern pro Quadratmeter innerhalb kurzer Zeit kommen. Auch seien Sturm- bis Orkanböen mit Windgeschwindigkeiten von 80 bis 120 km/h möglich. Die Unwettergefahr nehme in der zweiten Hälfte der Nacht zum Freitag von Westen her langsam ab.

Für Gebiete in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Bremen, Hessen, Rheinland-Pfalz und im Saarland bis nach Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern gab es bereits Unwetterwarnungen.

Hessen

Über Hessen brachte Tief "Lambert" starken Regen, Wind und Hagel. Bei Waldeck am Edersee seien einige Dächer abgedeckt worden, teilte die Polizei mit. Etliche Keller seien vollgelaufen und viele Bäume umgefallen, einige auch auf geparkte Autos. Es gebe Hagelschäden an Gebäuden.

In Kassel war zwischenzeitlich der Betrieb von Bussen und Bahnen komplett eingestellt worden. Diese Maßnahme am Nachmittag sei aus Sicherheitsgründen gewählt worden, teilte die Kasseler Verkehrsgesellschaft (KVG) mit. "Stürmische Böen, extreme Regenfälle und Hagelschauer hatten zum Beispiel zu überfluteten Straßen und Gleisen, auf Gleise oder Oberleitungen gestürzte Äste und Bäume geführt, die die Fahrwege blockiert haben, so die KVG. Inzwischen fahren einige Linien wieder.

Auch der Fernverkehr ist betroffen. Die Bahnstrecke zwischen Fulda, Kassel und Göttingen ist derzeit gesperrt. Züge aus Richtung Süden enden in Frankfurt und ICE/IC-Züge aus Richtung Norden enden und beginnen in Hannover. Auch von einer Sperrung betroffen ist die Strecke Frankfurt-Mainz-Wiesbaden. Derzeit ist dort kein Zugverkehr möglich, wie die Deutsche Bahn auf ihrer Webseite mitteilte.

Nordrhein-Westfalen

Teils heftige Regenfälle und Gewitter erreichten am frühen Abend Nordrhein-Westfalen. Für weite Teile des bevölkerungsreichsten Bundeslandes gelten Unwetterwarnungen des DWD. Darunter waren zeitweise Warnungen der höchsten Stufe. Bislang gab es keine Berichte über Großschäden oder Meldungen über Verletzte.

Wie die Polizei Märkischer Kreis berichtete, liefen Keller voll, Straßen wurden überflutet und Gullys hochgedrückt. In Bad Berleburg im Kreis Siegen prasselten golfballgroße Hagelkörner vom Himmel. Das Tiefdruckgebiet war allerdings relativ klein, in anderen Orten bemerkten die Menschen daher fast nichts vom Unwetter.

Im Kreis Soest berichtete die Feuerwehr nach Starkregen von über 40 Einsätzen insbesondere in der Kreisstadt Soest. Dabei ging es den Angaben zufolge zumeist um Wasser in Kellern und überflutete Straßen. Im Kreis Paderborn rückten nach Angaben der dortigen Leitstelle Feuerwehrleute zu 13 Einsätzen in und um Niederntudorf südlich von Paderborn wegen Wasser in Kellern aus.

Die Deutsche Bahn teilte mit, dass die Strecke Siegen-Letmathe gesperrt werden musste. IC-Züge auf der Strecke Frankfurt-Siegen-Münster fielen demnach aus. Mindestens drei Bäume sind nach ersten Erkenntnissen des Unternehmens auf dieser Strecke in die Oberleitungen gefallen. Möglicherweise könne die Reparatur der beschädigten Oberleitungen erst am Freitag abgeschlossen werden, sagte eine Sprecherin der Deutschen Bahn.

Rheinland-Pfalz

Auch über Rheinland-Pfalz sind Gewitter mit Starkregen und Wind gezogen, zunächst in der Eifel, an der Ahr und im Raum Trier. Im Westerwald stürzte ein Baum auf einen Pkw, der Fahrer wurde leicht verletzt. Auch im Kreis Cochem-Zell stürzten mehrere Bäume auf die Fahrbahn. Die Feuerwehr rückte bereits wegen vollgelaufener Keller aus.

In Kinheim an der Mosel und in Brücktal bei Kelberg wurden Straßen überflutet. Dabei wurde niemand verletzt. Der DWD hat die Unwetterwarnung für Rheinland-Pfalz inzwischen wieder aufgehoben.

Hamburg

Einem Experten des Seewetteramtes Hamburg zufolge soll es am späten Abend extrem heftigen, unwetterartigen Starkregen und schwere Gewitter geben, vor allem in und um Hamburg sowie in Richtung Landesgrenze zu Mecklenburg vorkommen. Dabei können zwischen 30 und 60 Liter Regen pro Quadratmeter fallen. Überschwemmungen und Erdrutsche seien möglich.

Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein

Mecklenburg-Vorpommern erreicht der extrem heftige Starkregen laut DWD voraussichtlich in der zweiten Nachthälfte. Schon jenseits von Pinneberg und Ratzeburg nimmt die Unwettergefahr deutlich ab. "Im weiteren Norden wird der Regen zwar auch ankommen, aber in deutlich gemäßigter Form."

Niedersachsen

Bei der Feuerwehr in Braunschweig sind bis 20 Uhr rund 1600 unwetterbedingte Notrufe eingegangen. Wegen der vielen Anrufe komme es zu langen Wartezeiten bei der Notrufanlage, teilte die Feuerwehr mit. Sie bat die Anrufer nicht aufzulegen. Man nehme Notrufe schnellstmöglich an.

Bis 20.30 Uhr rückte die Feuerwehr den Angaben zufolge zu mehr als 340 Unwettereinsätzen aus. Die Arbeit der Einsatzkräfte werde noch mehrere Stunden in Anspruch nehmen, hieß es. "Die Feuerwehr Braunschweig stellt sich auf eine lange und einsatzreiche Nacht ein." Im Einsatz seien die zwei Wachen der Berufsfeuerwehr, alle 30 Ortsfeuerwehren, Sonderfahrzeuge und das Technische Hilfswerk. Es handle sich um einen Großeinsatz.

In Göttingen sind Polizei und Feuerwehr nach eigenen Angaben zu mehreren Einsätzen ausgerückt, etwa weil Keller vollgelaufen waren. Für Südniedersachsen riet der DWD vom Aufenthalt im Freien ab. Von Bäumen, Türmen, Gebäuden, Gerüsten und Masten solle Abstand gehalten werden. Zu Hochspannungsleitungen soll demnach eine Distanz von mindestens 20 Metern bestehen. Ein Konzert des britischen Sängers Sting im niedersächsischen Lingen wurde abgesagt.

Außerdem wurden die Menschen gebeten, Fenster und Türen geschlossen zu halten. Es bestehe Lebensgefahr durch Blitzschlag, Sturmschäden und umstürzende Bäume. Gegenstände im Freien sollen gesichert werden, hieß es.

Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Brandenburg

Im Landkreis Harz liefen zahlreiche Keller voll. Die Integrierte Leitstelle Harz sprach am Abend von unzähligen Einsätzen, eine genaue Zahl konnte sie zunächst nicht nennen. Weiterer Einsatzschwerpunkt neben den vollgelaufenen Kellern seien Bäume auf Straßen. Ein dpa-Reporter berichtete außerdem von Überflutungen, unter anderem in Blankenburg.

Die heftigen Gewitter ziehen aus dem Westen weiter in Richtung Ostdeutschland. Der DWD warnt vor schweren Gewittern am späten Abend und in der Nacht in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg. Es könne lokal bis zu 50 Liter Niederschlag pro Quadratmeter in kurzer Zeit geben. Zu dem Starkregen seien schwere Sturmböen bis 100 Stundenkilometer sowie "großer Hagel bis fünf Zentimeter Korngröße" möglich. Auch in Thüringen werden Regenschauer erwartet. Insgesamt sei aber mit einer nachlassenden Gewitteraktivität im Laufe der Nacht zu rechnen, so der DWD.

Bayern

Vereinzelte Gewitter gab es am Abend über Bayern. Im oberbayerischen Valley gingen golfballgroße Hagelkörner nieder. Von Schäden war bei der Polizei zunächst nichts bekannt.

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